Swyer-Syndrom
Das Swyer-Syndrom ist eine durch Mutation im Y-Chromosom hervorgerufene reine Form der Gonadendysgenesie, 46, XY-Typ, einer Keimdrüsen-Fehlbildung, die wegen der Unfruchtbarkeit der Betroffenen nicht vererbt werden kann. Hauptkennzeichen sind („männliche“) XY-Chromosomen, aber „weibliche“ Genitalien (Vagina, Uterus, Eileiter) und eine ausbleibende Pubertät.[1] Die Mutation tritt während der Spermatogenese des Vaters oder in der befruchteten Eizelle auf. Die Betroffenen erscheinen rein äußerlich mit „weiblichen“ Geschlechtsmerkmalen, entwickeln sich zu normaler Größe und zeigen keine Missbildungen. Unter der Pubertät setzt bei ihnen aber keine weitere Entwicklung der Geschlechtsmerkmale, keine Regelblutung (primäre Amenorrhoe) und auch keine Vermännlichung ein. Bei einer Untersuchung der Chromosomen findet sich entgegen der Erwartungen aufgrund der Genitalien ein männlicher (46,XY) Chromosomensatz (Karyotyp). Schwanger werden können Menschen mit Swyer-Syndrom im Normalfall nur über eine Eizellenspende. Synonyme sind: Swyer-Phänotyp; 46,XY reine Gonadendysgenesie; 46,XY-CGD Die Namensbezeichnung bezieht sich auf eine Erstbeschreibung aus dem Jahre 1955 durch den britischen Endokrinologen Gerald J. M. Swyer.[2] VorkommenDie Häufigkeit wird auf 1 zu 80.000 geschätzt. UrsacheDie Ursache ist nicht vollständig bekannt, es liegt eine Unterbrechung der genetischen Signalketten mit Fehlen der Testesentwicklung zugrunde.[1] EinteilungJe nach nachgewiesener Mutation kann folgende Einteilung erfolgen:
Zusätzlich wurden Umweltfaktoren (mütterliche Progesteron-Einnahme während der Schwangerschaft) und gestörtes pränatales Wachstum mit dem Syndrom in Verbindung gebracht. Klinische ErscheinungenEin Mensch mit Swyer-Syndrom entwickelt sich als Embryo im Mutterleib zunächst vollkommen normal. Erst in der 7./8. Embryonalwoche tritt eine Veränderung ein. Auf Grund eines genetischen Defekts, der meist auf dem SRY-Gen liegt, können keine hormonaktiven Keimdrüsen (Hoden) entwickelt werden, so dass die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale nicht möglich ist. Es kommt also das „Basisprogramm“ der Entwicklung weiblicher Geschlechtsmerkmale zum Zug. Der weitere Weg verläuft so, als würde es sich bei dem Embryo um ein weibliches Individuum handeln. Es kommt zur Ausbildung von Klitoris, Schamlippen, Vagina und Gebärmutter. Die Gonadenanlagen werden jedoch nicht zu Eierstöcken ausgebildet. Stattdessen befinden sich an deren Stelle sogenannte Streak-Gonaden (= bindegewebige Stränge). Nach der Geburt entwickelt sich das Kind zunächst ganz normal und ist in der körperlichen geschlechtlichen Entwicklung völlig unauffällig. Erst im Pubertätsalter kommt es auf Grund der nichtentwickelten Gonaden und fehlenden Hormone zu folgenden Auswirkungen:[11]
DiagnoseDie Diagnose ergibt sich aus der Klinik (normale Anlage von Eileitern, Gebärmutter und Scheide) zusammen mit dem Nachweis des hypergonadotropen Hypogonadismus bei fehlendem Anti-Müller-Hormon und des Karyogrammes.[1] BehandlungTeil der Behandlung ist die Beobachtung der Stranggonaden, eventuell mit Fixierung der Stranggonaden zur besseren Beobachtung, da sie unter Umständen ein Risiko für maligne Entartung bergen. Studien hierzu liegen nicht vor. Mögliche assoziierte Gesundheitsprobleme (z. B. Niereninsuffizienz beim Frasier-Syndrom oder assoziierte Fehlbildungen) müssen je nach genetischer Diagnose behandelt werden. Zum Zeitpunkt der Pubertät wird Hormon-Substitution empfohlen. Dazu soll den Patienten und ihren Familien auch psychologische Hilfe angeboten werden. Die Infertilität ist ein wichtiges Thema bei der Behandlung. Durch Eizellspende sind jedoch Schwangerschaften möglich.[1] Durch eine Hormonsubstitution (meist Kombi-Produkte mit Estradiol und Norethisteronacetat, aber auch Testosteron) kann die körperliche Entwicklung aktiviert und je nach Medikament ein weiblicher Zyklus oder eine Vermännlichung eingeleitet werden, wobei die Unfruchtbarkeit wegen der fehlenden bzw. nichtentwickelten Keimdrüsen bestehen bleibt. Sekundäre Geschlechtsmerkmale (z. B. weibliche Brust) bilden sich unter Östrogengabe aus. Das Risiko der Osteoporose wird mit jeder Hormongabe verringert, da die Aromatase bei Personen mit Swyer-Syndrom funktional ist. PrognoseSwyer-Betroffene können ein ganz normales Leben führen. Die Lebenserwartung ist nicht verringert. Auf Grund der oben genannten Problematik sollte jedoch ab der Pubertät[1] eine lebenslange Einnahme von Hormonen erfolgen. Auf Grund der fehlenden bzw. nichtentwickelten Keimdrüsen ist es Swyer-Betroffenen nicht möglich, mit eigenen Eizellen schwanger zu werden und leibliche Kinder zu haben. Die Gebärmutter macht es jedoch möglich, ein Kind nach einer Eizellspende auszutragen.[1] Es ist jedoch zumindest ein Fall bekannt, in dem von selbst Schwangerschaften möglich waren.[12] Bei entsprechender Behandlung kann das Risiko für ein Malignom niedrig gehalten werden.[1] DifferentialdiagnoseAbzugrenzen sind andere Formen der Gonadendysgenesie wie die Gonadendysgenesie, 46, XX-Typ, das Frasier-Syndrom oder die Kampomele Dysplasie.[1] Siehe auchLiteratur
WeblinksEinzelnachweise
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