Die Tobis Tonbild-Syndikat AG, später Tobis Industrie GmbH (Tiges) und Tobis Filmkunst GmbH, war eine große deutsche Filmproduktionsgesellschaft, die als selbstständiges Unternehmen von 1927 bis 1942 bestand und wesentlichen Anteil an der Filmproduktion in der Zeit des Nationalsozialismus hatte.
Sie ist nicht zu verwechseln mit der in den 1970er Jahren gegründeten Tobis Film, die so heißt, da die Karriere ihres Gründers bei der in diesem Artikel behandelten Tobis als Kassierer begann.[1]
Die Firma wurde am 12. Mai 1927 als Zweigunternehmen der Schallplatten- und Patenthaltungsfirma Tri-Ergon-Musik-AG gegründet. Zum Tonfilmunternehmen wurde sie erst am 30. August 1928, als sich die Tri-Ergon-Musik-AG (St. Gallen) mit der holländisch-deutschen H. J. Küchenmeister-Kommanditgesellschaft (Berlin), der Deutschen Tonfilm AG (Berlin) und der Messter Filmton GmbH (Berlin) zur Tobis zusammenschloss. Ziel des Zusammenschlusses war, wie der Bericht des Arbeitsausschusses vermerkte, die verschiedenen Patente in einer Hand zu vereinigen. Hinter dem Ringen um ein eigenes Patent steckte die Absicht, sich der Konkurrenz durch die amerikanische Firma Warner Bros. zu entledigen, die ein Patent der Western Electric nutzte.
Durch Abkommen mit der Klangfilm GmbH (13. Februar 1929) und den amerikanischen Elektrokonzernen General Electric und Western Electric („Pariser Tonfilmfrieden“, 22. Juli 1930) standen der neuen Firma, die zunächst den Namen „Tonbild-Syndikat AG“ erhalten hatte, nun aber in Tobis Tonbild-Syndikat AG umbenannt wurde[2], die Patente der Klangfilm GmbH, von Siemens, AEG, Polyphon und auch der amerikanischen Konzerne zur Verfügung.
1933–1945
Die Tobis war die größte deutsche Filmproduktionsgesellschaft nach der Universum-Film AG (Ufa). Das machte sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 für die neuen Machthaber, die ihren Propagandaapparat ausbauen und die bereits gleichgeschaltete Ufa von Konkurrenten befreien wollten, besonders interessant. Direktor wurde Goebbels’ Günstling Helmut Schreiber. Eine Rolle spielten die im Besitz der Muttergesellschaft Intertobis befindlichen Tonfilmpatente. Die 1934 begonnene und 1939 abgeschlossene Umbildung der Tobis in eine reichsmittelbare Firma stellte Goebbels’ – gelungenen – ersten Versuch einer von der Öffentlichkeit gänzlich unbemerkten feindlichen Übernahme einer Filmgesellschaft dar.
Die Berliner Tobis, die sich – wie fast alle deutschen Filmproduktionsfirmen – 1936/1937 am Tiefpunkt einer Rentabilitätskrise befand, wurde reorganisiert. Nach dem Aufkauf der Aktienmehrheit der Intertobis durch die Cautio Treuhand GmbH wurde die Filmproduktion in die Tobis Industrie GmbH (Tiges) überführt, die am 27. November 1937 in „Tobis Filmkunst GmbH“ umbenannt wurde. Der Schauspieler Emil Jannings wurde zum Verwaltungsratsvorsitzenden ernannt. 1942 wurde die Tobis in den UFA-Konzern eingegliedert und behielt nur noch formale Selbstständigkeit. Laut dem American Jewish Committee beschäftigte das Unternehmen während des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter.[3]
1945–1962
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Produktionseinrichtungen der Tobis Teil des neu gegründeten Ufa-Konzerns. Mit dem Untergang dieses Konzerns im Jahre 1962 war die Geschichte der Tobis beendet.
Tochtergesellschaften
Zur Tobis gehörten zahlreiche Tochtergesellschaften. Dazu gehörte die am 6. April 1933 in Berlin gegründete Tobis-Cinéma-Film AG, die Tobis-Filme ins Ausland verlieh und vertrieb. Vereinzelt produzierte diese Firma auch eigene Filme (Das Gäßchen zum Paradies, 1936; Condottieri, 1936/37).
1933 wurde die österreichische Sascha Filmindustrie AG mehrheitlich übernommen und in Tobis-Sascha Filmindustrie AG umbenannt.
Hans-Michael Bock, Wiebke Annkatrin Mosel, Ingrun Spazier (Red.): Die Tobis 1928–1945. Eine kommentierte Filmografie. edition text + kritik, München 2003, ISBN 978-3-88377-748-1.
Jan Distelmeyer (Red.): Tonfilmfrieden/Tonfilmkrieg. Die Geschichte der Tobis vom Technik-Syndikat zum Staatskonzern. edition text + kritik, München 2003, ISBN 978-3-88377-749-8.
Einzelnachweise
↑Peter Sundarp in: Dona Kujacinski: Horst Wendlandt – Der Mann, der Winnetou & Edgar Wallace, Bud Spencer & Terence Hill, Otto & Loriot ins Kino brachte. Eine Biografie. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2006, ISBN 978-3-89602-690-3, S. 183.
↑Beschluss der Generalversammlung vom 29. Januar 1931; HRB Nr. 40024, Eintrag im Berliner Handelsregister am 24. Februar 1931