Paradox Interactive
Paradox Interactive AB ist ein schwedischer Publisher von Computerspielen und zugehörigen Franchiseprodukten mit Sitz in Stockholm. Das Unternehmen ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft[2] und verfügt neben seinem Publishinggeschäft über mittlerweile neun als Tochterunternehmen organisierte Entwicklungsstudios.[3] Diese sind vor allem für die Entwicklung von Globalstrategiespielen mit historischem Hintergrund bekannt, produzieren aber ebenso Aufbauspiele und Rollenspiele. GeschichteEntstehung des UnternehmensDie Wurzeln des Unternehmens reichen bis in die 1980er Jahre und auf die zu dieser Zeit gegründete Target Games AB zurück, zunächst nur ein Hersteller von Brettspielen und Miniaturen für Tabletop unter der Marke „Äventyrsspel“ (auf Deutsch: „Abenteuerspiele“).[4] Mitte der 1990er Jahre entschied sich das Unternehmen, ins Video- und Computerspielegeschäft einzusteigen. Der erste Titel Svea Rike, ein Strategiespiel zur schwedischen Geschichte zwischen 1523 und 1818, mit dem Spielziel, sich vor Ablauf der Spielzeit zum König krönen zu lassen, war durch ein in Schweden bereits populäres gleichnamiges Brettspiel inspiriert.[5] Trotz des Verkaufserfolgs dieses Spiels und seines Nachfolgers Svea Rike II im Jahr 1999, musste noch vor der Jahrtausendwende ein Konkursverfahren eröffnet werden. In dessen Verlauf wurde die Abteilung für Computerspieleentwicklung verkauft und Paradox Entertainment AB gegründet, über die nur der Bereich Rollenspiele und Miniaturen weitergeführt werden sollte. Lizenzrechte und das geistige Eigentum an den Spielen verblieben bei Target Games. Anfang des Jahres 2000 wurde jedoch die Mehrheit der Anteile an Paradox Entertainment AB von einer Gruppe externer Investoren um die ehemaligen Manager Fredrik Malmberg und Nils Guliksson aufgekauft. Als neue Geschäftsführer übernahmen oder führten sie nacheinander auch die anderen ehemaligen Abteilungen von Target Games wieder zurück in ein gemeinsames Unternehmen. Die Svea-Rike-Reihe erhielt daraufhin einen dritten Teil. Der Durchbruch im Computerspielebereich gelang im Jahr 2000 als Airfix: Dogfighter und vor allem Europa Universalis vermarktet wurden. Für letzteres und dessen Nachfolger Europa Universalis II erhielt Paradox zahlreiche Auszeichnungen. Daraufhin begannen Arbeiten an weiteren Titeln, bei denen man das erfolgreiche Spielprinzip beibehielt und für weitere Epochen variierte, wie den Zweiten Weltkrieg mit Hearts of Iron (2002), das Viktorianische Zeitalter mit Victoria: An Empire under the Sun (2003) und das Mittelalter in Crusader Kings (2004). In den folgenden Jahren trat das Unternehmen zunehmend auch als Publisher für Titel anderer Studios in Erscheinung. Daran wurde jedoch deutliche Kritik geübt. Die Qualität der veröffentlichten Titel, vor allem Chariots of War und das Rollenspiel Valhalla Chronicles lag deutlich unter den eigenen Standards. Nach Aussage langjähriger Mitarbeiter, wie des maßgeblich für die Europa-Universalis-Reihe verantwortlichen Programmierers Johan Andersson, hatte das Management an den eigenen Produkten immer weniger Interesse, verwendete die Einnahmen stattdessen für den Kauf von Markenrechten und plante Filme zu machen.[5] Im November 2004 zog man daraus Konsequenzen. Paradox Entertainment stieg über seine Tochtergesellschaft Paradox Entertainment Inc. in Los Angeles, Kalifornien ins Filmgeschäft ein. Die Computerspieleabteilung mit sämtlichen Lizenzen für die bisher veröffentlichten und auch alle noch in Entwicklung befindlichen Spiele wurde abgespalten und von Theodore Bergquist übernommen, dem damaligen Geschäftsführer von Paradox Entertainment.[4] Das aus der Computerspieleabteilung hervorgegangene Unternehmen firmierte daraufhin als Paradox Interactive AB. Fredrik Malmberg leitete Paradox Entertainment Inc. noch bis 2014, bevor er das Unternehmen verließ, um als unabhängiger Filmproduzent tätig zu werden. Dann gründete er jedoch die Investmentgesellschaft Cabinet Holdings, mit der er Mitte 2015 Paradox Entertainment Inc. übernahm.[6] Seither firmiert sie als Cabinet Licensing.[7] Eigenständige Entwicklung als ComputerspielpublisherIm Jahr 2006 kündigte Paradox Interactive an, sich in Zukunft weniger auf Eigenentwicklungen, als auf die Veröffentlichung von Spielen anderer Hersteller zu konzentrieren. Dazu eröffnete man ein Büro in New York und startete im April 2006 die Vertriebsplattform GamersGate.com. Als Frederik Wester, der die Entwicklung der Plattform maßgeblich vorangetrieben hatte, schließlich von Bergquist dessen Gesellschaftsanteile kaufte und die Geschäftsführung übernahm, war der Anteil von GamersGate am Gesamtgeschäft auf fast 97 % angestiegen.[5] Paradox Interactive übernahm im Dezember 2009 AGE Studio, die Muttergesellschaft des 2005 in Frankreich gegründeten Entwicklungsstudios AGEOD.[8] Dessen Mitgründer Philippe Thibaut war der ursprüngliche Erfinder des Europa-Universalis-Brettspiels. AGEOD, eine Abkürzung für „AGE Online Distribution“, entwickelte seither ebenfalls Strategie-Spiele mit historischen Hintergrund, allerdings auf Basis der selbst entwickelten „AGE“ („Adaptive Game Engine“). Zur Übernahme wurde vereinbart, dass AGEOD wie ein eigenständiges Entwicklungsstudio weitergeführt, dabei von Paradox aber als Publisher unterstützt werden sollte.[8] Im Jahr 2012 wurde eine Reorganisation vorgenommen, im Rahmen derer das Entwicklungsstudio in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft mit dem Namen Paradox Developement Studio AB ausgelagert wurde. Am 26. Oktober 2015 gab Paradox Interactive den Kauf des amerikanischen Rollenspiel-Verlags White Wolf bekannt. Für einen Kaufpreis von „mehreren zehn Millionen schwedischen Kronen“ an den bisherigen Eigentümer CCP Games wurden unter anderem auch die Rechte an den Rollenspiel-Regelwerken Welt der Dunkelheit (engl. World of Darkness oder kurz WoD) und Vampire: Die Maskerade (engl. Vampire: The Masquerade) übernommen.[9] Das 2006 mit CCP Game verschmolzene Unternehmen wurde als White Wolf Inc. neu gegründet und soll als eigenständiges Tochterunternehmen der Paradox Interactive operieren. BörsengangAm 31. Mai 2016 ging das Unternehmen an die Börse und wurde an der zur Nasdaq Nordic gehörenden Nasdaq First North gelistet (Kurzzeichen PDX). Der Unternehmenswert wurde zu diesem Zeitpunkt auf rund 420 Millionen US-Dollar geschätzt. Neben den Hauptanteilseignern, Geschäftsführer Fredrik Wester und der schwedischen Investmentgruppe Spiltan, beteiligte sich der chinesische Internet- und Computerspielkonzern Konzern Tencent mit 5 % am Unternehmen.[10] Mit der Eröffnung eines auf mobile Endgeräte spezialisierten Tochterstudios in Schweden stieg das Unternehmen im Mai 2017 in den Markt der Mobile Games ein.[11] Einen Monat später, im Juni 2017, wurden die niederländischen Triumph Studios (Age of Wonders, Overlord) übernommen.[12] Im Januar 2018 sicherte sich der Publisher für zwei Millionen US-Dollar einen Anteil von 33 % am amerikanischen Entwicklerstudio Hardsuit Labs (Blacklight: Retribution), bestehend aus ehemaligen Angestellten der aufgelösten Zombie Studios. Mit dem Einstieg sicherte sich der Publisher zugleich die Option auf die Erhöhung seiner Anteile am Studio.[13] Im Februar 2018 gab Fredrik Wester die Unternehmensführung an Ebba Ljungerud ab und wechselte auf die Position des Executive Chairman.[14] Nach eigenen Angaben hatte Paradox Interactive im Jahr 2016 eine Spielergemeinschaft von 3.500.000 Mitgliedern[15], davon mehr als 500.000 im Bereich der Eigenentwicklungen des Paradox Developement Studio.[16] UnternehmensorganisationParadox Interactive teilt seine Unternehmungen in drei Bereiche:[3]
ProdukteSpielereihen auf Basis der Clausewitz EngineFür Europa Universalis III entwickelte Paradox die Clausewitz Engine, nach dem preußischen Generalmajor und Heeresreformer Carl von Clausewitz benannte Spiel-Engine, die seither bei allen Eigenentwicklungen des Unternehmens verwendet wird. Beim Nachfolger Europa Universalis IV kam die Spiel-Engine bereits in der weiterentwickelten Version 2.5 zum Einsatz.[18] Neben einer 3D-Darstellung der Landkarte, verwaltet die Engine meist sehr umfangreiche und komplexe Daten, deren Handhabung zwar eine längere Einarbeitungszeit des Spielers erfordert, aber dann ein sehr hohes Maß an Flexibilität ermöglicht. So kann ein gespeichertes Spiel nicht nur mit der zuletzt gewählten Spielfigur, sondern auch aus dem Blickwinkel fast jeder beliebigen anderen in der Spielsimulation vorhandenen Person fortgesetzt werden. Die Verwendung unverschlüsselter Text- und Bilddaten erleichtert Eingriffe und Modding sowohl der Daten einzelner Spielstände, als auch des generellen Erscheinungsbildes und der Mechanik der Spiele. Im Mai 2016 veröffentlichte Paradox ein Tool, mithilfe dessen man in Maya erstellte Modelle direkt in auf der Engine basierenden Spielen verwenden kann.[19]
Aufgrund der aneinander anschließenden historischen Zeiträume und sehr ähnlicher Mechaniken stellt die Verknüpfung der Spiele Crusader Kings, Europa Universalis, Victoria und Hearts of Iron ein beliebtes Spielprinzip dar, für das sich der Begriff Megakampagne etabliert hat. Dabei wird eine kontinuierliche Alternativgeschichte vom Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts unter Berücksichtigung der jeweiligen epochentypischen Regeln simuliert, deren Gesamtdauer von der gewählten Kombination der Spiele abhängt. Dabei bestehen jedoch gewisse technische Hürden, da von Seiten der Entwickler nur in einem Fall (Crusader Kings II zu Europa Universalis IV) ein offizielles Konvertierungsprogramm (kostenpflichtig) zur Verfügung gestellt wird.[30] Eigenentwicklungen
Fremdproduktionen als Publisher
Darüber hinaus vertreibt Paradox Interactive Franchiseprodukte wie Bücher und Soundtracks zu seinen Serien. So wurden zum Beispiel vom in Schweden lebenden Fantasy-Autor Steven Savile Begleitromane zu Crusader Kings II und Stellaris verfasst, die Paradox vertreibt. WeblinksCommons: Paradox Interactive – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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