Parsen

Parsischer Feuertempel in Chennai, Indien
Hochzeitsfeier von Parsen
Parsi Navjote-Zeremonie
Jamsetji Nasarwanji Tata (1839–1904), Gründer des indi­schen Großkonzerns Tata-Gruppe

Die Parsen (von persisch پارسى, DMG Pārsī, ‚Perser‘) sind eine ursprünglich aus Persien stammende ethnisch-religiöse Gruppe, die auf Grundlage des avestischen Kanons der Lehre des Zoroastrismus folgt und als abgeschlossene Gemeinschaft lebt. Die meisten Parsen gibt es in Indien und in Pakistan. Die persischen Anhänger des Gottes Ahura Mazda bezeichnen sich gemeinhin als Zoroastrier (persisch زردشتى, DMG Zardoštī oder auch زرتشتى, DMG Zartoštī).

Geschichte

Einer Legende nach stammten die Parsen ursprünglich aus Chorasan im Iranischen Hochland, von wo sie nach dem Niedergang des Sassanidenreichs und der darauf folgenden Islamisierung Großpersiens im 8. Jahrhundert nach Indien flohen. Überlieferungen zufolge wurden die indischen Ostküstenorte Sanjan und Navsari in Gujarat von den Parsen gegründet, die diese nach den Städten Sanjan bei Merw in Turkmenistan und Sari in der Provinz Mazandaran ihres iranischen Ursprungslandes benannten.

Die Anzahl der Parsen gilt als schwer schätzbar; oft werden 90.000 Menschen angegeben. Einem Artikel von 2003 zufolge beträgt ihre Anzahl weltweit 200.000.[1] Aus Indien sind nach dem Abzug der Briten (1947) viele Parsen ausgewandert. Laut Volkszählung lebten im Jahre 2011 in Indien rund 57.000 Parsen, davon knapp 45.000 im Bundesstaat Maharashtra, wo sich mit Mumbai das wichtigste Zentrum der Parsen befindet, und knapp 10.000 in Gujarat.[2] Diese Toleranz genießende, recht weltoffene und meist gebildete und wohlhabende Gemeinschaft ist aufgrund ihres karitativen Einsatzes wertgeschätzt. Seit Jahren sinkt die Anzahl aufgrund geringer Kinderzahl und der Tatsache, dass man nur als Parse geboren werden kann – die Parsen lassen keine Konvertiten zu und nahmen bis vor Kurzem auch keine Kinder aus Mischehen auf. Ehelosigkeit und Kinderlosigkeit sind bei den Parsen sozial akzeptiert und etwa 30 % bleiben lebenslang unverheiratet. Die Zahl der Kinder pro Frau liegt bei den Parsen bei 0,8 (im indischen Durchschnitt sind es 2,3). Die indische Regierung startete deswegen im Jahr 2015 eine Initiative, mit der sie die Parsen zu mehr Nachwuchs ermuntern will. Unter anderem ist eine staatliche Förderung von In-vitro-Fertilisation bei ungewollt kinderlosen Paaren vorgesehen. Dies steht im Gegensatz zur allgemeinen Bevölkerungspolitik, die das Bevölkerungswachstum im dichtbesiedelten Indien bremsen möchte. Zur Begründung meinte die indische Ministerin für Minderheitenangelegenheiten Najma Heptulla, dass die Parsen außerordentliche Beiträge in Indien für Bildung und Industrialisierung geleistet hätten. Viele Personen, wie die Industriellen Tata und Godrej, sowie auch bedeutende Richter und Politiker gehören zu ihnen.[3] Diese Bevölkerungspolitik schien zwei Jahre nach ihrem Beginn erste Erfolge zu zeigen.[4]

In Nordamerika leben geschätzt 18.000 bis 25.000 Parsen. Die weltweite Diaspora ist vergleichsweise klein. Im Westen sind die Parsen auch wegen ihrer Bestattungsbauwerke, der Dachmas, bekannt. Friedrich Schrader hat 1907/1908 in einem Zeitungsartikel damals existierende parsische Kultstätten in der Gegend von Baku im damaligen Russischen Reich (heute Republik Aserbaidschan) beschrieben.[5]

Bedeutende Parsen

Literatur

  • Ervad S. Bharucha: A brief sketch of the Zoroastrian religion and customs. Tarapolevala Books, Bombay 1928.
  • Sohrab J. Bulsara (Hrsg.): The laws of the ancient Persians as found in the „Matikan E Hazar Datastan“ or „The Digest of a Thousand Points of Law“. K. R. Cama Oriental Institute, Mumbai 1999.
  • Rustom C. Chothia: Zoroastrian religion most frequently asked questions. 2002.
  • Dastur K. Dabu: A handbook on information on Zoroastrianism. Edition Chamarbangvala, Bombay 1966.
  • Dastur K. Dabu: Zarathustra an his teachings. A manual for young students. Edition Chamarbangvala, Bombay 1966.
  • Maneckji N. Dhalla: History of Zoroastrianism. 3. Aufl. K. R. Cama Oriental Institute, Bombay 1994.
  • Maneckji N. Dhalla: Zoroastrian Civilization. From the earliest times to the downfall of the last empire 651 A.D. AMS Press, New York 1977 (Nachdruck der Ausgabe New York 1922)
  • Karl F. Geldner (Autor), Jivanji C. Tavadia (Übers.): The Zoroastrian religion in the Avesta („Die zoroastrische Religion“). K. R. Cama Oriental Institute, Bombay 1999.
  • Marazban J. Giara: Global directory of Zoroastrian fire temples. 2. Auflage. Selbstverlag, Mumbai 2002.
  • Aspandyar S. Gotla: Guide to Zarthostrian historical places in Iran.
  • Mani Kamerkar, Soonu Dhunjisha: From the Iranian plateau to the shores of Gujarat. The story of Parsi settlements and adsorption in India. 2002.
  • Dorsabhai F. Karaka: History of the Parsis including their manners, customs, religion and present position.
  • Ramiyar P. Karanjia: Zoroastrian religion and ancient Iranian art.
  • Eckehard Kulke: The Parsees in India. A minority as agent of social change. Studien zur Entwicklung und Politik, 3; Weltforum-Verlag, München 1974, ISBN 3-8039-0070-0 (zugl. Dissertation, Universität Freiburg/B. 1969).
  • Rustam P. Masani: Zoroastrianism. The religion of the good life. Indigo Books, New Delhi 2003, ISBN 81-292-0049-X (Nachdruck der Ausgabe London 1938).
  • Jivanji Jamshedji Modi: A few events in the early history of the Parsis and their dates. K. R. Cama Orientasl Institute, Bombay 2004 (Nachdruck der Ausgabe Bombay 1905).
  • Jivanji J. Modi: The religious ceremonies and customs of the Parsees. British India Press, Bombay 1922; zweite Auflage 1937 (online).
  • Jivanji J. Modi: The religious system of the Parsis. Education Society’s Press, Bombay 1885 (online).
  • Piloo Nanavatty: The Gatha of Zarathushtra. 1999.
  • Adil F. Rangoonwalla: Five Niyaeshes. 2004.
  • Adil F. Rangoonwalla: Zoroastrian etiquette. 2003.
  • Roshan Rivetna: The legacy of Zarathushtra.
  • Michael Stausberg (Hrsg.): Zoroastrian rituals in contest. Studies in history of religions, 102; Brill, Leiden 2004, ISBN 90-04-13131-0.
  • Arman Sahihi: Altpersische Numerologie Das Zahlenorakel der Parsen, Ariston Verlag, Genf 1992, ISBN 3-7205-1717-9.
  • Irach J. Taraporewala: The religion of Zarathushtra. Chronicle Press, Bombay 1965.
  • Irach J. Taraporewala: Zoroastrian daily prayers.
  • Günter C. Vieten, Fotos: George Shelley: Parsen – Die Arier Gottes. In: Geo-Magazin. Hamburg 1978,9, S. 86–108. (Informativer (insbesondere u. a. der Totenkult der Zoroastrier) Erlebnisbericht) ISSN 0342-8311
  • Fritz Wolff: Avesta. Die heiligen Bücher der Parsen. Übersetzt auf der Grundlage von Christian Bartholomaes Altiranischem Wörterbuch. K. J. Trübner, Straßburg 1910; Berlin 1924 und öfter, OCLC 1155555758.
Commons: Parsi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eleonore Chowdhury-Haberl: Zarathustras Erben. Die Parsen von Bombay bleiben ihrer altpersischen Religion treu (Memento vom 7. Februar 2006 im Internet Archive); in Wiener Zeitung, Ausgabe vom 7. November 2003.
  2. Census of India 2011: C-01 Appendix: Details of Religious Community Shown Under 'Other Religions And Persuasions' In Main Table C-1- 2011 (India & States/UTs).
  3. Linda Pressly: How India makes Parsi babies. BBC News, 15. Juli 2015, abgerufen am 20. Juli 2015 (englisch).
  4. Bhavya Dore: Glimmer of hope at last for India's vanishing Parsis. BBC News, 21. Juli 2017, abgerufen am 21. Juli 2015 (englisch).
  5. F. Schrader: Am Feuertempel. In: Magdeburgische Zeitung, Montagsblatt (Wissenschaftliche Beilage) Nr. 19, 1908