Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Pyrrolizidin ist ein anelliertesbicyclischesPyrrolidin, dessen Stickstoffatom beiden fünfgliedrigen Ringsystemen angehört. Das tertiäreAmin ist das Grundgerüst für Pyrrolizidinalkaloide (PA), die in Pflanzen weit verbreitet sind und wegen der Bildung giftiger Metaboliten im tierischen Organismus eine erhebliche Gefährdung für Pflanzenfresser (und Menschen) darstellen.
Wegen seiner geringen Stabilität kommt das unsubstituierte Pyrrolizidin nicht natürlich vor. Einfache Derivate sind z. B. 1-Hydroxymethylpyrrolizidin (Isoretronecanol oder Necinbase) bzw. dessen 1,2-Dehydroform.
Die daraus abgeleiteten Ester bilden eine wichtige Teilmenge der Pyrrolizidinalkaloide.[7]
Ausgehend von Acetondicarbonsäurediestern kann Pyrrolizidin über die Zwischenverbindung Diethyl-4-oxopimelat[10] unter milderen Bedingungen, aber in umständlicher mehrstufiger Reaktion in ähnlichen Ausbeuten erzeugt werden.[4]
Die Zwischenverbindung Diethyl-4-oxoheptandisäureester erhält man auch durch saure Alkoholyse von Furfuracrylsäure (aus Furfural und Malonsäure[11]) mit Ethanol (Ausbeute 71 %).[12] Hydrolyse zur 4-Oxoheptandisäure, Hydrierung in Gegenwart von Ammoniak unter Ringschluss zum substituierten 2-Pyrrolidon und weitere Cyclisierung mit Acetanhydrid/Acetylchlorid liefert 3,5-Dioxopyrrolizidin (Rolziracetam)[13][14], das mit Lithiumaluminiumhydrid (LiAlH4) zu Pyrrolizidin reduziert wird (Ausbeute 73 %).[1]
Die Beobachtung transannularer Wechselwirkungen in so genannten mittleren Ringen (mit 7 bis 14 Ringgliedern) legte die Vermutung nahe, dass 1-Azabicyclo[3.3.0]octan aus der Zwischenstufe 1-Benzyl-1-azacyclooctan-5-on erhalten werden kann. Das durch Dieckmann-Kondensation des aus Benzylamin und 4-Iodbuttersäureethylester gebildeten Diesters zugängliche N-geschützte Azacyclooctanon (N-Benzylazocan-5-on) cyclisiert z. B. unter Einwirkung von Perchlorsäure HClO4 zum N-geschützten 8-Hydroxypyrrolizidin, aus dem durch Hydrierung die Benzylgruppe abgespalten wird und Pyrrolizidin-perchlorat bzw. Pyrrolizidin entsteht.[15]
Das statt der Benzyl- mit der Boc-Schutzgruppe geschützte Azacyclooctanon (N-Boc-azocan-5-on)[16] kann ebenfalls leicht in Pyrrolizidin überführt werden.
Einen alternativen Zugang zu unsubstituierten Pyrrolizinen, Dihydropyrrolizinen und zu Pyrrolizidin eröffnet Pyrrol-2-carbaldehyd, der mit Vinyltriphenylphosphoniumbromid[17] in Gegenwart von Natriumhydrid NaH zu 3H-Pyrrolizin (A) reagiert, das in Ethanol gelöst an einem Rhodium-Kontakt zu 1-Azabicyclo[3.3.0]octan (B) hydriert werden kann (Ausbeute 83 %).[3]
In weniger polarem Diethylether entsteht bei der Hydrierung 1,2-Dihydro-3H-pyrrolizin (C) (81 % Ausbeute).
Eine industrielle Synthese in großtechnischem Maßstab verwendet den preisgünstigen Ausgangsstoff Bernsteinsäureanhydrid, der beim Erhitzen auf 250 °C Kohlendioxid abspaltet und das so genannte Spirodilacton (γ-Ketopimelinsäuredilacton bzw. 1,6-Dioxaspiro[4.4]nonan-2,7-dion) bildet (Ausbeute 84 %).
Das Spirodilacton wird an einem Cobalt-Kupfer-Mangan-Phosphorsäure-Kontakt mit Ammoniak und Wasserstoff bei hoher Temperatur und Druck zum Pyrrolizidin umgesetzt (Ausbeute 78 %).[5]
Eigenschaften
Pyrrolizidin wird als piperidinartig riechende Flüssigkeit beschrieben, die leicht am C-Atom in 8-Stellung und am N-Atom in 4-Stellung (unter Bildung von N-Oxiden) angegriffen wird. Wegen der Instabilität des freien tertiären Amins unter Umgebungsbedingungen und der hohen Hygroskopie des Perchlorats wird Pyrrolizidin meist in das in gelben Blättchen gut kristallisierende und bei 258–260 °C unter Zersetzung schmelzende Pikrat überführt.
Anwendungen
3,5-Dioxopyrrolizidin als Vorstufe des Pyrrolizidins ist strukturell dem NootropikumPiracetam ähnlich und wurde unter dem Namen Rolziracetam u. a. als Wirkstoff gegen Demenz untersucht.[18] Von 1-Azabicyclo[3.3.0]octan abgeleitete Piracetamanaloga zeigten in Tierexperimenten eine verbesserte Hirnfunktion.[19]
Die in den Pflanzenwurzeln aus der Aminosäure L-Arginin über L-Ornithin, Putrescin und Spermidin ablaufende Biosynthese von Pyrrolizidinalkaloiden (PA) erzeugt eine große Molekülvielfalt mit derzeit mehr als 660 bekannten PA.[20][21] Diese sekundären Pflanzenmetabolite sind meist einfache Mono- oder Diester und cyclische Diester der Necinbase 1-Hydroxymethylpyrrolizidin bzw. des 1,2-ungesättigten DiolsRetronecin, und deren N-Oxide. Pyrrolizidinalkaloide mit einer gesättigten Necinbase sind ungiftig, während ungesättigte und mit mindestens einer verzweigten C5-Carbonsäure veresterte PA in der Regel hepatotoxisch, mutagen und karzinogen wirksam sind.[22][23][24]
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↑Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
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