SonderrechtsverhältnisAls Sonderrechtsverhältnis (oder Sonderstatusverhältnis, besonderes Gewaltverhältnis) bezeichnete man in der deutschen Rechtswissenschaft einen Zustand der gesteigerten Bindung des Bürgers an den Staat, welche in ihrer Intensität über die normale Bindung des Bürgers an den Staat (allgemeines Gewaltverhältnis) hinausgeht. Beispiele
So sind Beamte in ihrer Dienstzeit „einer gesteigerten Bindung an den Staat ausgesetzt, welche in ihrer Intensität über die normale Bindung des Bürgers an den Staat hinausgeht“.[1] Kein besonderes Gewaltverhältnis wird begründet durch die Benutzung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (Beispiel: Museum), da hierdurch überhaupt keine oder nur eine sehr kurze gesteigerte Bindung des Bürgers an den Staat entsteht. WirkungenIm Sonderrechtsverhältnis können Grundrechte eingeschränkt sein. Dies muss sich grundsätzlich aus einem grundrechtsbeschränkenden Parlamentsgesetz ergeben (Eingriffsermächtigung). Heutzutage unterscheidet man in Anlehnung an Carl Hermann Ule[2] zwischen dem Grundverhältnis und dem Betriebsverhältnis: Im Grundverhältnis ist jede Person Bürger und somit Grundrechtsträger. Nur im Betriebsverhältnis soll z. B. ein Beamter oder ein Schüler dem Staat als Teil der eigenen Organisation gegenübertreten, mit der Folge, dass er im Betriebsverhältnis nicht Grundrechtsträger wäre. Im Übrigen seien Maßnahmen innerhalb eines Sonderrechtsverhältnisses keine Verwaltungsakte, da sie nur innerorganisatorisch wirkten und damit nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet seien (§ 35 S. 1 VwVfG). Im Folgenden sind Beispiele angeführt, die verdeutlichen, welche Maßnahmen Verwaltungsakte sind:
GeschichteZu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte im deutschen Verwaltungsrecht die Ansicht vor, dass der diesen Bereichen Unterworfene auf die Ausübung seiner Grundrechte freiwillig verzichte. Er sei nicht Teil der Gesellschaft, sondern Teil des Staates und damit nicht grundrechtsberechtigt, sondern grundrechtsverpflichtet. Dies war mit der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis gemeint. In der Schule war es zum Beispiel aufgrund des Sonderrechtsverhältnisses lange Zeit möglich, die Grundrechte der Schüler ohne eine gesetzliche Ermächtigung einzuschränken. Maßnahmen der Schulverwaltung mussten ebenfalls auf keiner gesetzlichen Grundlage beruhen.[4] Das änderte sich mit der als bahnbrechend beschriebenen Habilitationsschrift von Horst Schüler-Springorum aus dem Jahr 1967. Anhand des Strafvollzugs beschrieb er konsequent und schlüssig, dass auch Strafgefangene Träger von Grundrechten sind, in die nur aufgrund eines Gesetzes und in verhältnismäßiger Weise eingegriffen werden darf. Er postulierte die Resozialisierung als Vollzugsziel. Seit sich dem das Bundesverfassungsgericht 1972 im Strafgefangenen-Urteil[5] anschloss, stehen auch Personen in Sonderrechtsverhältnissen die Grundrechte prinzipiell zu. Die Grundrechte können eingeschränkt werden, allerdings nur so weit, wie der Zweck des betreffenden Sonderrechtsverhältnisses dieses erfordert. Besondere Gewaltverhältnisse im eigentlichen Sinn gibt es also nicht mehr.
Die wesentlichen Entscheidungen zur Einschränkung der Grundrechte im besonderen Gewaltverhältnis sind dabei vom Gesetzgeber selbst (Wesentlichkeitstheorie) in einem Parlamentsgesetz zu treffen (Parlamentsvorbehalt). Das Grundrecht der Menschenwürde kann auch in Sonderrechtsverhältnissen nicht eingeschränkt werden.
Zudem wird beim Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Sonderrechtsverhältnis noch zwischen Grundverhältnis und Betriebsverhältnis unterschieden, wobei nur Akte, die das Grundverhältnis berühren, Verwaltungsakte sein sollen. Diese sind mit einer Anfechtungsklage angreifbar. Im Einzelfall kann aber auch Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Betriebsverhältnis möglich sein, beispielsweise über eine Feststellungsklage. Außerdem betrifft das Sonderrechtsverhältnis nur den Zeitraum, in welchem der Betreffende diesem tatsächlich unterworfen ist,
Einzelnachweise
Literatur
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