Als Vielpass werden in der Architektur vielfach gezackte runde oder halbrunde Zierformen bezeichnet, die vor allem beim Maßwerk auftreten, aber bisweilen auch in der Rahmung von Fenstern sowie in Bögen. Der Fünfpass und der Sechspass sind die einfachsten Formen des Vielpasses, wohingegen Dreipass und Vierpass nicht zu den Vielpässen gezählt werden.
Vielpässe sind in der antiken Architektur und Ornamentik unbekannt; wahrscheinlich sind es Schöpfungen der islamischen Architektur. Von den mittelalterlichen Architekten und Steinmetzen Mitteleuropas wurden derartige Formen – anders als Drei- oder Vierpässe – nur in hochrangigen und hochwertigen Gebäuden eingesetzt, sie blieben hauptsächlich repräsentativen Sakralbauten vorbehalten.
Vielpassfenster und Vielpassrahmung
Größere Vielpassfenster oder -blendfenster sind oft als Radfenster ausgebildet; kleinere sind ausgesprochen selten. Auch die Rahmung eines Fensters kann als Vielpass geformt sein.
Saint-Jacques (CC) PA00104235 in Aubeterre-sur-Dronne,[1]Dép. Charente, Westfrankreich, Westfassade um 1160, romanisch, übrige Kirche 1562 zerstört und 1710 ersetzt
St-Jouin, Saint-Jouin-de-Marnes, Poitou: Chorumgang romanisch auf einfachen Rundbögen, Kapellen 2. Hälfte 12. Jh., auf gelappten Rundbögen, gotische Fenster
Vorhallenportal der Kirche von Duratón (Altkastilien), Ende 12. Jh., romanisch
Lottlisa Behling: Gestalt und Geschichte des Maßwerks (= Die Gestalt. H. 16, ZDB-ID 532755-6). Niemeyer, Halle (Saale) 1944, (2., erweiterte Auflage. Böhlau, Köln u. a. 1978, ISBN 3-412-03077-5).
↑Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 148