Über Thekla berichten nur die Akten des Paulus und der Thekla aus dem 2. Jahrhundert mit legendarischen Elementen. Die Akten berichten über eine vornehme Jungfrau aus Ikonium, die den ApostelPaulus hörte und ihm folgte. Sie verschaffte sich Zutritt zum Gefängnis. Infolge des Gelübdes eines jungfräulichen Lebens um Christi willen wurde sie von ihrer Familie und ihrem Bräutigam, Thamyris, verstoßen und als Christin denunziert. Bei der Hinrichtung wurde sie durch Wunder vor den wilden Tieren gerettet. Nach dem Tod des Apostels Paulus lebte sie bis ins hohe Alter als Eremitin in einer Höhle bei Seleukia am Kalykadnos.
Der historische Kern dieser Überlieferung ist umstritten. Der Wiener Koptologe Hans Förster hält es zumindest für „nicht unmöglich“[2], dass es in Ikonium eine Thekla gab, die durch Paulus zum Christentum bekehrt wurde. Carl Schmidt dagegen glaubt, dass selbst der oft behauptete „geschichtliche Kern noch der Legende angehört“[3].
Wirkungsgeschichte
Die Akten des Paulus und der Thekla wurden in einige Sprachen, wie koptisch, syrisch, armenisch, äthiopisch, arabisch und lateinisch übersetzt. Mehrere erhaltene Handschriften zeugen von einer hohen Verbreitung dieses Textes. Die Akten werden zuerst bei Tertullian erwähnt. Dieser kritisiert, dass eine Frau lehre und taufe, und wertet die Akten als Fälschung:
„Wenn nun diejenigen [Frauen], welche die fälschlich geschriebenen Akten des Paulus (anrufen), um am [Beispiel der Thekla] die Erlaubnis für Frauen, zu lehren und zu taufen, zu verteidigen, so mögen sie wissen, dass der Presbyter in Asien, der diese Schrift hergestellt hat, als könne er dem Ansehen des Paulus etwas von dem Seinigen hinzufügen, von seinem Amt zurückgetreten ist, nachdem er überführt war und gestanden hatte, dass er das aus Liebe zu Paulus getan habe.“
Andere Kirchenschriftsteller zeigen in ihren Texten eine hohe Wertschätzung für die Zeugin des Glaubens. Aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts stammt die Vita et miracula S. Theclae, die sich auf die Akten stützt und über Wunder am Grab der Heiligen berichtet. Diese wurden möglicherweise von dem orthodoxen Bischof von Seleukia, Basileios, verfasst. In Seleukia entwickelte sich an der Stelle, wo Thekla gelehrt und getauft haben soll, in der Spätantike ein bekannter Wallfahrtsort, heute Ayathekla genannt. Ein ebenso bedeutender Wallfahrtsort ist eine Höhle (arabisch Mağarat Mār Taqlā) im syrischen Bergort Maalula (Kloster der Heiligen Thekla). Paul Heyse veröffentlichte 1858 eine Versnovelle in Hexametern, die auf der Überlieferung zur Thekla von Ikonium beruht.
Carl Holzhey: Die Thekla-Akten. Ihre Verbreitung und Beurteilung in der Kirche (= Veröffentlichungen aus dem Kirchenhistorischen Seminar München. II. Reihe, Nummer 5). Verlag der J. J. Lentner'schen Buchhandlung, München 1905 (online, mit deutscher Übersetzung).
Gilbert Dagron: Vie et miracles de Sainte Thècle. Texte grec, traduction et commentaire. (= Subsidia hagiographica Bd. 62). Societe des Bollandistes, Brüssel 1978.
Die Taten des Paulus und der Thekla. In: Wilhelm Schneemelcher (Hrsg.): Neutestamentliche Apokryphen. Band 2. Tübingen 1989.
Stephen J. Davis: The Cult of Saint Thecla. A Tradition of Women’s Piety in Late Antiquity. (Oxford early christian studies). Oxford University Press, New York 2001, ISBN 0-19-954871-4.
Scott Fitzgerald Johnson: The Life and Miracles of Thekla. A Literary Study. (Hellenic Studies; Bd. 13). Center for Hellenic Studies, Washington, D.C. 2006, ISBN 0-674-01961-X.
Claudia Nauerth, Rüdiger Warns: Thekla. Ihre Bilder in der frühchristlichen Kunst. (Göttinger Orientforschungen Reihe2 = Studien zur spätantiken und frühchristlichen Kunst Bd. 3). Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN 3-447-02171-3.
Veronika Niederhofer: Konversion in den Paulus- und Theklaakten. Eine narrative Form der Paulusrezeption. Mohr Siebeck, Tübingen 2017, ISBN 978-3-16-155143-7.
↑Charles Renoux: L'Hymnaire de Saint-Sabas (Ve–VIIIe siècle), Bd. 2 (Patrologia Orientalis 53, 1), Turnhout 2015, 565 Anm. 1.
↑Hans Förster: Transitus Mariae. Beiträge zur koptischen Überlieferung, Berlin, Walter de Gruyter 2006, S. 201.
↑Carl Schmidt: Acta Pauli. Aus der Heidelberger koptischen Papyrushandschrift Nr. 1, Nachdruck: Hildesheim, Georg Olms Verlagsbuchhandlung 1965, S. 206.
↑Jan Willem Philip Borleffs, Corpus Christianorum SL, 1, 1954, S. 291f., Zitiert nach Schneemelcher S. 195, Orthografie angepasst.