Der Sohn eines Postvorstehers war Schüler der Franckeschen Stiftungen in Halle, studierte dort ab 1869 Theologie und besuchte das Predigerseminar in Wittenberg. Zunächst schlug er sich als Hauslehrer durch; ab 1876 arbeitete er als Journalist, zuerst bei der Krefelder Zeitung, dann bei der Gartenlaube und ab 1880 bei der von Julius Lohmeyer herausgegebenen Deutschen Monatsschrift. Seine Gedichte und Erzählungen für Kinder erschienen in der Zeitschrift Die deutsche Jugend. Er publizierte Romane, Novellen, Operntexte und wurde vor allem durch seine Kinderlyrik bekannt.
Unter anderem schrieb er Texte zu Bilderbüchern von Oscar Pletsch und Fedor Flinzer. Im Jahr 1898 heiratete Blüthgen die Schriftstellerin Clara Kilburger. Blüthgen wurde in Bad Freienwalde (Oder) bestattet.
Guckaus, Siebzehn Original-Zeichnungen von Oscar Pletsch mit Reimen von Victor Blüthgen, Alphons Dürr, Leipzig, 1878 OCLC36922382
Der Froschmäusekrieg, ein Helden-Gedicht von Victor Blüthgen mit 12 Farbendruck-Bildern von Fedor Flinzer, E.G. May Söhne, Frankfurt am Main, 1878 OCLC695897875
Bunte Novellen, Bernhard Schlicke, Leipzig, 1879 OCLC890671839
Gedächtnis einhundertfünfzig, Zum Gedächtniß von Lessing's 150 jährigem Geburtstag Prolog zur Feier desselben im Schriftsteller-Verein "Symposion" zu Leipzig, in: Allgemeine literarische Correspondenz für das gebildete Deutschland, 3.1879 S. 41–44 OCLC254445677
Goldne Kindertage. Ein fröhliches Bilderbuch für die lieben Kleinen, zwölf Farbdruckbilder nach Aquarellen von Professor Carl Offterdinger mit Versen von Victor Blüthgen. Wilhelm Effenberger, Stuttgart, Leipzig, um 1880 OCLC1114490892
Harte Steine. Kater Murr. Zwei Erzählungen für die Jugend, mit zwei Abbildungen von Fedor Flinzer, Universalbibliothek für die Jugend, 19. Kröner, Stuttgart, 1880 OCLC312138241
Im Flügelkleide,Bilder & Reime aus der Kinderwelt, Bilder: Julius Kleinmichel, Verse: Victor Blüthgen, Hofmann, Berlin, 1881 OCLC257005844
Kinderspiegel aus dem Leben und Treiben unserer Kleinen, Mühlmeister und Johler, Hamburg, 1882 OCLC602407411
Jung Miese, Bilder aus einem Kinderleben, Illustrationen: Friedrich Werckmeister, Reime: Victor Blüthgen, Berlin, 1882 OCLC698599401
Bäder und Sommerfrischen. Lebens- und Landschaftsbilder von den beliebtesten Kurorten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Edwin Schloemp, Leipzig, 1882 Band I Böhmen, Sachsen, Schlesien, Thüringen, Bayern, Salzkammergut, Tyrol, Steyermark.OCLC1135325942
Kleine Sippschaft, gezeichnet von Oscar Pletsch, Reime von Victor Blüthgen, Carl Flemming, Glogau, 1883 OCLC724059135
Ein Friedensstörer, Erzählung, Gebrüder Partel, Berlin, 1883 OCLC644425962
Aus gährender Zeit, Roman in zwei Bänden, W. Wicke, Groß-Lichterfelde, 1884 OCLC55560068
Poirethouse, eine Erzählung, W. Wicke, Groß-Lichterfelde, 1884 OCLC257320725
Lebensfrühling, Erzählungen für die Jugend, mit sechs Bildern in Farbendruck von Alexander Zick, Kröner, Stuttgart, 1885 OCLC762049051
Der Preuße. Erzählung. Berlin: Goldschmidt 1889
Das Geheimnis des dicken Daniel und anderes., Vier Erzählungen für die Jugend, Stuttgart: Union Deutsche Verlagsgesellschaft 1890 (Geschichten haben Bezug zu seiner Heimatstadt Zörbig)
Der Weg zum Glück, Erzählungen für die reifere Jugend, Stuttgart: Gebrüder Kröner
Lebensfrühling, Erzählungen für die Jugend, Stuttgart: Gebrüder Kröner
Gedankengänge eines Junggesellen. Leipzig: Reclam 1897
Ein „ehrlicher Makler“ / Asra. Zwei Novellen. Leipzig: Reclam um 1900
Aus gärender Zeit. Roman. Leipzig: Reclam 1901
Die Spiritisten. Leipzig 1902
Bekenntnisse eines Hässlichen und andere Geschichten. Stuttgart: Engelhorn 1905
Im Kinderparadiese – Kinder-Lieder und Reime, Gotha: Perthes 1905
Trotz seiner vielfältigen prosaischen Arbeiten wurden nach seinem Tod nur noch wenige gedruckt und vertrieben.
Gedichte
Das lyrische Werk von Blüthgen hat sich in vielen Werksammlungen und Kinderbüchern bis heute erhalten. Seriöse Sammlungen von Gedichten für Kinder und Jugendliche unterlassen es selten, seine wichtigen Gedichte aufzuführen, wie:
Die fünf Hühnerchen
Ich war mal in dem Dorfe,
Da gab es einen Sturm,
Da zankten sich fünf Hühnerchen
Um einen Regenwurm.
Und als kein Wurm mehr war zu sehn,
Da sagten alle: Piep!
Da hatten die fünf Hühnerchen
Einander wieder lieb.
oder
Ach, wer das doch könnte!
Gemäht sind die Felder,
Der Stoppelwind weht.
Hoch droben in Lüften
Mein Drache nun steht,
Die Rippen von Holze,
Der Leib von Papier,
Zwei Ohren, ein Schwänzlein
Sind all seine Zier.
Und ich denk: so drauf liegen
Im sonnigen Strahl,
Ach, wer das doch könnte
Nur ein einziges Mal!
Da guckt ich dem Storch
In das Sommernest dort:
Guten Morgen, Frau Störchin,
Geht die Reise bald fort?
Ich blickt in die Häuser
Zum Schornstein hinein:
O Vater und Mutter,
Wie seid ihr so klein.
Tief unter mir säh ich
Fluss, Hügel und Tal,
Ach, wer das doch könnte,
Nur ein einziges Mal!
Und droben, gehoben
Auf schwindelnder Bahn,
Da fasst ich die Wolken,
Die segelnden an;
Ich ließ mich besuchen
Von Schwalben und Krähn
Und könnte die Lerchen,
Die singenden sehn;
Die Englein belauscht ich
Im himmlischen Saal;
Ach, wer das doch könnte,
Nur ein einziges Mal!
Vertonungen (Auswahl)
Theodor Kirchner: Sechs Lieder von Victor Blüthgen für eine Singstimme mit Klavierbegleitung von Theodor Kirchner op. 50, Friedrich Hofmeister, Leipzig, 1880 OCLC1146686627, doi:10.24355/dbbs.084-200901160100-1: I Schweigende Liebe II Glück’s genug III Mein Herz, nun lass Dein Weinen IV Verwandelt V Woher ? VI Durch den Tanz der Abendschatten
Karl Grammann: Das erste Lied, Gedicht von Victor Blüthgen ; für eine Singstimme und Piano, Erler, Berlin. um 1880 OCLC635073647
Ferdinand Gumbert: Das erste Lied, Gedicht von Victor Blüthgen ; für eine Singstimme und Piano, Bote und Bock, Berlin. um 1880 OCLC1271459719
The first song, ins Englische übersetzt von Charlotte H. Coursen, G. Schirmer, New York, 1882 OCLC1266227660
Otto Fischer: Das erste Lied, Tonger, Köln, um 1880 OCLC1072999387
Hermann Brandt (1840–1893): Maienzeit und Liebestraum für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte op. 18, Schultz, Berlin, um 1880 OCLC1283192570
Arno Kleffel: Schwestertreue, ein Schwanenmärchen für Chor, Solostimmen und Orchester op. 33, Ries & Erler, Berlin, 1881 OCLC497529144
Franz Abt: Das erste Lied für vier Männerstimmen op. 593 Nr. 1, Forberg, Leipzig, um 1885 OCLC229899658
Literatur
Victor Blüthgen. Ein Gedenkbuch zu seinem 70. Geburtstag. Herausgegeben von seinen Freunden. Walther, Leipzig 1914.
Horst Kunze: Schatzhalter alter Kinderbücher. Der Kinderbuchverlag, Berlin 1981.
Hans Joachim Nauschütz: Victor Blüthgen (1844–1920) und Freienwalde. Mit Seitenblicken auf weitere Lebensstationen. Kleist-Gedenk- und Forschungsstätte, Frankfurt (Oder) 1999, ISBN 3-9805717-8-5.
Heimat-Verein 1922 Zörbig e. V.: Ach, wer doch das könnte! Erzählungen und Gedichte. Zörbig 1995.
Mit Märchenaugen. Victor Blüthgen und Zörbig. Geschichten aus der Provinz, hg. v. Stefan Auert-Watzik im Auftrag des Heimat-Vereins Zörbig 1922 e. V., Zörbig 2021.