Nach Abschluss ihres Studiums mit dem medizinischen Staatsexamen leistete sie im Krankenhaus Winterberg (Sauerland) ihr medizinisches Praktikantenjahr ab. Im Jahr 1957 reiste sie nach Paris und trat in die Ordensgemeinschaft der Gesellschaft der Töchter vom Herzen Mariä ein. Nach weiterführenden medizinischen Studien – 1958 internistische Ausbildung im KölnerHildegardis-Krankenhaus, 1959 gynäkologische und geburtshilfliche Weiterbildung im Elisabeth-Krankenhaus in Bonn – wurde sie 1960 zunächst von ihrem Orden nach Indien geschickt, wo sie als Frauenärztin arbeiten sollte. Aufgrund eines Visumproblems musste sie jedoch in Karatschi (Pakistan) einen Zwischenstopp machen. Dort blieb Ruth Pfau, denn die erste Begegnung mit leprakranken Menschen in einem Elendsviertel Karatschis wurde bestimmend für ihr ganzes Leben. Sie beschloss, ein Krankenhaus zur Leprabekämpfung zu errichten. Das Marie-Adelaide-Lepra-Zentrum (MALC) wurde zu einer in ganz Pakistan anerkannten Institution; sie leitete dieses von ihr gegründete Krankenhaus bis 2013.
Die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. (DAHW) war seit 1961 einer der Hauptförderer der Lepra- und später auch der Tuberkulosearbeit Ruth Pfaus und ihres Teams in Pakistan.
Im Jahr 1980 wurde Ruth Pfau zur nationalen Beraterin im Rang einer Staatssekretärin für das Lepra- und Tuberkulose-Kontrollprogramm für die pakistanische Regierung ernannt. Dank für ihren bemerkenswerten Dienst waren zahlreiche Auszeichnungen und 1988 die Verleihung der pakistanischen Staatsbürgerschaft.[1] 1996 war die Lepra in Pakistan erstmals unter Kontrolle.
Während eines Gefängnisbesuchs stellte Ruth Pfau fest, dass viele Menschen in Haft nahezu blind waren. In Zusammenarbeit mit der Christoffel-Blindenmission bekämpfte sie seither unnötige Erblindungen.
Ruth Pfau starb am 10. August 2017 an multiplem Organversagen als Folge eines Schwächeanfalls knapp eine Woche zuvor.[2] Sie erhielt ein Staatsbegräbnis[3], das erste für eine Frau und eine Nichtmuslimin, auf dem christlichen Friedhof von Karatschi.[4] Staatspräsident Mamnoon Hussain erklärte in seiner Trauerbotschaft, Pfaus Tod sei ein großer Verlust für das Land. Das pakistanische Außenministerium würdigte Pfau in einer Erklärung als „Nationalheldin“.
Schriften
Wenn du deine große Liebe triffst. Das Geheimnis meines Lebens. 1985, ISBN 3-451-20259-X.
Wohin die Liebe führt. Afghanisches Abenteuer. 1990, ISBN 3-451-21599-3.
Verrückter kann man gar nicht leben. Ärztin, Nonne, Powerfrau. 1995, ISBN 3-451-04913-9.
Das letzte Wort wird Liebe sein. Ein Leben gegen die Gleichgültigkeit. 1996, ISBN 3-451-05172-9.
Liebe und tu, was du willst. Wege meines Lebens. 2006, ISBN 3-451-05617-8.
Und hätte die Liebe nicht. 50 Jahre in Pakistan. Hrsg. von Michael Albus. 2010, ISBN 978-3-451-30297-8.
Leben heißt anfangen. Worte, die das Herz berühren. Mit einem Nachwort von Rupert Neudeck. Hrsg. von Rudolf Walter. Herder, 2010, ISBN 978-3-451-07113-3.
Leben ist anders. Lohnt es sich? Und wofür? Bilanz eines abenteuerlichen Lebens. Hrsg. von Rudolf Walter. Herder, 2014, ISBN 978-3-451-33289-0.
Die Schönheit des Helfens. Ärztin, Nonne, Powerfrau – ein verrücktes Leben. Herder, 2018, ISBN 978-3-451-38148-5.
Eva-Maria Bast: Ruth Pfau. Der Engel von Pakistan – Leipziger Ärztin kämpft gegen Lepra. In: dies.: Leipziger Frauen. Historische Lebensbilder aus der Bürgerstadt. Bast Medien GmbH, Überlingen 2019, ISBN 978-3-946581-72-7, S. 30–35.
Irma Hildebrandt: Das Abenteuer Leipzig – Karachi. Ruth Pfau (* 1929). In: Irma Hildebrandt: Große Frauen. Porträts aus fünf Jahrhunderten. Hugendubel, Kreuzlingen 2008, ISBN 978-3-7205-3049-1, S. 469–484 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Bengt Pflughaupt: Mit den Augen der Liebe. Als Reporter unterwegs mit einer ungewöhnlichen Frau im wilden Pakistan. Herder, Freiburg im Breisgau 2005, ISBN 3-451-28542-8.
Inis Schönfelder: Engel über Karachi. Wie Menschen Unmögliches möglich machen. Quell, Stuttgart 1996, ISBN 3-7918-1991-7
1996 gründete das Deutsche Aussätzigen-Hilfswerk die Ruth-Pfau-Stiftung[9] mit Sitz in Würzburg, die insbesondere in der „ganzheitlichen Gesundheitsfürsorge, vorwiegend auf dem Gebiet der weltweiten Lepra- und Tuberkulosebekämpfung“, tätig ist.[10] Die Stiftung soll ihren Zweck wenn möglich vornehmlich in Pakistan und Afghanistan verfolgen.
Seit dem 10. Dezember 2010 trägt das Berufliche Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen in Leipzig den Namen Ruth-Pfau-Schule.
Seit dem 5. Juni 2019 trägt die Verbindungsstraße zwischen der Nonnenmühlgasse und der Dimitroffstraße in Leipzig, unmittelbar südlich der Propsteikirche St. Trinitatis, den Namen Ruth-Pfau-Straße.[11]