Radfahrstreifen

Radfahrstreifen auf der Eschersheimer Landstraße in Frankfurt am Main, mit durchgehender Linie von der Fahrbahn abgetrennt und mit Verkehrszeichen 237 beschildert.

Ein Radfahrstreifen, in der Schweiz Radstreifen (umgangssprachlich Velostreifen), ist eine Radverkehrsanlage auf der Fahrbahn, zumeist am Fahrbahnrand. In Deutschland wird der benutzungspflichtige und mit durchgehender Linie abgetrennte Radfahrstreifen vom (Fahrrad-)Schutzstreifen unterschieden, der durch eine Strichlinie von der Fahrbahn abgetrennt wird. Beide werden umgangssprachlich auch als Fahrradspur bezeichnet.

Eine spezielle Form des Radfahrstreifens ist der Radfahrstreifen in Mittellage.

Radfahrstreifen in Deutschland

In Deutschland ist ein Radfahrstreifen ein Sonderweg und damit nicht Teil der Fahrbahn. Er wird mit einer durchgezogenen Linie (als Verkehrszeichen 295 bezeichnet; in der Regel 25 cm breit; Breitstrich) von der Fahrbahn für Kraftfahrzeuge abgetrennt und muss mit dem Verkehrszeichen 237 gekennzeichnet sein, das zugleich eine Benutzungspflicht für Radfahrer begründet. Der Verlauf eines Radfahrstreifens kann durch wiederholte Markierung mit dem Zeichen 237 StVO sowie mit einem Fahrrad-Piktogramm als Fahrbahnmarkierung gekennzeichnet werden.[1] Der Radfahrstreifen zählt zu den sogenannten Radverkehrsanlagen nach § 2 Abs. 4, Satz 2, 10.3, VwV StVO.

An Einmündungen und Kreuzungen wird der Radfahrstreifen durch eine Radfahrerfurt (auch Radverkehrsfurt, früher auch Radwegefurt genannt) fortgesetzt, die durch zwei unterbrochene Breitstriche abgegrenzt wird. Gleiches gilt in Bereichen von Grundstückszufahrten und ggf. Bushaltestellen.

Die Regelbreite beträgt nach den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) mind. 1,85 Meter (einschließlich 0,25 Meter für die Markierung). Größere Breiten sind anzustreben:

  • bei hohen Verkehrsstärken und Schwerlastverkehrsanteilen
  • in der Nähe von Schulen und Radverkehrszielen
  • höheren Geschwindigkeiten

Bei ruhendem Verkehr parallel zur Fahrbahn ist ein Sicherheitstrennstreifen vorzusehen.[2] Nach Veröffentlichung der E Klima 2022 ist dieser immer 0,75 m breit auszuführen.[3]

Entsprechend der genannten Gründe für großzügigere Breiten sind diese bei Radschnellverbindungen nach den Hinweisen für Radschnellverbindungen regelmäßig mit mindestens 3,00 m, bei Linienbusverkehr mit mindestens 3,50 m auszuführen.[4]

Da es sich um einen Sonderweg für Radfahrer handelt, dürfen andere Verkehrsteilnehmer ihn nicht benutzen,[5] auch nicht zum Halten und Parken. Nur das Überqueren, z. B. zum Erreichen von Parkständen, ist unter Beachtung des Radverkehrs erlaubt. In der Praxis werden allerdings oft großzügig Ausnahmen beim Lieferverkehr gemacht. Dadurch fühlen sich Fahrzeugführer anderer Fahrzeuge ebenfalls dazu ermutigt.[6]

Nach einer Berliner Dienstanweisung von 1978 sollen falsch parkende Lieferwagen jedoch nur dann toleriert werden, wenn

  • das Interesse des Parkenden an der durchzuführenden Lieferung objektiv gegenüber dem Interesse des Fließverkehrs überwiegt,
  • in zumutbarer Entfernung keine ordnungsgemäße Parkmöglichkeit besteht,
  • das Ladegeschäft zügig und außerhalb der Verkehrsspitzenzeiten durchgeführt wird,
  • in gleicher Fahrtrichtung eine dritte Fahrspur von mindestens 3 m Breite vorhanden bleibt,
  • der übrige Verkehr nicht gefährdet oder unzumutbar behindert wird und
  • das Lieferfahrzeug unmittelbar nach Beendigung des Ladegeschäftes weggefahren wird.[7]

Abgrenzung zum Schutzstreifen

Ein Fahrrad-Schutzstreifen wird demgegenüber durch eine Strichlinie (unterbrochene Längsmarkierung: Verkehrszeichen 340 StVO) vom Fahrstreifen abgegrenzt. Er soll mindestens 125 cm breit sein und ist für Radfahrer nicht benutzungspflichtig. Im Bußgeldkatalog ist aufgrund des Rechtsfahrgebots jedoch ein Verwarngeld bei Nicht-Benutzung vorgesehen.[8] Das Parken und Halten ist auch auf dem Schutzstreifen nicht zulässig.

Radfahrstreifen in Österreich

Radfahrstreifen bzw. Mehrzweckstreifen bezeichnet in Österreich nach § 2 Abs. 1 Ziffer 7 bzw. Ziffer 7a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) „einen für den Fahrradverkehr bestimmten und besonders gekennzeichneten Teil der Fahrbahn einer Straße“.

Fahren auf dem Radfahrstreifen

Ein Radfahrstreifen darf nach § 8a der StVO nur in derselben Fahrtrichtung befahren werden wie der angrenzende Fahrstreifen. Ausgenommen sind dabei jene Einbahnstraßen, in welchen – entsprechend § 7 Abs. 5 StVO – Radfahrer ausdrücklich durch Verordnung ausgenommen sind und die Einbahnstraße damit auch in Gegenrichtung befahren dürfen. Hier werden dann aber in der Regel auch entsprechende Kennzeichnungen über Straßenverkehrszeichen und Bodenmarkierungen angebracht.

Benutzungsregeln auf Radfahrstreifen

Benützungspflicht: Nach § 68 StVO müssen Radfahranlagen – der Radfahrstreifen ist eine solche Radfahranlage – mit einspurigen Fahrrädern ohne Anhänger benutzt werden.

Benützungserlaubnis:

  • Mit Fahrrädern mit einem Anhänger, der nicht breiter als 80 cm oder ausschließlich zur Personenbeförderung bestimmt ist,
  • mit mehrspurigen Fahrrädern, die nicht breiter als 80 cm sind, sowie
  • bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern (→ Fahrradverordnung) darf die Radfahranlage benutzt werden, es besteht aber keine Verpflichtung dazu.

Benützungsverbot: Mit Fahrrädern mit sonstigen Anhängern sowie mit mehrspurigen Fahrräder ab 80 cm Breite dürfen Radfahranlagen, und damit auch Radfahrstreifen, nicht befahren werden. Mit diesen Fahrzeugen ist jedenfalls die für den allgemeinen Fahrzeugverkehr bestimmte Fahrbahn zu benützen.

Radfahrstreifen in Toronto, Kanada

Das Rollschuhfahren bzw. Inline-Skaten auf Radfahrstreifen ist nach § 88a der StVO als Ausnahme vom Fahrbahnverbot erlaubt, jedoch nicht außerhalb des Ortsgebietes. Bei der Benützung der Radfahranlagen – und damit der Radfahrstreifen – mit Rollschuhen oder Inline-Skates gelten dieselben Vorschriften wie für Radfahrer. Zu beachten sind jedoch lokale Verbote des Rollschuhfahrens auf Radfahrstreifen.[9] Kenntlich gemacht sind diese Streckenabschnitte mit dem Fahrverbotssymbol für Inline-Skates, wie z. B. in Wien praktiziert.[10]

Kinder unter zwölf Jahren dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur unter Aufsicht einer Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, Rollschuh fahren, sofern sie nicht Inhaber eines Radfahrausweises gemäß § 65 StVO sind.[11]

Radstreifen in der Schweiz

Schweiz: Markierung 6.09 „Radstreifen“, unterbrochene Variante

Radstreifen (umgangssprachlich Velostreifen) sind in der Schweiz „die für Radfahrer bestimmten Fahrstreifen, die normalerweise durch gelbe unterbrochene oder ausnahmsweise durch ununterbrochene Linien gekennzeichnet sind“ (Art. 1 Abs. 7 VRV). Radfahrer müssen diese benützen (Art. 46 Abs. 1 SVG).

Andere Fahrzeuge dürfen „auf dem mit einer unterbrochenen Linie abgegrenzten Radstreifen […] fahren, sofern sie den Fahrradverkehr dadurch nicht behindern“ (Art. 40 Abs. 3 VRV). Das Parkieren auf Radfahrstreifen und der angrenzenden Fahrbahn ist untersagt (Art. 19 Abs. 2 lit. d VRV).

Ist auf einer Straße beidseitig ein Radstreifen, aber keine Mittelmarkierung vorhanden, spricht man von einer Kernfahrbahn. Diese soll bei Autofahrern die Einhaltung des Sicherheitsabstands während des Überholens von Radfahrern verbessern.

Internationale Übersicht

Land stärker abgegrenzte Radfahrstreifen weniger strikt abgegrenzte Radfahrstreifen Grenzmarkierung
ohne Reservierung
integrierte Radverkehrsführung
Vereinigte Staaten[12] bikelanes benutzungspflichtig in Alabama, Kalifornien, Florida, Hawaii, Maryland, New York, Oregon bikelanes dürfen in den übrigen Staaten zum Überholen und Abbiegen verlassen werden dashed cycle lanes, Gleichberechtigung auf den rechten Teil eines Fahrstreifens beschränkt[13] shared lane = anteilig genutzter Fahrstreifen,
Piktogramme („sharrows“) verweisen auf die gleichberechtigte Nutzung durch Radfahrer
Kanada[14] bikelanes benutzungspflichtig in Québec bikelanes dürfen in den übrigen Provinzen zum Überholen und Abbiegen verlassen werden shared lane = anteilig genutzter Fahrstreifen,
Piktogramme („sharrows“) verweisen auf die gleichberechtigte Nutzung durch Radfahrer
Vereinigtes Königreich[15][16][17] mandatory cycle lane,
reserviert aber nicht benutzungspflichtig,
Abgrenzung mit durchgezogener Linie
advisory cycle lane,
nicht reserviert,
Abgrenzung mit gestrichelter Linie
Niederlande[18][19] fietsstrook met doorgetrokken streep,
„Fahrradstreifen mit durchgezogener Linie“
fietsstrook met onderbroken streep,
„Fahrradstreifen mit unterbrochener Linie“,
ebenfalls benutzungspflichtig,
aber von KFZ mitbenutzt
fietssuggestiestrook,
= „Fahrradsuggestionsstreifen“,
rechtlich nicht bindend, ohne Fahrradsymbole,
nur gestrichelte Linie und rote Einfärbung
oder anderes Pflaster
Belgien[20][21] fietspad = piste cyclable,
keine begriffliche Unterscheidung vom Radweg,
beidseits von unterbrochenen Linien eingerahmt
fietssuggestiestrook
= bande cyclable suggérée
,
Einfärbung (nicht in rot!) mit Piktogrammen oder
als Reihe von Fahrrad-Pfeil-Piktogrammen
auf anteilig  genutztem Fahrstreifen
Frankreich[22] bande cyclable obligatoire
= „verpflichtender Radfahrstreifen“,
durchgezogene Linie,
Zeichen „benutzungspflichtiger Radweg“
bande cyclable conseillée et réservée = „empfohlener und reservierter Radfahrstreifen“,
nicht benutzungspflichtig, unterbrochene Linie,
Zeichen „Radweg ohne Benutzungspflicht“,
Piktogramme wie voie partagée
voie partagée = anteilig genutzter Fahrstreifen,
mit Piktogrammreihe (Fahrräder mit Pfeil) ohne Grenzmarkierung
Deutschland[1] Radfahrstreifen,
durchgezogene Linie,
Zeichen „(benutzungspflichtiger) Radweg“
Schutzstreifen,
unterbrochene Linie (Schmalstrich),
einfache Fahrradpiktogramme
außer auf Busspuren und zwischen Straßenbahngleisen nur inoffiziell,
aber nicht regelwidrig[23],
einfache Fahrradpiktogramme
Österreich[24] Radfahrstreifen,
durchgezogene Linie,
Zeichen „benutzungspflichtiger Radweg“
Mehrzweckstreifen
Schweiz[25] Radstreifen, umgangssprachlich Velostreifen, mit gelben ununterbrochenen Linien (nur ausnahmsweise) Radstreifen, umgangssprachlich Velostreifen, mit gelben unterbrochenen Linien nur inoffiziell
Tschechien[26] vyhrazený (cyklistický) jízdní pruh
= „reservierter (Rad-) Fahrstreifen“,
durchgezogene Linie, Zeichen „Radweg“
cyklistický jízdní pruh = „Radfahrstreifen“,
unterbrochene Linie,
einfache Fahrradpiktogramme
piktogramový koridor = cyklopiktokoridor,
Piktogrammreihe (Fahrräder mit Pfeil)
ohne Grenzmarkierung
Polen[27][28] pas rowerowy
Italien[29] pista ciclabile su corsia riservata in carreggiata
Commons: Cycle lanes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Urban Bikeway Design Guide (englisch) (Gestaltungshandbuch für städtische Anlagen für den Radverkehr) der US-amerikanischen Vereinigung Städtischer Verkehrsplaner, NACTO, National Association of City Transportation Officials

Einzelnachweise

  1. a b Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO). Abgerufen am 4. Februar 2024.
  2. Arbeitsgruppe Straßenentwurf, Arbeitsausschuss: Anlagen des Fußgänger- und Radverkehrs: Empfehlungen für Radverkehrsanlagen. In: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.): R 2. 2010.
  3. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Kommission Nachhaltigkeit (Hrsg.): Steckbriefe zu den E Klima 2022. Ausgabe Oktober 2022 mit Ergänzungen September 2023. ISBN 978-3-86446-351-8, S. 37 (fgsv-verlag.de [PDF; abgerufen am 15. August 2024]).
  4. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe „Straßenentwurf“ (Hrsg.): H RSV 2021. ISBN 978-3-86446-291-7 (Inhaltsverzeichnis [PDF; abgerufen am 15. August 2024]).
  5. Deutschland: Anlage 2 Abschnitt 5 der Straßenverkehrs-Ordnung
  6. Haiko Prengel: Falschparker auf Radwegen: Wenn Polizisten absichtlich wegschauen. In: Spiegel online. 26. September 2019, abgerufen am 26. September 2019.
  7. Abgeordnetenhaus Berlin: Drucksache 17/16457 Frage 14. In: pardok.parlament-berlin.de. 17. Juni 2015, abgerufen am 16. Oktober 2019.
  8. „Sie missachteten als Radfahrer das Rechtsfahrgebot, indem Sie den markierten Schutzstreifen nicht benutzten.“, TBNR 102142 bis 102145 § 2 StVO (Straßenbenutzung durch Fahrzeuge). In: Bussgeldkatalog.net. Abgerufen am 25. April 2016.:
  9. Österreich: Inline-Skaten auf Radwegen (Memento vom 25. Juni 2008 im Internet Archive) auf wien.gv.at mit einer Liste der Skateverbote in Wien
  10. Österreich: Fahrverbotssymbol für Inline-Skaterinnen und -Skater auf wien.gv.at
  11. Österreich: Rollschuhfahren bzw. Inline-Skaten ist auf Radfahranlagen und Verkehrsflächen für den Fußverkehr zulässig. Da jedoch in § 88a StVO explizit Straßen mit öffentlichem Verkehr angeführt sind, umfasst die Rollschuhregelung für Kinder auch die Verkehrsflächen für den Fußverkehr.
  12. U.S. Department of Transportation, Federal Highway Administration: Manual on Uniform Traffic Control Devices (MUTCD), 2009 Edition: Chapter 9C. Markings
  13. Bicycle Facilities and the Manual on Uniform Traffic Control Devices: Dashed Bicycle Lanes
  14. Thunder Bay (Ontario): Informations for motorists and cylists on shared lanes and bike lanes (Memento vom 4. November 2016 im Internet Archive)
  15. The Highway Code, 59–82: Rules for cyclists
  16. www.gov.uk: Department for Transport: Know Your TRAFFIC SIGNS Official Edition
  17. Cambridge Cycling Campaign: Cycle lanes
  18. Dutch RVV, § 1 – alphabetical list of terms
  19. Fietsersbond: Wat is een fietspad en wat is een fietsstrook?
  20. FIETSERS EN BROMFIETSERS (Memento vom 28. November 2014 im Internet Archive)
  21. Article 9. Place des conducteurs sur la voie publique, auf code-de-la-route.be
  22. Sur Légifrance: Code de la route parties législative et réglementaire
  23. Peter Gwiasda: Die neuen ERA (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen). (PDF, 3,8 MiB) Radverkehrsführung auf der Strecke und im Verkehrsknoten. In: kompetenzzentrum-radverkehr.de. Landkreis Grafschaft Bentheim, Kompetenzzentrum Radverkehr, 9. März 2011, S. 11 (Fahrbahnführung), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. März 2016; abgerufen am 2. Februar 2017.
  24. Gesamte Rechtsvorschrift für Straßenverkehrsordnung 1960 Fassung vom 29. Oktober 2014
  25. Tiefbauamt des Kantons Bern: Auszüge zu Verhaltens- und Verkehrsregeln sowie Markierungs- und Signalisationsvorschriften (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive)
  26. Zákon o silničním provozu – Tschechische Straßenverkehrsordnung (auf Tschechisch) (Memento vom 1. August 2015 im Internet Archive)
  27. Łódź: Pas ruchu czy droga dla rowerów?
  28. Sejmu RP: Prawo o ruchu drogowym. 1997; (polnisch).
  29. ISTRUZIONI TECNICHE PER LA PROGETTAZIONE DELLE RETI CICLABILI, auf comune.torino.it