Scribonia

Scribonia-Medaille aus „Promptuarii iconum insigniorum“

Scribonia (* spätestens um 65 v. Chr.; † nach 16 n. Chr.) war die zweite Ehefrau Octavians, des späteren Augustus.

Leben

Sie war Tochter des Lucius Scribonius Libo (vielleicht Prätor 80 v. Chr.[1]) und einer Sentia[2]. Laut Sueton war sie vor ihrer Ehe mit Octavian mit zwei Männern verheiratet gewesen, die es bis zum Konsulat gebracht hatten.[3] Ihr erster Mann ist unbekannt. Nach seinem Tod war Scribonia mit einem Cornelius verheiratet, dessen Identität aber nicht ganz klar ist; vielleicht handelte es sich um Gnaeus Cornelius Lentulus Marcellinus (Konsul 56 v. Chr.), vielleicht um dessen Sohn, der vermutungsweise mit einem Suffektkonsul des Jahres 35 v. Chr. identifiziert wurde, von dessen Namen nur „Publius Cornelius“ bekannt ist.[4] Scribonia hatte aus dieser Ehe einen Sohn namens Cornelius Marcell(inus)[5], vielleicht Publius Cornelius Lentulus Marcellinus (Konsul 18 v. Chr.),[6] und eine Tochter Cornelia, die Paullus Aemilius Lepidus (Konsul 34 v. Chr.) heiratete und in dem Jahr starb, in dem ihr Bruder das Konsulat bekleidete.[7]

Octavian heiratete Scribonia, nachdem er sich von seiner ersten Frau Claudia, einer Stieftochter des Marcus Antonius, getrennt hatte, wohl im Jahr 40 v. Chr. (zwischen dem Perusinischen Krieg und dem Vertrag von Brundisium) aus politischen Gründen, um seine Beziehungen zu Sextus Pompeius zu verbessern. Scribonias Bruder Lucius Scribonius Libo (der spätere Konsul des Jahres 34 v. Chr.) war Schwiegervater und enger Vertrauter des Pompeius.[8]

Scribonia wurde die Mutter Iulias, die Augustus’ einziges Kind bleiben sollte. Nur ein Jahr nach der Hochzeit, laut Sueton am Tag von Iulias Geburt,[9] verstieß Octavian seine Frau und heiratete wenig später Livia Drusilla. Er warf Scribonia einen verdorbenen Lebenswandel vor.[10] An anderer Stelle erwähnt dieselbe Quelle (Sueton) allerdings, der Grund für die Scheidung sei gewesen, dass Scribonia sich über den Einfluss einer Geliebten auf Octavian beschwert habe.[11]

Als Iulia 2 v. Chr. von ihrem Vater in die Verbannung geschickt wurde, begleitete Scribonia ihre Tochter.[12] Laut Seneca war sie bei der angeblichen Verschwörung ihres (Groß-)Neffen Marcus Scribonius Libo Drusus gegen Tiberius 16 n. Chr. noch am Leben.[13]

Literatur

  • Ernestine F. Leon: Scribonia and her daughters. In: Transactions and Proceedings of the American Philological Association. Bd. 82, 1951, S. 168–175.
  • John Scheid: Scribonia Caesaris et les Julio-Claudiens: Problèmes de vocabulaire de parenté. In: Mélanges de l’École Française de Rome. Antiquité 87, 1975, S. 349 ff. (online; nicht ausgewertet).
  • John Scheid: Scribonia Caesaris et les Cornelii Lentuli. In: Bulletin de Correspondence Hellénique 100, 1976, S. 485–491 (online).
  • Meret Strothmann: Scribonia [1]. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 11, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01481-9, Sp. 301.
  • Ronald Syme: The Augustan aristocracy. Clarendon Press, Oxford 1986, besonders S. 57, 247–257.
  • Gerhard Winkler: Scribonius II. 7. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 5, Stuttgart 1975, Sp. 55.

Anmerkungen

  1. Vgl. B. W. Frier, Urban Praetors and Rural Violence: The Legal Background of Cicero’s Pro Caecina, in: Transactions and proceedings of the American Philological Association 113 (1983), S. 221–241, besonders S. 223.
  2. CIL 6, 31276: Sentia Lib[onis] mater Scr[iboniae] Caes[aris]. Die mitunter zu findende Behauptung, sie sei Tochter einer Cornelia gewesen, die als Enkelin Sullas und Pompeius’ bezeichnet wird (also eine Tochter Faustus Cornelius Sullas gewesen sein müsste), ist schon aus chronologischen Gründen unmöglich. Ihr (Groß-)Neffe Drusus Libo wird zwar als Urenkel des Pompeius bezeichnet (Tacitus, Annales 2, 27), die Verbindung erfolgte aber sicher über seine Mutter, vgl. Ronald Syme, The Augustan aristocracy, 1986, S. 256–257.
  3. Sueton, Augustus 62, 2: mox Scriboniam in matrimonium accepit nuptam ante duobus consularibus, ex altero etiam matrem.
  4. Vgl. John Scheid, Scribonia Caesaris et les Cornelii Lentuli, in: Bulletin de Correspondence Hellénique 100, 1976, S. 485–491, der von drei möglichen Ehemännern (außer den genannten noch Lucius Cornelius Lentulus, Suffektkonsul 38 v. Chr.) den Suffektkonsul 35 v. Chr. für den wahrscheinlichsten hält. Meret Strothmann hält an der älteren Annahme (etwa bei Ernestine F. Leon) fest, dass Scribonia sowohl mit Publius Cornelius als auch mit Lentulus Marcellinus verheiratet war. (Meret Strothmann: Scribonia [1]. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 11, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01481-9, Sp. 301.)
  5. CIL 6, 26033: Libertorum et familiae Scriboniae Caesar(is) et Corneli Marcell(ini) f(ilii) eius.
  6. So Scheid; andere Wissenschaftler, etwa Ernestine Leon oder Ronald Syme, nehmen an, dass Scribonias Sohn Publius Cornelius Scipio (Konsul 16 v. Chr.) war.
  7. Properz 4, 11, 65–66.
  8. Cassius Dio 48, 16; Appian, Bürgerkriege 5, 53.
  9. Sueton, Augustus 62,2 und Cassius Dio 48,34,3.
  10. Sueton, Augustus 63: „pertaesus,“ ut scribit [sc. Octavianus], „morum perversitatem eius“.
  11. Sueton, Augustus 69, 1
  12. Velleius Paterculus 2, 100, 5; Cassius Dio 55, 10, 14.
  13. Seneca, epistulae 70, 10, der sie als amita Libos bezeichnet, was aber nicht nur „Tante“, sondern auch „Großtante“ bezeichnen konnte, vgl. Syme, The Augustan aristocracy, S. 256. Die Verwandtschaft findet sich auch bei Tacitus, Annales 2, 27, wo aber nicht erwähnt wird, ob Scribonia noch gelebt hat.