Palazzo Arcivescovile (Lucca)

Gegenüber der Ostseite des Doms (links außerhalb des Bildes) steht in der Ecke des Platzes (rechts hinten) der dreiteilige Gebäudekomplex des Palazzo Arcivescovile.

Der Palazzo Arcivescovile steht in Lucca am Piazzale Arrigoni (Eingang: Via Arcivescovato 45) östlich vom Dom, gegenüber von dessen Apsis. Er ist die Bischofsresidenz des Erzbischofs und Sitz der Verwaltung des Erzbistums Lucca.

Beschreibung

Der erste Palazzo an dieser Stelle entstand in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts, wie eine Inschrift von 1224 bezeugt, und ersetzte den früheren Bischofspalast bei Santa Reparata. Der Bau wurde in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts erweitert sowie in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nochmals erweitert und umfassend erneuert.[1] Der Renaissancebau war mit dem Dom durch einen Arkadengang verbunden, der aber im 18. Jahrhundert abgebrochen wurde, als der Dom von der umgebenden Bebauung freigestellt wurde.

Das Portal ist mit zwei fliegenden Eroten, die einen Wappenschild halten, und vegetabilen Ornamentbändern in antikisierender Manier dekoriert. Für die Künstlerzuschreibung wurden die Art des Matteo Civitali (1436–1501) und die Schule des Jacopo della Quercia (1371/74–1438) vorgeschlagen.[2] Seine hölzernen Türflügel stammen von Jacopo da Villa.[3][4]

Im Treppenhaus steht ein römischer Reliefsarkophag des 2. Jahrhunderts n. Chr. mit dem Triumphzug des Dionysos, der 1692 gefunden wurde und im 18. Jahrhundert als Wasserbecken im Palasthof diente.[5] Ebenfalls im Treppenhaus ist ein mit zwei Putten verzierter Architravblock zu sehen, der eine Bauinschrift von 1224 trägt.

Das Studiolo in den bischöflichen Privatgemächern wurde in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts mit Groteskenmalerei geschmückt.[6]

Archivio Arcivescovile

Das Äußere des Archivgebäudes neben dem Palazzo wird von einer offenen Loggia im obersten Stockwerk geprägt.

Der Palazzo und das angrenzende Gebäude des Archivio Arcivescovile beherbergen heute neben den Beständen des eigentlichen Erzbischöflichen Archivs von Lucca auch jene des Archivs des Domkapitels sowie weiterer kirchlicher und privater Archive. Das Archiv wurde nie von Bränden oder anderen Katastrophen heimgesucht und hat sich in seltener Geschlossenheit erhalten, unter anderem mit 13.000 Pergamenturkunden ab dem Jahr 685, darunter über 150 langobardische Urkunden, 1.800 Dokumente aus der Zeit vor 1000 sowie Kaiserurkunden und päpstliche Bullen.

Dem Archiv ist heute die Biblioteca Capitolare angeschlossen, die ihrerseits die Bestände von vier Bibliotheken in sich vereinigt.[7] Ihre Sammlung von illuminierten Handschriften ist von grundlegender Bedeutung für die Geschichte der Buchmalerei in Lucca. Eine – aus konservatorischen Gründen wechselnde – Auswahl wird in einem Saal des Museo della Cattedrale gezeigt.

Zu den Kunstgegenständen im Archiv zählen eine Glocke von 1290 aus San Donato in Domazzano (Borgo a Mozzano) und historische Archivschränke aus dem 18. Jahrhundert, die mit Grotesken- und Landschaftsmotiven bemalt sind.

Eine besondere Kostbarkeit ist ein spätantikes Elfenbein-Diptychon des Areobindus aus dem Jahr 506. Es ist eines von drei vollständig (also mit beiden Elfenbeintafeln) erhaltenen Exemplaren weltweit und ist im Museo della Cattedrale ausgestellt.[8][9][10]

Literatur

  • Isa Belli Barsali: Lucca. Guida alla città. Maria Pacini Fazzi Editore, Lucca 1988, ISBN 88-7246-712-8, S. 90–91 (italienisch, Nachdruck 2005).
  • Toscana (= Touring Club Italiano [Hrsg.]: Guida d’Italia). 6. Auflage. Touring Club Italiano, Mailand 2008, ISBN 978-88-365-3895-9, S. 174–175 (italienisch).
  • Marcello Brunini (Hrsg.): Archivio Storico Diocesano di Lucca (ASDLu) (= Quaderni di Archimeetings. Nr. 25). Associazione Nazionale Archivistica Italiana, Sezione Toscana, Florenz 2010, ISBN 978-88-596-0806-6 (italienisch, anaitoscana.org).

Einzelnachweise

  1. Die Angaben sind etwas widersprüchlich: Erweiterung im 17. Jahrhundert (Brunini 2010, S. 5) und/oder Erneuerung im 18. Jahrhundert (Belli Barsali 1988; TCI 2008).
  2. Art des Matteo Civitali laut TCI 2008 und Luoghi della Fede. Schule des Jacopo della Quercia (für die Eroten) laut Belli Barsali 1988. – Laut Luoghi della Fede soll es aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammen; das wäre früher als die genannten Künstler.
  3. Belli Barsali 1988 und Luoghi della Fede. – Auch Jacopo di Marco genannt, aus Villa Basilica, tätig um 1462–1497. Er war auch an den Türen des Doms beteiligt.
  4. Foto: Google Maps.
  5. Im Treppenhaus des Palazzo laut Belli Barsali 1988. Aber möglicherweise ist der Sarkophag identisch mit dem dionysischen Sarkophag, der jetzt im Museo della Cattedrale ausgestellt ist. Foto: Sarcofago romano, Website des Sistema museale territoriale della Provincia di Lucca.
  6. Foto: Marcello Brunini (Hrsg.): Archivio Storico Diocesano di Lucca (ASDLu) (= Quaderni di Archimeetings. Nr. 25). Associazione Nazionale Archivistica Italiana, Sezione Toscana, Florenz 2010, ISBN 978-88-596-0806-6, S. 6 (italienisch, anaitoscana.org).
  7. Website der Bibliothek.
  8. Foto: Dittico in avorio di Areobindo, Website des Sistema museale territoriale della Provincia di Lucca.
  9. Inschrift: CIL 11, 8137.
  10. Ausführliche Informationen mit Liste der (komplett oder teilweise) erhaltenen Diptychen: C. Bertelli: Areobindo, Text des Artikels der Enciclopedia dell’arte antica, 1958, online auf treccani.it.

Koordinaten: 43° 50′ 26,3″ N, 10° 30′ 25,6″ O