Tatarische GrammatikDie tatarische Grammatik (tatarisch: Tatar tele grammatikası, Tatar tele qağıydäläre) ist die Bezeichnung für die Grammatik der tatarischen Sprache. Mit der tatarischen Sprache ist hier besonders der Dialekt des Tatarischen in Kasan gemeint, der allgemein als Hochsprache in der Republik Tatarstan gilt. Die Tatarische Sprache zeichnet sich wie viele Turksprachen durch agglutinierenden Sprachbau aus, ebenso durch eine Subjekt-Objekt-Verb-Syntax. Einige Beispiele für den agglutinierenden Sprachbau seien gegeben:
Ein extremeres Beispiel wäre der Satz Awrupalılandıralmadıqlarıbızdansızmı? (Sind sie einer von jenen, die wir nicht europäisieren konnten?) PhonetikVokalharmonieWie in anderen Turksprachen auch wird in der tatarischen Phonetik die Vokalharmonie angewendet. In Suffixen muss der erste Vokal an den letzten Vokal im Wortstamm angeglichen werden. Hell-Dunkel-HarmonieEs gibt dunkle Vokale a, ı, í, o und u (auch hintere Vokale genannt, weil sie weit hinten in der Mundhöhle gebildet werden) und helle Vokale ä, e, i, ö und ü (auch vordere Vokale genannt, weil sie in der vorderen Mundhöhle gebildet werden). Folgende Tabelle soll einen Überblick über die Verschiebung von hinteren zu vorderen Vokalen geben:
1 [ɒ] kommt nur vor in der ersten Silbe und – wenn ein weiteres A folgt – in den weiteren Silben, jedoch nicht bei Suffixen! Beispiel: babalar (Kinder) [bɒbɒlʌr] - der Pluralsuffix -lar ist nicht betroffen.
2 kann auftreten, wenn die vorhergehende Silbe ein O oder U, bzw. Ö oder Ü enthält
3 ist die Aussprache, die am ehesten den Laut umschreibt, da der Phonem sich pro Sprecher leicht ändern kann
4 [ɛ] kommt nur in Lehnworten vor, wird jedoch von manchen Tataren als Standard gesprochen, wenn diese stark russisch beeinflusst sind U-HarmonieDie U-Harmonie ist eine weitere Regel der Vokalharmonie, die vorschreibt, dass I-Laute in Silben an vorangehende U-Laute (o und u) angeglichen werden müssen, d. h. I wird zu U. Ebenso gilt dies bei ü und ö, d. h. E/İ wird zu Ü. Anders als in der türkischen Rechtschreibung wird dies im Tatarischen orthographisch nicht sichtbar, sondern wird lediglich bei der Aussprache beachtet. Das soll folgende Tabelle darstellen:
KonsonantenharmonieHell-Dunkel-HarmonieIn der tatarischen Sprache und Orthographie betrifft die Hell-Dunkel-Harmonie auch die Konsonanten (im Gegensatz zur türkischen Sprache), so gibt es dunkle Konsonanten: ğ und q und helle Konsonanten: g und k. Nicht orthographisch ersichtlich ist auch L betroffen, was folgende Tabelle darstellt:
Wichtig zu beachten ist, dass Ğğ und Qq auch vor hellen Vokalen, also ä, e, i, ö und ü, stehen können. In diesem Fall gilt immer die Regel: Konsonantenharmonie vor Vokalharmonie, d. h., die vorderen Vokale werden in einem solchen Fall wie ihre dunklen Äquivalente ausgesprochen, z. B. ğäräp [ʁɒræpʰ] (arabisch). Umstritten ist, ob das R auch der Hell-Dunkel-Harmonie unterliegt. In einem solchen Falle wäre das dunkle R dann [r] und das helle R wäre [ɾ], da man davon ausgeht, dass sie ein R vor einem dunklen Vokal mit weniger Aufwand stärker rollen ließe. Stimmhaft-Stimmlos-HarmonieWie in anderen Turksprachen auch gibt es im Tatarischen eine weitere Konsonantenharmonieregel, die die Angleichung von stimmhaften an stimmlose Konsonanten betrifft. Folgende Synopse stellt gegenüber:
NasalharmonieDie tatarische Phonetik weist zudem eine Nasalharmonie auf, d. h. das im Falle des pluralen Suffix "-lar / -lär" und des ablativen Suffix "-dan / -dän" der erste Konsonant zu einem Nasal wird, wenn der vorherige Konsonant ein M oder N ist.
Lautverschiebung in DialektenEs gibt verschiedene tatarische Dialekte: Mişär (westlich, unterteilt in Nord und Süd), Mitteltatarisch (unterteilt in Qazan und Minzälä), Nijğar und Sibirisch (um einige zu nennen). Zudem gibt es einen vom Russischen beeinflussten Slang. Die Lautverschiebung stellt folgende Synopse dar:
Der sibirische Dialekt ist besonders vom Mongolischen beeinflusst, so werden die Plosive nicht aspiriert, wie z. B. im badischen Dialekt. NomenNumerusDie tatarische Sprache kennt den Numerus Singular (Einzahl) und Plural (Mehrzahl). Der Plural wird mit dem Suffix -lar gebildet, der der Vokal- sowie Nasalharmonie unterliegt. qız - qızlar > das Mädchen - die Mädchen adäm - adämnär > Mann - Männer GenusDie tatarische Sprache kennt wie jede andere Turksprache keine Unterteilung der Nomen in Geschlechter. BestimmtheitTatarische Nomen haben keine Bestimmtheit oder Unbestimmtheit, küz bedeutet Auge, sowie das Auge oder ein Auge. Dennoch kann man Objekte näher bestimmen, indem man einen Fall anwendet (siehe bei Erklärung des Kasus). Als unbestimmter Artikel kann ber (eins) genommen werden: ber at - ein Pferd. KasusDie Tatarische Sprache kennt den Nominativ, Akkusativ, Genitiv, Lokativ und Ablativ. In der dritten Person Singular kommt auch noch zu Teil der alte Instrumentalis vor.
VerbenModusKonditionalDie konditionelle Zeitform wird im Tatarischen mit dem Suffix -sa/-sä gebildet, der an die Verbwurzel gehängt wird: kil- - kommen wird so zu kil-sä - wenn er kommt. Für die Grundform des Konditionals werden die kurzen Konjugationsendungen benutzt.
Die negative Form lautet -masa- / -mäsä-. Optativ-ImperativOptativ und Imperativ haben in den Turksprachen allgemein die gleiche Form, so natürlich auch im Tatarischen. Hier nun die Tabelle zum Überblick und dann einige praktische Anwendungsbeispiele:
InterrogativDer Interrogativ ist der fragende Modus. Der dementsprechende Suffix im Tatarischen ist das allgemeintürkische -mı/-me, welches an jedes beliebige Wort gehängt werden kann, sei es Nomen, Person oder Verb. Das Interrogativsuffix wird einfach nach dem belieben Wort angehängt: İldäme? - In dem Land? oder Alasıñmı? - Nimmst du?. Die Verneinung findet durch das Wort tügel (nicht) statt. İldä tügelme? - Nicht in den Ländern? oder mit Kommabenutzung: İldä, tügelme? - In den Ländern, nicht wahr?, Ala tügelseñme? - Nimmst du nicht?, wobei die Konjugationsendung an das tügel gesetzt wird. TempusPräteritumDas Präteritum wird im Tatarischen genau wie in den meisten Turksprachen gebildet, nämlich mit dem Präteritumssuffix -dı und den kurzen Konjugationsendungen. Wichtig bei dieser Präteritumform ist, dass sie definitiv ist, d. h. der Erzähler hat die Handlung miterlebt oder ist sich dem Verlauf der Handlung absolut sicher.
Die Verneinung findet generell mit -ma / -mä vor dem Zeitmarkierer statt: kilmätim - ich gehe nicht, almadı - er nimmt nicht usw. PerfektDas Perfekt ist wiederum die gegenteilige Version des Präteritum, wenn man die Definitivität des Geschehens betrachtet. Das Perfekt wird verwendet, wenn man von einem Geschehen erzählt, von dem man gehört hat oder von dem man nur wage abschätzen kann, ob es wirklich passiert ist. Typisch für die kiptschakischen Sprachen wird das Perfekt im Tatarischen mit der Endung -ğan/-gän (vergl. mit -mış im Türkischen) und den langen Konjugationsendungen gebildet.
Die Verneinung erfolgt wie immer mit -ma/-mä, also: kilmägän - er ist wahrscheinlich nicht gekommen, almağan - er hat wahrscheinlich nicht genommen usw. Siehe auchLiteratur
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