Tom Reichelt (* 16. September1920 in Dresden als Karl Ottomar Reichelt; † 25. März2004 in Celle) war ein deutscher Maler. Seit 1967 signierte er mit dem Künstlernamen Tom Reichelt. Er ist der Enkel des Dresdner Architekten Ottomar Reichelt (1853–1911) und Vater des jetzt in Berlin lebenden Malers und Musikers Moritz Reichelt (* 1955).
Tom Reichelt wurde nach dem Abitur 1938 zur Wehrmacht eingezogen und schon zu Beginn des Zweiten Weltkrieges 1940 zum Medizinstudium nach Leipzig abkommandiert. Nach Staatsexamen und Promotion 1945 war er Assistenzarzt in Blankenburg, Merseburg und Halle. Inspiriert durch den Maler Georg Paul in Merseburg begann sich Tom Reichelt mit der bildenden Kunst zu beschäftigen. Er besuchte Kurse an der Kunstschule Burg Giebichenstein und beschäftigte sich mit Aktzeichnen bei Gustav Weidanz. 1949 begegnete er den beiden Malern Hermann Bachmann und Herbert Kitzel, in deren Ateliers er seine ersten künstlerischen Erfahrungen machen konnte. Durch sie erhielt er Zugang zur Galerie von Eduard Henning in Halle und gehörte zum Künstlerkreis der Halleschen Schule. 1957 verließ Tom Reichelt mit seiner damaligen Frau Fe Reichelt und dem ersten gemeinsamen Sohn die DDR und arbeitete im Allgemeinen Krankenhaus in Celle, wo er bald darauf die Leitung der Röntgenabteilung und der Strahlentherapie übernahm. Er war Mitglied des Bundes Bildender Künstler, des Kunstvereins Celle und der Gesellschaft für elektronische Kunst.
Werk
In den 50er Jahren in seiner Zeit in Halle orientiert sich Tom Reichelt zunächst an Werken des Expressionismus, der Klassischen Moderne sowie an den Werken, die in den Ateliers seiner Malerfreunde Bachmann und Kitzel entstanden. Reichelts Frühwerke sind bestimmt von einer „gedämpften, einheitlichen Farbstimmung“ (D. Litt).[1] In den folgenden Jahren entsteht eine Fülle von Aquarellen, Ölbildern sowie Grafiken. 1962 stellt er seine „Fleckenbilder“ aus, experimentelle Farbvariationen, die mit lebendiger Pinselführung „atmosphärische Bildräume“ erzeugen (D. Litt).[2] Zusammen mit Karl-Heinz Lingner löst er damit eine heftige Polemik gegen die „Herren Gegenstandslosen“ und die „Verwilderung“ ihrer Bilder aus (Cellesche Zeitung Nov.1962).[3] In den 1960er Jahren arbeitete er auch mit Druckgrafik. Er beteiligte sich regelmäßig an den Ausstellungen des Kunstvereins Hannover. 1966/67 entstehen „Röntgenfrauen“, die den Doppelblick des Röntgenologen und des Künstlers auf Schönheit und Verwesung zeigen. In den 70er Jahren kam die Fotografie dazu. In den 1980er Jahren war Tom Reichelt einer der ersten, der sich mit Computergrafik und Computermalerei beschäftigte, im Steintor Verlag erschien 1990 die „Meistersuite europäischer Graphik – Computerbilder: Mein Haus, Mein Tisch, Mein Bett“. Nach seiner Pensionierung 1984 konzentrierte sich Tom Reichelt wieder ganz auf die Malerei.
Ein Lebensthema wird die mythologische Gestalt des „Ikarus“, wobei nicht der Flug zur Sonne, sondern der Absturz interessiert. „Das Malen war ihm ein Zustand intensiver, doch müheloser Konzentration, von erhöhter und erweiterter Aufmerksamkeit, von »Geistesgegenwärtigkeit«. Der Malvorgang, der Malstrich als »Hier und Jetzt«, als Augenblick und Ewigkeit in eins, das faszinierte ihn“ (Wiltrud Stoffregen-Reichelt).[4] Malen ist auch eine Rückzugsmöglichkeit in Wunsch-Innenräume. Bildgruppen wie „Fast wie Landschaft“ und „Herzgewächse“ beschäftigen ihn bis zu seinem Tod. 2006 erscheint im Rahmen einer Gedächtnisausstellung in der Gotischen Halle des Celler Schlosses das Buch „Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Graphik 1952-2004“.[5]
Seine Witwe Wiltrud Stoffregen-Reichelt übergab 2007 bis 2009 dem Bomann-Museum in Celle eine Auswahl aus dem künstlerischen Nachlass als Schenkung (49 Gemälde in Öl oder Acryl auf Leinwand oder Karton sowie 46 Aquarelle. Der Werkbereich „Druckgraphik“ inklusive der Radierplatten ist darin vollständig enthalten).
Einzelausstellungen
1962 Celle, Gotische Halle im Schloss (zus. mit Karl-Heinz Ligner)
1964 Hannover, Künstlerhaus
1964 Braunschweig, Galerie am Bohlweg
1965 Göttingen, Almanach der Galerie im centre
1966 Gütersloh, Zimmergalerie
1967 Walsrode, Galerie »P«
1967 Berlin, Galerie am Abend von Vera Ziegler
1974 Burgdorf, Galerie des Steintor Verlages (Jüdes)
1975 Dortmund, Galerie Ostentor
1975 Dortmund, Kulturhaus der Firma Hoesch
1976 Hannover, Fotogalerie »Z«
1988 Hannover, Galerie im Künstlerhaus (zus. mit H. Brede)
1989 Meiborssen, Galerie des Steintor Verlages (Jüdes)
1990 Celle, Clemens-Cassel-Haus
1991 Meiborssen, Galerie des Steintor Verlages (zus. mit Christin Becker)
↑Dorit Litt: Katalog anlässlich der Ausstellung: Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Grafik 1952–2004 vom 11. Juni bis 30. Juli 2006 in der Gotischen Halle des Celler Schlosses, S. 15; auch https://www.tomreichelt.de/doritlitt.html
↑Dorit Litt: Katalog anlässlich der Ausstellung: Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Grafik 1952– 004 vom 11. Juni bis 30. Juli 2006 in der Gotischen Halle des Celler Schlosses, S. 16; auch https://www.tomreichelt.de/doritlitt.html
↑Cellesche Zeitung vom 10. November 1962: Bekenntnis zum künstlerischen Chaos – Die Bilder-Ausstellung in der Gotischen Halle des Celler Schlosses; auch Cellesche Zeitung vom 27. September 2010: Von magischen Orten und fantasierten Farbwelten (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) auch Dorit Litt: Katalog anlässlich der Ausstellung: Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Grafik 1952–2004 vom 11. Juni bis 30. Juli 2006 in der Gotischen Halle des Celler Schlosses, S. 17; auch https://www.tomreichelt.de/doritlitt.html
↑Wiltrud Stoffregen-Reichelt: Katalog anlässlich der Ausstellung: Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Grafik 1952–2004 vom 11. Juni bis 30. Juli 2006 in der Gotischen Halle des Celler Schlosses, S. 12; auch https://www.tomreichelt.de/vita.html
↑Katalog anlässlich der Ausstellung: Tom Reichelt im Rückblick: Malerei und Grafik 1952–2004 vom 11. Juni bis 30. Juli 2006 in der Gotischen Halle des Celler Schlosses; auch https://www.tomreichelt.de/