SteifigkeitDie Steifigkeit ist eine Größe der Technischen Mechanik. Sie beschreibt den Widerstand eines Körpers gegen eine durch äußere Belastung (eine Kraft oder ein Drehmoment) bewirkte elastische Verformung und dessen Verformung[1]. Der Kehrwert der Steifigkeit wird als Nachgiebigkeit bezeichnet. Zu unterscheiden ist
Je nach Art der Beanspruchung werden weiterhin die Dehn-, Schub-, Biege- und Torsionssteifigkeit unterschieden, nach Art des Bauteils u. a. die Platten- und die Federsteifigkeit. Die Steifigkeit eines Bauteils kann durch eine Versteifung erhöht werden, beispielsweise durch Modifikation des Werkstoffs, Verbundwerkstoffe und -konstruktionen sowie konstruktive bzw. strukturelle Verstärkungen wie Streben oder andere aussteifende Elemente.[2] WerkstoffsteifigkeitDie Werkstoffsteifigkeit, definiert als Verhältnis der wirkenden Spannung zur zugehörigen Dehnung, ist eine werkstoffmechanische Eigenschaft. Sie dient mit ihren Kennwerten auch der Charakterisierung der Werkstoffe, speziell auch mittels der spezifischen Steifigkeit, und wird in der Werkstoffprüfung ermittelt.[3] Die Werkstoffsteifigkeit zeigt sich im Spannungs-Dehnungs-Diagramm als Steigung der Spannungs-Dehnungs-Kurve. Die mathematische Darstellung der Werkstoffsteifigkeit wird als mechanisches Materialmodell oder Stoffgesetz bezeichnet. Typische Kennwerte der Werkstoffsteifigkeit sind der Elastizitäts- und der Schubmodul bzw. mit der Dimension Kraft pro Flächeneinheit wie auch die dimensionslose Poissonzahl . In der Kontinuumsmechanik des isotropen linearelastischen Körpers werden häufig auch die beiden Lamé-Konstanten und als Steifigkeitskennwerte verwendet. Die vollständige elastizitätstheoretische Beschreibung der Steifigkeit erfordert bei isotropem Werkstoffverhalten zwei, bei Monotropie fünf, bei Orthotropie neun und bei allgemeiner Anisotropie 21 voneinander unabhängige Kennwerte.[4] Diese können in Matrizenform bzw. als Steifigkeitstensor dargestellt werden, wie dies bei numerischen Berechnungen wie der Finite-Elemente-Methode (FEM) der Fall ist. Bei linearer Elastizität sind diese Kenngrößen Konstanten. Bei nichtlinearem Verhalten sind sie Funktionen der Spannung bzw. der Dehnung. Bei viskoelastischem Verhalten sind die Steifigkeitskennwerte zeitabhängig, wie z. B. der Kriechmodul. Die Werkstoffsteifigkeit hängt bei praktisch allen Konstruktionsmaterialien mehr oder weniger stark von den Einsatzbedingungen ab, vor allem von der Temperatur, und teilweise, wie bei gewissen Kunststoffen, auch von der Feuchtigkeit.[5] Bei inhomogenen Strukturen ist die Werkstoffsteifigkeit im Querschnitt ungleich verteilt. Für die Bauteilberechnung werden aber häufig Mittelwerte oder integrale Ersatzgrößen gebildet. Diese hängen von den beteiligten Werkstoffen, deren Verteilung über den Querschnitt und von der Beanspruchungsart ab. Die Werkstoffsteifigkeit ist mit der Dichte mitbestimmend für die Schallgeschwindigkeit , mit der sich Wellen in Festkörpern ausbreiten. Für die Longitudinalwelle im elastischen Stab mit dem Elastizitätsmodul z. B. gilt . ProfilsteifigkeitDie Steifigkeit der einzelnen Bauteilquerschnitte unterscheidet sich nach den vier Beanspruchungsarten Zug bzw. Druck, Schub, Biegung und Torsion. Sie ist bestimmt durch die örtliche Querschnittsgeometrie und die lokale Werkstoffsteifigkeit bzw. deren Verteilung über den Querschnitt. In den meisten Fällen ist die Werkstoffsteifigkeit über der ganzen Querschnittsfläche konstant. Eine inhomogen-diskrete Verteilung der Werkstoffsteifigkeit liegt z. B. bei Laminaten oder Sandwichstrukturen[6][7][8] vor. Bei Integral- oder Strukturschaumstoffen ist die Steifigkeitsverteilung im Querschnitt inhomogen-kontinuierlich, so dass die resultierende Steifigkeit durch eine Integralfunktion beschrieben werden kann[9][10]. Diese beanspruchungsspezifischen Querschnittsteifigkeiten sind erforderlich für analytische Berechnungen. DehnsteifigkeitDie Dehnsteifigkeit , auch Zug/Druck-Steifigkeit genannt, beschreibt den Widerstand eines einachsig auf Zug oder Druck beanspruchten Bauteils im Querschnitt gegen eine Längsverformung. Sie ist definiert als Verhältnis der beanspruchenden Normalkraft zur von ihr hervorgerufenen Dehnung . Sie hat die Dimension einer Kraft und wird in der Regel in oder angegeben: Je nach Verteilung der Werkstoffsteifigkeit über den Querschnitt gelten folgende Beziehungen:
SchubsteifigkeitDie Schubsteifigkeit ist der Widerstand eines auf Schub beanspruchten Bauteils im Querschnitt gegen eine Schubverformung. Sie ist bei Balken unter Querkraftbiegung relevant. Die Schubsteifigkeit ist definiert als Verhältnis der beanspruchenden Querkraft zum von ihr hervorgerufenen, über den verwölbten Querschnitt gemittelten Schubwinkel . Sie hat die Dimension einer Kraft und wird in der Regel in oder angegeben: Je nach Verteilung der Werkstoffsteifigkeit über den Querschnitt gelten folgende Beziehungen:
Hierin sind der Schubkoeffizient und die sog. Schubfläche. Der Schubkoeffizient berücksichtigt den Einfluss der Querschnittsgeometrie auf die Schubverformung und die Schubsteifigkeit. Er ist analytisch ableitbar und kann für gegebene Querschnittsformen berechnet werden.[11][12]
Bei inhomogenen Querschnittsstrukturen bezieht sich der Schubkoeffizient auf den Gesamtquerschnitt. BiegesteifigkeitDie Biegesteifigkeit kennzeichnet den Widerstand eines auf Biegung beanspruchten Bauteils im eben bleibenden Querschnitt gegen eine Krümmung um die Biegeachse. Sie ist bestimmt durch das Verhältnis des beanspruchenden Biegemoments zur von ihm hervorgerufenen Krümmung mit als lokalem Krümmungsradius: Die Biegesteifigkeit hat die Dimension Kraft mal Fläche und wird üblicherweise in oder angegeben. Je nach Verteilung der Werkstoffsteifigkeit über den Querschnitt gelten folgende Beziehungen:
Biegesteifigkeit bei breiten QuerschnittenMit wachsender Breite der Querschnittsfläche wird die Querkontraktion in dieser Richtung zunehmend behindert, was die Biegesteifigkeit erhöht.[13] Bei gänzlicher Verhinderung der Querkontraktion führt dies mit der Poissonzahl zur Beziehung Im Extremfall der Inkompressibilität mit ergibt dies eine Steifigkeitszunahme um den Faktor 4/3, d. h. 33 %. PlattensteifigkeitDie Biegesteifigkeit ebener Flächentragwerke von vergleichsweise geringer Dicke , sog. Platten, entspricht im Wesentlichen der Biegesteifigkeit bei breiten Querschnitten, jedoch bezogen auf die Einheit der Breite . Somit ist die Plattensteifigkeit bei Rechteckquerschnitt und konstantem Elastizitätsmodul Biegesteifigkeit eben gekrümmter BauteileDie Biegesteifigkeit von Bauteilen mit zur Biegeebene symmetrischer Querschnittsfläche, und deren Längsachse in der Biegeebene im unverformten Zustand mit dem Radius gekrümmt ist („gekrümmter Träger“), erfährt durch diese Krümmung eine Erhöhung.[14] Es gilt: Die versteifende Wirkung kann in Abhängigkeit von Krümmung und Querschnittsgeometrie bis zu 30 % betragen. Bei konstantem Elastizitätsmodul zeigt sie sich in der Beziehung: Die Querschnittsgröße kann für einfache geometrische Flächen berechnet werden. TorsionssteifigkeitDie Torsionssteifigkeit, auch als Verdrehsteifigkeit bezeichnet, ist der Widerstand eines auf Torsion beanspruchten Bauteils im Querschnitt gegen eine Verwindung um die Längsachse. Sie ist definiert als Verhältnis des beanspruchenden Torsionsmoments zum von ihm hervorgerufenen Verwindungswinkel pro Längeneinheit: Die Torsionssteifigkeit hat die Dimension Kraft mal Fläche und wird üblicherweise in oder angegeben. Allgemeine QuerschnittsformenDie Torsionssteifigkeit homogener Querschnitte beliebiger Geometrie ist bestimmt als Produkt aus dem Schubmodul und dem Torsionsträgheitsmoment des Querschnitts: Das Torsionsträgheitsmoment nicht rotationssymmetrischer Querschnittsformen ist nicht elementar berechenbar. Bekannte Lösungen sind in einschlägigen technischen Handbüchern aufgelistet.[15] Die theoretische Beschreibung führt bei beliebig geformten Vollquerschnitten zu einer Poissonschen Differentialgleichung, die auch andern physikalischen Problemstellungen zugrunde liegt. Daher ermöglichen die Thomsonsche Strömungsanalogie[16] oder die Prandtlsche Membrananalogie[17], auch Seifenhautgleichnis genannt, einen anschaulichen Zugang zum Torsionsproblem. Die Torsionssteifigkeit geschlossener, dünnwandiger Hohlquerschnitte kann unter der Annahme, die Schubspannungen seien über die Wanddicke konstant, mit den Bredtschen Formeln[18] berechnet werden; für jene offener, dünnwandiger Querschnitte sind Näherungsformeln bekannt. Wird die bei nicht rotationssymmetrischen Querschnitten auftretende Querschnittsverwölbung behindert, z. B. durch Einspannung an den Enden, führt dies zu einer Erhöhung der Torsionssteifigkeit. Rotationssymmetrische QuerschnitteDas Torsionsträgheitsmoment rotationssymmetrischer Querschnitte entspricht dem polaren Flächenträgheitsmoment bezüglich der Torsionsachse. Je nach Verteilung der Werkstoffsteifigkeit über den Querschnitt gelten folgende Beziehungen:
BauteilsteifigkeitAllgemeinesDie Bauteilsteifigkeit ist ein wichtiges Kriterium bei der Auslegung von Konstruktionen, auch bei komplexen Strukturen wie z. B. Fahrzeugchassis, Flugzeugflügel usw., und insbesondere im Leichtbau[19] und bei der beanspruchungsgerechten Gestaltung.[20] Sie hängt von der Werkstoffsteifigkeit und der Bauteilgeometrie inkl. Art der Lagerung ab und ist definiert als Verhältnis zwischen der Belastung des Bauteils und der zugehörigen Verformung : Die Bauteilsteifigkeit eines Stabes mit einem durchgehend gleichen Profil ergibt sich aus der Profilsteifigkeit und der Länge des Profils. Steifigkeiten komplexerer Formen lassen sich nur numerisch berechnen und hängen von den mindestens zwei Kraftangriffspunkten ab. Für jede Kombination von Kraftangriffspunkten kann pro Kraftangriffspunkt eine Steifigkeit in Form einer Federsteifigkeit berechnet werden. FedersteifigkeitFedersteifigkeit bezeichnet die Bauteilsteifigkeit von Federn, d. h. von Bauelementen unterschiedlichster Geometrie, deren Funktion ein definiertes Steifigkeitsverhalten mit elastischem Rückstellungsvermögen verlangt.[21] Diese Federcharakteristik, dargestellt durch die Federkennlinie im Last-Verformungs-Diagramm, kann je nach Art der Federn und eventueller Federkombinationen linear, progressiv, degressiv oder geknickt sein.[22] Die positionsspezifische Federsteifigkeit wird beschrieben durch die Federrate, d. h. die Steigung der Federkennlinie als Differentialquotient. Dieser hat bei translatorisch wirkenden Federn mit der Kraft und dem Weg die Form in der üblichen Einheit N/mm. Bei linearer Federcharakteristik ist die Federrate konstant, sie wird zur Federkonstanten Bei rotatorisch wirkenden Federn (Drehfedern) haben die Federrate bzw. die Federkonstante mit den entsprechenden Größen Drehmoment und Verdrehwinkel üblicherweise die Einheit N·mm/rad. VerwindungssteifigkeitAls Verwindungssteifigkeit wird der Widerstand bezeichnet, den ein Bauteil, z. B. Fahrgestellrahmen, Schiffsschale, Flugzeugrumpf u. dgl. oder Sportgeräte wie Skier, Surfbretter, Snowboards usw., einer Beanspruchung durch Torsions- und Biegemomente entgegensetzt. BettungssteifigkeitBettungssteifigkeit ist der Widerstand einer elastisch nachgiebigen Unterlage gegenüber der Verformung unter Oberflächenbelastung durch einen aufliegenden Körper. Bei linear-elastischem Verhalten der Unterlage ist die lokale Einsenkung dem dort wirkenden Auflagedruck proportional[23], mit der Bettungszahl oder Bettungsziffer als Proportionalitätsfaktor und Steifigkeitsmass der Unterlage. Dieser Ansatz findet z. B. bei der Auslegung von Fundamenten mit elastisch gebetteten Balken oder Platten[24] Anwendung. Siehe auch
Literatur
Einzelnachweise
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