Polyxenasarkophag

Vorderseite: Das Opfer der Polyxena
Rückseite

Der marmorne Polyxenasarkophag wurde 1994 in einem Grabhügel, dem Kizöldün-Tumulus, bei Gümüşçay, Landkreis Biga, gefunden, der nicht weit entfernt vom Biga Çayı, in der Antike Granikos, in der nördlichen Troas liegt. Er wird in spätarchaische Zeit (um 510–500 v. Chr.) datiert und damit handelt sich um einen der frühsten griechischen Sarkophage mit Reliefdekoration. Seit 2018 ist er im Troya Müzesi ausgestellt.

Auffindung

Der Sarkophag wurde bei Rettungsgrabungen des Archäologischen Museums Çanakkale entdeckt. In der Gegend gab es zahlreiche illegale Grabungen, worauf das Museum mit umfangreichen Rettungsgrabungen reagierte. Der Sarkophag ist schon von 1994 modernen Raubgräbern aufgespürt worden, die auf ein antikes Loch im Deckel des Sarkophages stießen und von weiteren Grabungen absahen, da es offensichtlich war, dass der Sarkophag schon in der Antike beraubt wurde.[1]

Der Sarkophag ist ohne weitere Vorkehrungen in den Boden gelegt worden. Die Reliefs waren durch Tonplatten geschützt, aber es gibt keine Anzeichen, dass er einst in einer Grabkammer deponiert wurde.[2] Im Sarkophag fanden sich Knochen eines etwa 40-jährigen Mannes.

Beschreibung

Der Sarkophag mit Deckel ist 3,32 m lang, 1,60 m breit und 1,78 m hoch, der Sarkophagkasten ist 2,85 m lang, 1,19 m breit und 1,18 m hoch.[3]

Die Dekoration der einen Längsseite gab dem Sarkophag seinen modernen Namen. Hier ist das Opfer der Polyxena, Tochter des Priamos, dargestellt. Achilles erschien im Traum seines Sohnes und verlangte, dass die schönste trojanische Frau geopfert werden solle. Die Griechen wählten Polyxena aus, die zum Grab des Achilles gebracht und dort geopfert wurde. Diese Seite des Sarkophages zeigt zwölf Figuren, die in zwei Gruppen geteilt werden können. Auf der rechten Seite sieht man die eigentliche Opferung der Polyxena (ganz rechts das Grab des Achilles), auf der linken Seite sind trojanische Frauen dargestellt, die ihren Tod beklagen. Alle Männer in der Darstellung sind Griechen, alle Frauen sind Trojanerinnen.[4] Die Opferszene setzt sich auf einer Nebenseite fort. Hier sieht man Hekabe, die Mutter der Polyxena, und zwei Frauen in Trauergestus.

Die Interpretation der anderen Längsseite bereitet Probleme. Hier ist eine Feier dargestellt, doch bleibt unklar, wer oder was gefeiert wird. Abgebildet sind 17 Personen, davon vier Männer. Die Frauen machen Musik, tanzen und geben Geschenke. Die Darstellung kann wiederum in zwei Teile geteilt werden. In der linken Hälfte sieht man eine Frau auf einem Thron sitzen, Frauen überbringen Geschenke. Auf der rechten Seite sieht man Musikantinnen, vier männliche Tänzer und vier weitere Frauen.[5] Die Darstellung einer Feier findet ihre Fortsetzung auf der letzten Nebenseite. Hier sieht man zwei Frauen auf einer Kline sitzend.[6]

Literatur

  • Nurten Sevinç: A New Sarcophagus of Polyxena from the Salvage Excavations at Gümüşçay. In: Studia Troica 6, 1996, S. 251–264.
  • Carola Reinsberg: Der Polyxena-Sarkophag in Çanakkale. In: Olba 10, 2001, S. 71–99.
  • Carola Reinsberg: Der Polyxena-Sarkophag in Çanakkale. In: Renate Bol, Detlev Kreikenbom (Hrsg.): Sepulkral- und Votivdenkmäler östlicher Mittelmeergebiete (7. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr.). Kulturbegegnungen im Spannungsfeld von Akzeptanz und Resistenz. Möhnesee 2004, ISBN 978-3-933925-51-0, S. 199–217.
  • Karin Geppert: Überlegungen zum Polyxena-Sarkophag im Museum Çanakkale. In: Natascha Kreutz, Beat Schweizer (Hrsg.): Tekmeria. Archäologische Zeugnisse in ihrer kulturhistorischen und politischen Dimension. Beiträge für Werner Gauer. Scriptorium, Münster 2006, ISBN 978-3-932610-40-0, S. 89–106.
  • Charles Brian Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy. Cambridge University Press, Cambridge 2014, ISBN 978-0-521-76207-6.
  • Nicolas Assur Corfù: Der Polyxena-Sarkophag von Çanakkale – archaisch oder archaistisch? In: Numismatica e Antichità Classiche, Quaderni Ticinesi 45, 2016, S. 43–66 (Digitalisat).
  • Catherine M. Draycott: Making Meaning of Myth. On the Interpretation of Mythological Imagery in the Polyxena Sarcophagus and the Kızılbel Tomb and the History of Achaemenid Asia Minor. In: Lucey Audley-Miller, Beate Dignas (Hrsg.): Wandering Myths. Transcultural uses of Myth in the Ancient World. De Gruyter, Berlin/Boston 2018, ISBN 978-3-11-041685-5, S. 23–70.
  • Carola Reinsberg: Der spätarchaische Polyxenasarkophag. In: Antike Plastik. Lieferung 32. Reichert, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-7520-0673-5, S. 1–143.

Einzelnachweise

  1. Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy, S. 75.
  2. Nurten Sevinç: Çanakkale-Gümüsçay Tümülüsleri 1994 Yılı Kurtarma Kazıları Ön Raporu. In: 6. Müze Kurtarma Kazıları Semineri, 24-26 Nisan 1995, Didim. Ankara 1996, S. 443–449 (Digitalisat); Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy, S. 75.
  3. Carola Reinsberg: Der spätarchaische Polyxenasarkophag. In: Antike Plastik. Lieferung 32. Reichert, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-7520-0673-5, S. 1–143, hier S. 4.
  4. Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy, S. 79–87.
  5. Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy, S. 89–91.
  6. Rose: The Archaeology of Greek and Roman Troy, S. 91–95.
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