Während seine Bevölkerungszahl in den 1950er Jahren noch bei etwa 8000 lag, stieg diese bis 1962 auf etwa 35.000 und überschritt die 50.000 Ende der 1960er Jahre. Von 1955 bis 1975 wurden 12.368 Wohnungen gebaut.[1]
Sarcelles hat seit den 1960er Jahren eine große jüdische sephardische Gemeinde. Nach der Unabhängigkeit von Tunesien und Marokko 1956 wurden viele dort lebende Juden Opfer von Ausschreitungen; nach der Suez-Krise 1956 wurden Juden aus Ägypten ausgewiesen, nach dem Sechstagekrieg 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg 1973 erlitten die noch in Nordafrika lebenden Juden dasselbe Schicksal. Nach der Unabhängigkeit von Algerien 1962 mussten so gut wie alle Juden dieses Land verlassen. Viele der jüdischen Flüchtlinge aus Nordafrika ließen sich in Sarcelles nieder. Zeitweise lebten dort bis zu 20.000 Juden.[2]
Ein Großteil der Einwohner von Sarcelles bzw. deren Eltern stammen aus Schwarz- und Nordafrika sowie von den Französischen Antillen. Zudem gibt es eine bedeutende Gemeinde der Assyrer (auch Aramäer oder Chaldäer genannt).
Als einer der typischen Pariser Vororte (frz. Banlieue) mit Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise wurde Sarcelles zu einem Synonym für die Isolation der Bewohner solch anonymer und menschenfeindlicher Umgebungen. Der Begriff Sarcellite[3] bezeichnet im Französischen genau diese problematische Lebenssituation. Bereits seit den frühen 2000er Jahren gilt Sarcelles als einer der gefährlichsten Vororte von Paris.[4]
Jahr
1962
1968
1975
1982
1990
1999
2006
2017
Einwohner
35.800
51.476
55.007
53.630
56.833
57.071
58.654
58.587
Quellen: Cassini und INSEE
Sehenswürdigkeiten
Katholische Kirche Saint-Pierre-Saint-Paul aus dem 12. Jahrhundert
Sarcelles hat zwei katholische Kirchen, eine kleine protestantisch-reformierte Kirche, sieben Synagogen und zwei Moscheen. Im Juli 2014 verwüsteten zumeist jüngere muslimische Männer bei antisemitischen Ausschreitungen Teile des „La Petite Jérusalem“ genannten sefardischen Wohnviertels in Sarcelles.[5] Dabei skandierten sie unter anderem „Tod den Juden!“[6] Nach dem Pogrom verließ ein Großteil der jüdischen Bewohner ihre Heimat Sarcelles.[2]
Le Patrimoine des Communes du Val-d'Oise (= Collection le patrimoine des communes de France, Bd. 95). Flohic Éditions, Band 2, Paris 1999, ISBN 2-84234-056-6, S. 817–827.
Sarcelles: du village au grand ensemble. L’Atelier de Restitution du Patrimoine et de l’Ethnologie (ARPE), Cergy o. J. <nach 2008>.
↑Sarcelles : du village au grand ensemble. L’Atelier de Restitution du Patrimoine et de l’Ethnologie (ARPE), S. 16.
↑ abLena Bopp: Ein Albtraum oder die Zukunft? Sarcelles galt lange ein Symbol für das gute Zusammenleben von Juden und Muslimen. Nun streitet Frankreich darüber, was davon übrig ist und was man künftig in der Stadt zu sehen hat. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. März 2024, S. 11.
↑Sarcellite im dictionnaire.reverso.net: de Sarcelles, désigne les problèmes posés par la vie dans les grands ensembles; abgerufen am 22. Juli 2014
↑Rahsaan Maxwell: Ethnic Minority Migrants in Britain and France: Integration Trade-Offs. Cambridge 2012, S. 170ff.
↑Michaela Wiegel: „Kommt mit Schlagstöcken, Feuerlöschern und Granatwerfern!“ Propalästinensische Demonstranten lassen ihrem Hass freien Lauf und verwüsten das jüdische Wohnviertel von Sarcelles. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juli 2014, S. 3.
↑Stefan Ulrich: Furcht vor Pogromen. In Frankreich schlagen Demonstrationen gegen Israel immer öfter in antisemitische Krawalle um. In: Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2014, S. 8.