Die Personenfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit sind Unterarten der Freizügigkeit. Während die Personenfreizügigkeit ausschließlich natürliche Personen betrifft, sind Normadressaten der Niederlassungsfreiheit sowohl natürliche als auch juristische Personen. Im Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der Welthandelsorganisation WTO, das 1995 in Kraft trat, konnte man sich nicht auf eine unbeschränkte Personenfreizügigkeit einigen, so dass weder eine dauerhafte Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis noch der Erwerb der Staatsbürgerschaft des Aufenthaltsstaats zum Ziel erklärt wurde.[1]
Die Vereinbarung der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU trat im Rahmen der „Bilateralen Verträge I“ zum 1. Juni 2002 in Kraft.
Rechtsfragen
In den EU-Mitgliedstaaten ist die Personenfreizügigkeit gemäß Art. 21 Abs. 1 AEUV gewährleistet und gestattet den Unionsbürgern, sich in anderen Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. In Art. 45 Abs. 1 AUEV ist lediglich die der Arbeitnehmerfreizügigkeit als Unterfall der Personenfreizügigkeit geregelt. Sie betrifft ausschließlich Erwerbstätige in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Mit der Vaduz-Konvention wurde im Jahr 2001 zwischen den EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz die Freizügigkeit vereinbart.[4] Die nordischen Länder und Liechtenstein sind EU-Mitgliedsländern in der Freizügigkeit gleichgestellt und mit der Schweiz besteht seit 1999 ein Freizügigkeitsabkommen.[5]
Das Freizügigkeitsgesetz/EU regelt seit Januar 2005 die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) und ihrer Familienangehörigen (§ 1 FreizügG/EU). Für eine Einreise und einen Aufenthalt bis zu drei Monaten sind nur ein Personalausweis oder Reisepass erforderlich (§§ 2 FreizügG/EU, § 3 FreizügG/EU).
Von März bis Juni 2020 bestanden an zahlreichen Grenzen zwischen Mitgliedstaaten der EU wegen der COVID-19-Pandemie Personenkontrollen und Einreisebeschränkungen.[6][7]
Diskutiert wird auch die Auswirkung der Personenfreizügigkeit auf die Zahl der Sozialhilfebezieher: Die EU strebt für ihre Bürger mit der Unionsbürgerschaft ein faktisches Niederlassungsrecht samt Zugang zur Sozialhilfe in der Schweiz und im Gegenzug dasselbe Recht für Schweizerbürger im EU-Raum an. Die Schweiz hat diesen Vorschlag bisher abgelehnt.[14][15]
Linke, die den Netzwerken „Kein mensch ist illegal“[16] und „No Borders“[17] nahestehen, kritisieren im Gegenteil, dass es keine weltweite Freizügigkeit dergestalt gebe, dass jeder Mensch sich unbehindert von Staatsorganen und Grenzen aussuchen dürfe, wo er leben und arbeiten wolle (Freie Migration).
↑Europäische Grundfreiheiten. Klaus Schubert, Martina Klein: Das Politiklexikon. 7., aktualisierte und erweiterte Auflage, Bonn 2020. Abgerufen am 28. Juli 2023.
↑Werner Vontobel, Claudia Gnehm: Stundenlohn 2,85 Franken! Die erweiterte Personenfreizügigkeit ist in Kraft – Gewerkschaften und Gewerbe fürchten Dumpinglöhne, die das Schweizer Salärmodell umpflügen werden. 1. Mai 2011, abgerufen am 12. Juli 2019.
↑Patrick Feuz: EU will mehr Personenfreizügigkeit, doch Bern winkt vorerst ab. Brüssel fordert für jeden EU-Bürger Zugang zur Sozialhilfe. Der Bundesrat muss im Juni Position beziehen. Tagesanzeiger Online / Newsnetz, 5. Mai 2011, abgerufen am 9. Juli 2011.
↑Bundesrat will Personenfreizügigkeit nicht lockern. Die Personenfreizügig keit mit der EU soll nicht überarbeitet werden. Dies hat die Schweiz der Union in Brüssel mitgeteilt. EU-Bürger hätten ein faktisches Niederlassungsrecht samt Zugang zur Sozialhilfe erhalten sollen. SRDRS, 14. Juni 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. Juli 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.drs.ch (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)