Küstenregion (aus 4 Luftaufnahmen von 1977 vom MLIT zusammengesetzt)
Kitayama-Klippen
Tanohata liegt am Pazifischen Ozean an der von Steilklippen geprägten nördlichen Sanriku-Küste. Die 200 m hohen Kitayama-Klippen (北山崎, Kitayama-zaki) auf 8 km Länge im Nordosten und die ebenso hohe Unosu-Abbruchkante (鵜ノ巣断崖, Unosu-dangai) im Südosten sind Teil des Sanriku-Fukkō-Nationalparks.[1][2] Es gibt nur vereinzelt Sandstrände, die Besiedlung konzentriert sich auf eine Vielzahl von Weilern in den ausgedehnten Terrassen im Hinterland, sowie den Bergtälern, Flusstälern und -mündungen.
Tanohata liegt südlich von Fudai und nördlich von Iwaizumi.
Geschichte
Die heutige Gemeinde Tanohata entstand bei Neuorganisation des Gemeindewesens am 1. April 1889 aus der Vereinigung des alten Tanohata mit den Dörfern Hamaiwazumi (浜岩泉村) im Süden davon und Numabukuro (沼袋村) im Westen tief in den Bergen, je im Landkreis Kitahei. Dieser Landkreis wurde am 29. März 1896 mit Nakahei und Higashihei zum Landkreis Shimohei zusammengeschlossen.
Erdbeben- und Tsunamikatastrophen
Historische Tsunami-Erfahrungen
Entlang der zentralen Sanriku-Küste zwischen 39,0 und 40,2° nördlicher Breite erreichte der vom Tōhoku-Erdbeben ausgelöste Tsunami am 11. September 2011 Höhen von 5 bis 40 m. In dieser Region hatte es in der Geschichte verschiedene Tsunamis gegeben, von denen der Meiji-Sanriku-Tsnuami 1896 in etwa die gleichen Höhen wie 2011 erreicht hatte, während der Shōwa-Sanriku-Tsunami 1933 geringere und die Chile-Tsunamis von 1960 und 2010 weit geringere Höhen aufwiesen als der Tsunami von 2011.[4]
Für das zum Dorf Tanohata gehörende Raga wurden für den Tsunami von 1896 je nach Quelle Tsunamihöhen von 18 m, 23 m und 24–26 m berichtet. Für einen vom Tsunami 1896 transportierten Tsunamistein wurde wissenschaftlich eine Höhenangabe von 28,2 ± 1,2 m über T.P. berechnet. Auf dieser Grundlage wurde eine maximale Auflaufhöhe des Tsunamis von 1896 in Raga von möglicherweise über 30 m vermutet. Für den Tsunami von 1933 war eine Höhe von 13 m berichtet worden, während der Tsunami von 1960 eine Höhe von 1 m hatte.[4]
Vergleich der Bilanzen von völlig zerstörten Häusern und Opfern in Tanohata für die Katastrophen von 1896, 1933 und 2011[5]
Anmerkung: Die Zahl der Todesopfer für die Tōhoku-Katastrophe 2011 errechnet sich aus den Gesamtzahlen der Toten und Vermissten des 153. FDMA-Schadensberichts vom 8. März 2016 abzüglich der Zahlenangaben katastrophenbedingter Todesfälle,[A 1] die von der Wiederaufbaubehörde (Reconstruction Agency, RA) ermittelt wurden.[5]
Tōhoku-Katastrophe 2011
Am 11. März 2011 richtete der durch das Tōhoku-Erdbeben ausgelöste Tsunami schwere Verwüstungen bei den an der Küste gelegenen Ortsteilen an, trotz deren Schutz mit Flutwehren.[6] Der Tsunami erreichte bei Tanohata eine Höhe von rund 20 Metern, während für die Deiche eine Höhe von fast 15 Metern vorgesehen war, von denen allerdings nur etwa 6 Meter realisiert worden waren.[7] In Raga hatte der Tsunami von 2011 wie der von 1896 eine viel größere Höhe als der von 1933. Die Tsuji & al. 2014 berichteten gemessenen Tsunamihöhen vom Tsunami 2011 betrugen 23 bis 28 m. Die Grenze der Überflutung in Raga lag knapp unter der Höhe, auf der ein 1896 vom Tsunami angespülter Tsunamistein lag.[4]
225 Häuser wurden vollkommen und 45 weitere teilweise zerstört.[8] Die auf einer 10 m hohen Stahlbetonbrücke befindliche Bahnhofsstation Shimanokoshi der Sanriku Railway (三陸鉄道 Sanriku Tetsudō) und deren Gleise wurden fortgerissen.[9][4] Alle Häuser in Shimanokoshi mit Ausnahme von zwei auf einem Hügel befindlichen wurden vom Tsunami fortgespült oder niedergerissen. Im Vorhof eines der überlebenden Häuser wurde eine Tsunami-Auflaufhöhe von 22,0 m gemessen. Am Nordhang in der Nähe des dai-ni (zweiten) Shimanokoshi-Tunnels ergab eine Auflaufhöhenmessung 19,9 m. Im gesamten Tunnel wurde eine große Menge an Holzbaustoffen und Trümmern abgelagert.[4]
Der Küstendeich im Aketo-Gebiet erfuhr erhebliche Zerstörung durch den Tsunami. Es wurde beschlossen, diesen ehemaligen Küstendeich als Zentrum eines vom Dorf Tanohata zu entwickelnden Gedenkparks zu erhalten, der der Vermittlung von Lehren aus dem Katastrophenschutz dienen soll. Es handelte sich beim ehemaligen Küstendeich um die zweite Katastrophenruine in der Präfektur Iwate, die durch nationale Finanzierung erhalten werden soll.[10]
Die Brand- und Katastrophenschutzbehörde (Fire and Disaster Management Agency, FDMA) meldete 17 Tote und 15 Vermisste.[11]
Verkehr
Station Shimanokoshi (4. Mai 2010)
Die Station Shimanokoshi nach ihrer Zerstörung durch den Tsunami vom 11. März 2011 (Foto: 29. Juni 2011)
Neues Bahnhofsgebäude der Station Shimanokoshi kurz vor seiner Fertigstellung (Juni 2014)
Wichtige Fernstraßen nach Tanohata sind die Nationalstraße 45 nach Sendai oder Aomori, wobei der Streckenabschnitt zwischen Fudai und Iwaizumi als Sanriku-Kita-Durchquerungsstraße (三陸北縦貫道路, Sanriku-Kita jūkan dōro) bezeichnet wird. Daneben gibt es noch die Präfekturstraßen 44 und 173 auf dem Gemeindegebiet.
An das Schienennetz ist Fudai über die Kita-Rias-Linie (Nord-Rias-Linie) der Eisenbahngesellschaft Sanriku Tetsudō angebunden. Diese führt zu den Hauptbahnhöfen von Miyako oder Kuji. Die Haltestellen in Tanohata sind Shimanokoshi (島越駅, -eki) und Tanohata (田野畑駅, -eki). Erstere wurde jedoch bei dem Tsunami vom 11. März 2011 weggespült.[9]
Bildung
In Tanohata befinden sich eine Grundschule, Mittelschule und präfekturale Oberschule.
Städtepartnerschaften
Im Februar 1997 schloss Tanohata eine Städtefreundschaft mit dem japanischen Kawamoto, die auch übernommen wurde als letzteres 2006 nach Fukaya eingemeindet wurde.
岩手県地震・津波シミュレーション及び被害想定調査 (Übersicht zur Erdbeben-/Tsunami-Simulation und Schadensprognose für Iwate): 岩手県津波浸水予測図(田野畑村) (Tsunami-Inundationsprognose-Diagramm der Präfektur Iwate für das Dorf Tanohata), www2.pref.iwate.jp (Präfektur Iwate). Eine Druckversion mit weiterführenden Informationen ist verfügbar als: 岩手県地震・津波シミュレーション及び被害想定調査に関する報告書 (概要版) (Memento vom 28. Juni 2018 auf WebCite) (PDF), www2.pref.iwate.jp (岩手県), November 2004 (überarbeitet: Februar 2006).
Die Tsunamigefährdungskarte beruht mit ihren Tsunamiüberflutungsangaben auf drei Tsunami-Simulationen (1. historischer Meiji-Sanriku-Tsunami, 2. historischer Showa-Sanriku-Tsunami und 3. vorhergesagter Miyagi-Oki-Erdbeben-Tsunami). Die Karte des Kokudo Chiriin (国土地理院, Geographical Survey Institute=GSI) ist im Maßstab 1:25000 erstellt und für den Ausdruck im Papierformat A3 bestimmt. Die Studie zur Schadensprognose wurde von der Präfektur Iwate im Jahr 2003 und 2004 durchgeführt.
10万分1浸水範囲概況図, 国土地理院 (Kokudo Chiriin, Geospatial Information Authority of Japan, ehemals: Geographical Survey Institute = GSI), www.gsi.go.jp: 地理院ホーム > 防災関連 > 平成23年(2011年)東北地方太平洋沖地震に関する情報提供 > 10万分1浸水範囲概況図:
Das GSI veröffentlicht an dieser Stelle eine Landkarte mit Tanohata (浸水範囲概況図5), auf der die vom Tōhoku-Tsunami 2011 überfluteten Gebiete auf Grundlage von Auswertungen von Luftbildern und Satellitenaufnahmen eingezeichnet sind, soweit dies möglich war.
↑Yoshinobu Tsuji, Kenji Satake, Takeo Ishibe, Tomoya Harada, Akihito Nishiyama, Satoshi Kusumoto: Tsunami Heights along the Pacific Coast of Northern Honshu Recorded from the 2011 Tohoku. In: Pure and Applied Geophysics. Band171, Nr.12, 2014, S.3183–3215, doi:10.1007/s00024-014-0779-x. (Online veröffentlicht am 19. März 2014). Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0). Hier: S. 3187, Figure 4.
↑ abcdeYoshinobu Tsuji, Kenji Satake, Takeo Ishibe, Tomoya Harada, Akihito Nishiyama, Satoshi Kusumoto: Tsunami Heights along the Pacific Coast of Northern Honshu Recorded from the 2011 Tohoku and Previous Great Earthquakes. In: Pure and Applied Geophysics. Band171, Nr.12, 2014, S.3183–3215, doi:10.1007/s00024-014-0779-x. (Erstmals online veröffentlicht am 19. März 2014). Lizenz: Creative Commons Attribution License.
↑ abcdeTadashi Nakasu, Yuichi Ono, Wiraporn Pothisiri: Why did Rikuzentakata have a high death toll in the 2011 Great East Japan Earthquake and Tsunami disaster? Finding the devastating disaster’s root causes. In: International Journal of Disaster Risk Reduction. Band27, 2018, S.21–36, doi:10.1016/j.ijdrr.2017.08.001. (Online veröffentlicht am 15. August 2017). Mit Verweis auf: Tadashi Nakasu, Yuichi Ono, Wiraporn Pothisiri: Forensic investigation of the 2011 Great East Japan Earthquake and Tsunami disaster: a case study of Rikuzentakata, Disaster Prevention and Management, 26 (3) (2017), S. 298–313, doi:10.1108/DPM-10-2016-0213.
↑東日本大震災 図説集. In: mainichi.jp.Mainichi Shimbun-sha, 20. Mai 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Juni 2011; abgerufen am 19. Juni 2011 (japanisch, Übersicht über gemeldete Tote, Vermisste und Evakuierte).Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/mainichi.jp
↑Mikio Ishiwatari, Junko Sagara: Structural Measures Against Tsunamis. In: Federica Ranghieri, Mikio Ishiwatari (Hrsg.): Learning from Megadisasters - Lessons from the Great East Japan Earthquake. World Bank Publications, Washington, DC 2014, ISBN 978-1-4648-0153-2, Chapter 1, S.25–32, doi:10.1596/978-1-4648-0153-2 (Werk online zugreifbar auf Google Books [abgerufen am 3. April 2018])., Lizenz: Creative Commons Attribution CC BY 3.0 IGO.
↑Isao Hayashi: Materializing Memories of Disasters: Individual Experiences in Conflict Concerning Disaster Remains in the Affected Regions of the Great East Japan Earthquake and Tsunami. In: Bulletin of the National Museum of Ethnology [国立民族学博物館研究報告]. Band41, Nr.4, 30. März 2017, S.337–391, doi:10.15021/00008472.
↑Mit dem Ausdruck „disaster-related deaths“ hat die Wiederaufbaubehörde (Reconstruction Agency) offiziell eine Kategorie für solche Fälle definiert, in denen der Tod Folge indirekter Schäden war, die durch Erdbeben, Tsunami und Nuklearkatastrophe verursacht waren. (Quelle: Haruka Toda, Shuhei Nomura, Stuart Gilmour, Masaharu Tsubokura, Tomoyoshi Oikawa, Kiwon Lee, Grace Y. Kiyabu, Kenji Shibuya: Assessment of medium-term cardiovascular disease risk after Japan’s 2011 Fukushima Daiichi nuclear accident: a retrospective analysis. In: BMJ Open. Band7, Nr.12, Dezember 2017, S.1–9, doi:10.1136/bmjopen-2017-018502. (Online veröffentlicht am 22. Dezember 2017); Lizenz: Creative Commons Attribution Non Commercial (CC BY-NC 4.0).)