Die Reichenauer Glossen sind Ende des 8. Jahrhunderts in Nordwestfrankreich (eventuell Benediktinerabtei Corbie)[1] entstandene Glossen bzw. Glossare, die Übersetzungen von klassischem Latein in das zu dieser Zeit gebräuchliche Vulgärlatein bzw. Altfranzösisch auflisten und somit wichtige Bindeglieder in der Sprachentwicklung liefern:
- forum → mercatum ‚Markt‘ (französisch marché)
- isset → ambulasset‚ er ging‘ (vgl. italienisch ambiasse‚ er ging im Passgang‘, rumänisch umblase‚ er war geschlendert‘)
- liberos → infantes ‚Kinder‘ (französisch enfants)
- pulchra → bella ‚schön‘ (französisch beau m., belle f.)
- id → hoc, ‚dieses‘ (französisch oui)
Die Glossen enthalten neben romanischen und lateinischen Wörtern auch (latinisierte) altniederländische Fragmente.[2]
Überliefert sind sie in der Glossenhandschrift Cod. Augiensis CCXLVIII der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe.
Literatur
- Handschriften / Glossenwerk – Aug. perg. 248 Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, urn:nbn:de:bsz:31-14276
- Klein, Hans-Wilhelm (Hrsg.): Die Reichenauer Glossen. Teil I + II in zwei Bänden.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hans Wilhelm Klein: „Lateinisches und Romanisches in den Reichenauer Glossen“. In: NGH, Nr. 34, 1965. S. 186.
- ↑ Jelle Stegeman: Grote geschiedenis van de Nederlandse taal, Amsterdam University Press, 2021, S. 202–207