T-64
Der T-64 ist ein Kampfpanzer, der zur Zeit des Kalten Krieges in der Sowjetunion entwickelt wurde. Er gehörte der neuen Generation der universal einsetzbaren Kampfpanzer an und unterschied sich grundlegend von seinen Vorgängern T-54, T-55 und T-62. EntwicklungDer T-64 wurde Ende der 1950er-Jahre im Fahrzeugwerk von Charkiw unter der Leitung von Alexander Alexandrowitsch Morosow entwickelt. Der erste Prototyp trug die Bezeichnung Objekt 430 und entstand im Jahr 1960. Die bei der Serienfertigung auftretenden Probleme konnten schließlich weitgehend gelöst werden, sodass die ersten T-64 (Objekt 432) 1967 ausgeliefert werden konnten. Ab 1974 wurden die Gardedivisionen der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) mit dem T-64 ausgerüstet. Im T-64 gelang es, die damals modernste in der Sowjetunion verfügbare, z. T. neue oder bislang nur vereinzelt umgesetzte Technik zu vereinen. So verfügte der T-64 über eine Verbundpanzerung, eine vollstabilisierte Hauptwaffe mit einem Ladeautomaten, ein Zielfernrohr mit unabhängig stabilisierter Visierlinie in Verbindung mit einem stereoskopischen Entfernungsmesser[1] sowie über einen kompakten und leistungsstarken Gegenkolben-Dieselmotor. In der Summe seiner Eigenschaften stellte der Entwurf eine Revolution im Panzerbau dar; dies führte aber auch dazu, dass er ein komplexes und teures Waffensystem war. Einige Komponenten wie Motor, Getriebe und Ladeautomat waren bei der Einführung in die Truppe noch nicht ausgereift und daher unzuverlässig. Diese Mängel wurden zum Teil erst bei der dritten und vierten Serienversion behoben. Der T-64 kam nur in der Sowjetarmee zum Einsatz und wurde nicht exportiert. Mit der Einführung des T-64, der dem schweren Kampfpanzer T-10 in jeder Hinsicht überlegen war, wurden die schweren Panzerbataillone der Sowjetarmee Anfang der 1970er-Jahre aufgelöst und damit auch die Panzer vom Typ T-10M aus dem aktiven Dienst genommen. Der T-64 wurde erst sehr spät nach seiner Aufnahme in die Bewaffnung – bei der Siegesparade zum 40. Jahrestag des Tages des Sieges im Jahre 1985 auf dem Roten Platz in Moskau – der Öffentlichkeit vorgeführt. Technische BeschreibungBesatzungDie Besatzung besteht aus drei Soldaten: Kommandant, Fahrer und Richtschütze. Antrieb und FahrsystemeAngetrieben wird der Panzer von dem 5-Zylinder-Gegenkolben-Dieselmotor 5TDF mit 10 Kolben und einer Leistung von 700 PS. Später wurde die Motorenleistung auf 720 PS angehoben. Es handelt sich um einen flachen und kompakten Gegenkolbenmotor mit hoher Verdichtung. Wegen der hohen Wärmeentwicklung erwies sich der Motor als sehr störanfällig und wartungsintensiv. Der spezifische Kraftstoffverbrauch war relativ hoch und der Motor litt unter Kaltstartproblemen. Die Höchstgeschwindigkeit des Panzers liegt auf der Straße bei 70 km/h, im Gelände beträgt sie 45 km/h. Zur Erhöhung der Reichweite können am Heck – wie bei sowjetischen Panzern üblich – zwei 200-Liter-Treibstofffässer angebracht werden. Dadurch steigt die Reichweite von 400 auf 500 km. Der Panzer kann Diesel in die Abgasanlage einspritzen, um sich selbst einzunebeln. Der T-64 besitzt ein Leichtbau-Stützrollenlaufwerk mit Drehstabfederung und hydromechanischen Endanschlägen. Die insgesamt zwölf Laufrollen sind im Vergleich zu anderen Panzerlaufwerken sehr schmal ausgeführt. Die Kette liegt nicht flächig auf den Laufrollen auf und wird deshalb mehr als bei anderen Panzern belastet. Der T-64 kann nach sehr kurzer Vorbereitung eine Unterwasserfahrt durchführen. Hindernisse bis 5,50 m Tiefe können so überwunden werden. Er ist in der Lage, Gräben bis 2,70 m und Höhenhindernisse bis 0,80 m zu überqueren. Unter dem Bug befindet sich eine Grabehilfe in Wannenbreite, die abgeklappt werden kann und es der Besatzung ermöglicht, Stellungen auszuschieben. Zusätzlich kann ein Minenräumgerät montiert werden. Am Heck befinden sich zwei Halterungen zum Mitführen eines Bergebalkens. Dieser ermöglicht zusammen mit zwei speziellen Seilen die Selbstbergung des Panzers. BewaffnungEine Besonderheit des T-64 ist der Ladeautomat für die voll stabilisierte Glattrohrkanone. Ab der Version T-64A wurde die 125-mm-Kanone D-81 eingebaut. Der dazugehörige EZ-10-Ladeautomat dreht auf dem Turmboden. Darin sind 28 Geschosse mit der Spitze nach innen liegend angeordnet. Die Treibladungen stehen außen dahinter. Zum Laden müssen das Geschoss und die Treibladung hinter dem Verschluss angehoben werden, worauf der Ansetzer beides in das Rohr schiebt. Mittels dieses Mechanismus ist eine Feuerfolge von sechs bis acht Schüssen pro Minute möglich. Der Ladeautomat ist kompliziert, aber wenig störanfällig. Das Nachfüllen des Ladeautomaten ist unkompliziert; ein Laden von Hand bei dessen Ausfall ist möglich, jedoch reduziert dies die Feuergeschwindigkeit auf etwa einen Schuss pro Minute.[2] Die 125-mm-Kanone D-81 kann folgende Munitionsarten verschießen:
Der T-64A kann 37 Geschosse und Lenkwaffen für die Kanone mitführen (davon 28 im Ladeautomat). Ein normaler Kampfsatz besteht aus folgenden Geschossarten:
Optional kann folgende Munition verschossen werden:
Die Nebenbewaffnung des T-64A besteht aus einem koaxialen 7,62-mm-PKT-MG mit 2000 Schuss sowie einem 12,7-mm-Fla-MG NSWT mit 300 Schuss, das durch ein PZU-5-Visier vom Kommandanten aus dem Innenraum heraus bedient werden kann. Ab der Version T-64A wurde zusätzlich eine Nebelmittelwurfanlage eingebaut. Diese besteht aus 16 Nebelwurfbechern, die seitlich in vier Gruppen am Turm angebracht sind. FeuerleitsystemeDem Kommandanten steht eine manuell drehbare Kuppel mit Dachluke, zwei Winkelspiegeln, einem Beobachtungsgerät TKN-3W mit IR-Kanal vorne sowie einem IR-Scheinwerfer darüber zur Verfügung. Die erste Serie hatte noch einen Schnittbild-Entfernungsmesser TPD-2-49. Ab der Ausführung T-64B wurde kurzzeitig ein Laserentfernungsmesser TPD-K1 integriert. Die späteren Versionen verfügten über das Hauptzielfernohr 1G42 mit Laserentfernungsmesser und unabhängiger Stabilisierung der Visierlinie in zwei Ebenen. Ab dem T-64B wurde teilweise die Lenkwaffenanlage 9K112-2 KOBRA mit Lenkwaffe 9M112 KOBRA 9K112 Kobra eingebaut. Als Nachtzielfernrohr dient das passive IR-Zielfernrohr TPN1-49-23. Später folgte das passive IR-Zielfernrohr TPN-3. Die Nachtzielfernrohre sind vertikal abhängig stabilisiert. Treffsicheres Feuer aus der Bewegung (bis 30 km/h) ist möglich. Es wird eine relativ hohe Erst-Trefferwahrscheinlichkeit auf Distanzen von bis zu 2000 m erreicht. Nachts ist der Feuerkampf aus der Bewegung möglich, die maximale Kampfentfernung infolge der veralteten Nachtsichtgeräte jedoch auf 800 m (TPN-1) bzw. 800–1200 m (TPN-3) beschränkt. Bei allen Versionen des T-64 ist die Waffenlage voll stabilisiert und es können aus der Bewegung Ziele bekämpft werden. Ab der Version T-64B ist der Ballistikrechner 1W517 installiert, der die Entfernungswerte automatisch verarbeitet. Es können sowohl stationäre als auch bewegliche Ziele aus der Fahrt bekämpft werden. Links von der Kanone ist ein Infrarotscheinwerfer L-4A installiert. PanzerungDie Panzerung unterscheidet sich grundlegend von der aller damaligen Panzer. Anstelle normaler Panzerplatten besitzt der T-64 als weltweit erster serienmäßiger Kampfpanzer eine Verbundpanzerung und war bei seiner Einführung der bestgeschützte Panzer der Welt. Die Panzerung des T-64 wurde während der Jahre laufend an die aktuelle Bedrohungslage angepasst und verstärkt.
Das Vorserienmodell des T-64 (Objekt 430) besaß einen konventionellen gegossenen Turm aus homogenem Panzerstahl (RHA). Die ersten Serienmodelle (Objekt 432) erhielten erstmals Türme mit Verbundpanzerung. Diese besteht aus einer inneren 90 mm starken Schicht Stahl, einer 105 mm starken Mittelschicht aus einer harten Aluminiumlegierung sowie einer Außenschicht aus 90 mm Stahl. Bei späteren Ausführungen wurde die Mittelschicht auf eine Stärke von 400 mm vergrößert und durch zusätzliche Lagen aus Glasfasergewebe verstärkt. Die Materialstärke an der Turmfront stieg so auf 580 mm an. Die Panzerung der Wannenfront besteht aus einer aus 80 mm hochfestem Stahl. Die Wannenseite besteht aus 80 mm Panzerstahl.
Der Turm des T-64A ist mit einer Laminatpanzerung ausgerüstet. Diese besteht aus einer inneren 90 mm starken Schicht Stahl, einer 150 mm starken Mittelschicht aus verschiedenen Hartmetallen und hochfesten Stahlplatten sowie einer Außenschicht aus 90 mm Panzerstahl. Bei den ersten Produktionsmodellen des T-64A wurde anstelle der Hartmetalle und hochfesten Stähle die Verbundpanzerung vom Typ Kwarz verwendet. Sie besteht aus einer Füllung von mit Borsilikatglas vergossenem Quarzsand und kommt in modifizierter Form auch beim späteren T-72 zum Einsatz. Die Panzerung der Wanne entspricht der Ausführung T-64. Die Wannenfront wurde jedoch zusätzlich mit einer aufgeschweißten 16 mm starken Panzerplatte verstärkt.
Ab der Ausführung T-64B kam am Turm eine Verbundpanzerung zum Einsatz. Diese besteht aus einer inneren 40 mm starken Schicht Stahl, einem 150 mm breiten Hohlraum für die Kombination-K-Kompositpanzerung sowie einer 150 mm starken Außenschicht aus hochfestem Stahl. Die Kombination-K-Kompositpanzerung enthält in Steltexolit GFK eingegossene Kugeln aus Korundum (Aluminiumoxidkeramik / Al2O3). An der Wannenfront besteht die Verbundpanzerung aus einer inneren 20 mm starken Schicht Stahl, einer 105 mm starken Mittelschicht aus Steltexolit (GFK) sowie einer Außenschicht aus 100 mm hochfestem Stahl.
Die Ausführung T-64BW verfügt über dieselbe Turmpanzerung wie der T-64B. Die Innenseite des Turmes ist jedoch zusätzlich mit Kevlarschutzmatten ausgekleidet, die Splitter abfangen sollen. An der Wannenfront besteht die Verbundpanzerung aus einer inneren 80 mm starken Schicht Stahl, einer 105 mm starken Mittelschicht aus Textolit-GFK (drei Schichten) sowie einer Außenschicht aus 65 mm hochfestem Stahl. Zusätzlich sind am Turm und an der Wanne Reaktivpanzerungselemente vom Typ Kontakt-1 angebracht. Diese Zusatzpanzerung erhöht den Panzerschutz um 25–30 %. T-64BM und T-64BM2 T-64 BM (Bulat) Ausführungen verfügen über eine Kontakt-5-Reaktivpanzerung.[3][4][5] Schutzniveau-Tabelle der Panzerungen Die verschiedenen Ausführungen des T-64 verfügen über folgenden Panzerschutz:
Der Panzer verfügt über eine automatische ABC-Überdruck-Schutzanlage zum Schutz vor chemischen und biologischen Kampfstoffen sowie zum Schutz vor den Wirkungsfaktoren einer Kernwaffendetonation, wie beispielsweise Druckwelle, Sofort- und Restkernstrahlung und radioaktiver Staub. Zur Feststellung radioaktiver Strahlung und chemischer Kampfstoffe verfügt der T-64 über ein Strahlungsmess- und Kampfstoffnachweisgerät. NutzerstaatenAktuelle Nutzer
Ehemalige Nutzer
KriegseinsätzeTransnistrien-KonfliktDie erste kriegerische Auseinandersetzung, bei der T-64 eingesetzt wurden, war der Transnistrien-Konflikt im Jahre 1992. Bei diesem Konflikt kamen die T-64 der 59. Motorisierten Garde-Schützendivision der 14. Armee unter dem Kommando von General Lebed zum Einsatz. Während der Kriegshandlungen wurden zehn T-64BW durch Panzerabwehrwaffen MT-12, 9K113 Konkurs sowie RPGs zerstört bzw. außer Gefecht gesetzt.[12] Russisch-Ukrainischer KriegWeiter wird der T-64 im Russisch-Ukrainischen Krieg sowohl von Regierungstruppen als auch von den Rebellen eingesetzt.[13][14][15] Russischer Überfall auf die Ukraine 2022Beim russischen Einmarsch in die Ukraine setzen sowohl die Streitkräfte Russlands wie auch die ukrainischen Streitkräfte den T-64 ein. Bis Ende Juni 2024 sollen die russischen Streitkräfte bzw. von Russland kontrollierten Separatisten mindestens 93 T-64 und die Ukraine mindestens 434 T-64 verloren haben.[8][16] VariantenVarianten T-64 und T-64A:
Varianten T-64B:
Varianten aus der Ukraine:
StatusTrotz verschiedener Mängel (z. B. störanfälliger Motor) wurden der T-64 und seine Modifikationen bis 1987 produziert. Insgesamt wurden über 8000 T-64 aller Versionen hergestellt. Aufgrund des Gewichtslimits, welches durch das Leichtbaufahrwerk verursacht wird, sind weitere umfangreichere Nachrüstungen schwer durchführbar. Auch nach dem Auslaufen der Serienproduktion soll der Panzer weiterhin verbessert werden. So wollen ukrainische Firmen den T-64 auf das Leistungsspektrum eines T-84 aufrüsten. Siehe auch
Literatur
WeblinksCommons: T-64 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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