Palytoxin

Strukturformel
Strukturformel des Palytoxins
Allgemeines
Name Palytoxin
Summenformel C129H223N3O54
Kurzbeschreibung

hygroskopischer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer (Listennummer) 634-569-7
ECHA-InfoCard 100.162.538
PubChem 11105289
ChemSpider 9280425
Wikidata Q425134
Eigenschaften
Molare Masse 2680,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

>300 °C[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300​‐​310​‐​330
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Palytoxin ist ein Toxin der Dinoflagellaten Ostreopis siamensis, mancher Zoanthiden der Gattung Palythoa, der Cyanobakterien der Gattung Trichodesmium[3] oder einiger Tieren wie der Weichkoralle Palythoa toxica, welche es aus gefressenem Plankton extrahiert und zum Schutz gegen Fressfeinde einsetzt. Bis zur Entdeckung und Strukturaufklärung des Maitotoxins war Palytoxin der größte nicht polymere und nicht aus Aminosäuren aufgebaute Naturstoff mit der längsten ununterbrochenen Kohlenstoffkette (115 Kettenglieder).

Palythoa toxica (Australien)

Geschichte

Palytoxin fand schon lange als Gift für Speere bei der indigenen Bevölkerung Hawaiis Verwendung.[4] Seine komplexe Struktur und Absolutkonfiguration konnte in den Jahren 1981–1982 aufgeklärt werden.[5][6][7] Eine erste Totalsynthese des Palytoxins wurde 1994 durch eine Arbeitsgruppe unter Yoshito Kishi gemeldet.[8][9][10] Bis zum heutigen Tag gilt die Synthese dieses Naturstoffs mit seinen 64 stereogenen Zentren als eine der größten Leistungen in der chemischen Synthese.[11]

Toxizität

Palytoxin ist mit einer LD50 (Hausmaus, intravenös) von weniger als 150 ng pro kg Körpergewicht eine der giftigsten organischen Substanzen;[3] lediglich Maitotoxin und eine Reihe von Proteinen besitzen eine höhere akute Toxizität. Die Giftwirkung ist bedingt durch einen schwerwiegenden Eingriff in aktive zelluläre Transportsysteme für Ionen aus der Gruppe der ATPasen. Palytoxin bewirkt eine Konfigurationsänderung der Na-K-ATPase (Kd = 20 pM)[3] dahingehend, dass die Richtungsspezifität der Pumpwirkung (für drei aus der Zelle gepumpte Na+-Ionen werden unter Hydrolyse eines Moleküls ATP zwei K+-Ionen in die Zelle befördert) aufgehoben und die Ionenpumpe zu einem Ionenkanal wird.[3] Dies führt zum Abfall der Konzentrationsgradienten zwischen extra- und intrazellulärem Raum, damit des osmotischen Druckes, der Membranpotentiale (Depolarisation) etc. mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Zellen bzw. den Organismus. Die Symptome der Vergiftung lassen sich aus der Wirkungsweise ableiten: Hämolyse,[3] Rhabdomyolyse, schwere Muskelspasmen, Bronchospasmus, arterielle Hypertonie, pathologisch verändertes EKG. Die Vergiftungserscheinungen setzen sehr schnell ein und führen gegebenenfalls zu einem schnellen Tod innerhalb weniger Minuten.

Unfälle

2018 kam es in Steventon, Vereinigtes Königreich zu einem Unfall, bei dem eine Familie nach Reinigung eines Aquariums Palytoxin über die Atemluft aufnahm.[12]

Einzelnachweise

  1. a b c d Eintrag zu Palytoxin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. Dezember 2014.
  2. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von Palytoxin from palythos caribaerum im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 28. Mai 2019.
  3. a b c d e J. Patocka, R. C. Gupta, Q. H. Wu, K. Kuca: Toxic potential of palytoxin. In: Journal of Huazhong University of Science and Technology. Medical sciences = Hua zhong ke ji da xue xue bao. Yi xue Ying De wen ban = Huazhong keji daxue xuebao. Yixue Yingdewen ban. Band 35, Nummer 5, Oktober 2015, S. 773–780, doi:10.1007/s11596-015-1506-3, PMID 26489638.
  4. P. Ciminiello, C. Dell'Aversano, E. Dello Iacovo, M. Forino, L. Tartaglione, M. Pelin, S. Sosa, A. Tubaro, O. Chaloin, M. Poli, G. Bignami: Stereoisomers of 42-hydroxy palytoxin from Hawaiian Palythoa toxica and P. tuberculosa: stereostructure elucidation, detection, and biological activities. In: Journal of Natural Products. Band 77, Nummer 2, Februar 2014, S. 351–357, doi:10.1021/np4009514, PMID 24512352.
  5. R. E. Moore, G. Bartolini: Structure of palytoxin. In: J. Am. Chem. Soc. 103, 2491 (1981).
  6. D. Uemura, K. Ueda, Y. Hirata: Further studies on palytoxin. II. Structure of palytoxin. In: Tetrahedron Letters 22, 2781 (1981).
  7. R. E. Moore, G. Bartolini, J. Barchi, A. A. Bothner-By, J. Dadok, J. Ford: Absolute stereochemistry of palytoxin. In: J. Am. Chem. Soc. 104, 3776 (1982).
  8. R. W. Armstrong, J. M. Beau et al.: Total synthesis of palytoxin carboxylic acid and palytoxin amide. In: J. Am. Chem. Soc. 111, 7530 (1989).
  9. Y. Kishi: Natural products synthesis : palytoxin In: Pure Appl. Chem. 61, 313 (1989).
  10. E. M. Suh, Y. Kishi: Synthesis of Palytoxin from Palytoxin Carboxylic Acid. In: J. Am. Chem. Soc. 116, 11205 (1994).
  11. Tomáš Hudlický, Josephine W. Reed: The way of synthesis: evolution of design and methods for natural products. Wiley, 2007, ISBN 978-3-527-32077-6. S. 891–905.
  12. Cleaning this fish tank almost killed an entire family. In: The Independent. 6. April 2018 (independent.co.uk [abgerufen am 10. April 2018]).