Die Karte zeigt die weltweite Verbreitung von Vertretern der Gattung Orthoflavivirus.
Morphologie
Die Viruspartikel (Virionen) der Flaviviren sind etwa 50 nm im Durchmesser groß und in der elektronenmikroskopischen Darstellung von sphärischer, unregelmäßiger Gestalt. Analysen mittels Kryoelektronenmikroskopie zeigten beim Dengue-Virus eine ikosaedrische Symmetrie der Virushülle, was auf eine Interaktion der Hüllproteine mit den Kapsidproteinen schließen lässt.[4] Das Kapsid ist aus nur einem Kapsidprotein (C, 11 kDa) aufgebaut. In die Virushülle des Virions sind 90 Dimere des E-Proteins (50 kDa) eingelagert. Zwischen diesem Netzwerk der E-Dimere findet sich ein weiteres, kleineres Hüllprotein (M-Protein, 26 kDa).[5]
Genomorganisation
Die positivsträngige RNA ist etwa 11.000 Nukleotide lang und umfasst nur einen Offenen Leserahmen, der für ein Polyproteincodiert. Die virale Protease (N-terminaler Teil von NS3) und wirtseigene Proteasen schneiden dieses Polyprotein in die 3 strukturellen (C, prM, E) und in die 7 nicht-strukturellen Proteine (NS1, NS2A, NS2B, NS3, NS4A, NS4B, NS5); die Aufzählung entspricht der Anordnung der für die Proteine codierenden Gene auf dem Genom.[5]
Im Gegensatz zu den anderen Gattungen der Familie Flaviviridae, besitzen Viren der Gattung Orthoflavivirus am 5'-Ende der RNA eine 5'-Cap-Struktur vom Typ 1 (m-7GpppAmp) gefolgt von einem konservierten DinukleotidAG. Am 3'-Ende findet sich bei Flaviviren im Gegensatz zu den anderen Gattungen kein poly(A)-Schwanz.
Replikation
Die Viren befallen unter anderem Monozyten, Makrophagen und Dendritische Zellen. Sie heften sich über spezifische Rezeptoren an der Zelloberfläche an und werden durch ein sich ausbildendes Endosomvesikel aufgenommen. Im Innern des Endosoms induziert der saure pH die Fusion von Endosommembran und Virushülle. Dadurch gelangt das Kapsid in das Zytosol, zerfällt und gibt das Genom frei. Sowohl die Rezeptorbindung als auch die Membranfusion werden durch das Protein E katalysiert, das bei saurem pH-Wert eine Konformationsänderung durchlebt, die dazu führt, dass die 90 Homodimere sich zu 60 Homotrimeren neu organisieren.[5]
Nach dem Eindringen in die Wirtszelle wird das virale Genom im rauen Endoplasmatischen Retikulum und in so genannten vesicle packets repliziert. Innerhalb des ER wird zuerst eine unreife Form der Viruspartikel produziert, bei der das M-Protein noch nicht durch einen Reifungsschritt gespalten wurde und als prM (precursor M) in einem Komplex mit E vorliegt. Die unreifen Partikel werden im Golgi-Apparat durch das Wirtsprotein Furin prozessiert, welches prM zu M schneidet. Dadurch wird E aus dem Komplex entlassen und kann seinen Platz im maturen, infektiösen Virion einnehmen.[5]
Übertragung
Flaviviren können indirekt durch blutsaugende Insekten oder in seltenen Fällen (beispielsweise beim Rio-Bravo-Virus) auch direkt von einem Wirbeltier auf ein anderes übertragen werden. Einige Flaviviren zirkulieren zwischen Nagetieren und Fledermäusen, ohne dass ein weiterer Vektor bekannt ist.
Systematik
Die Viren der Gattung Orthoflavivirus wurde aufgrund ihrer Übertragung durch Gliederfüßer (Arthropoden) früher als Arboviren Gruppe B von den Arboviren Gruppe A unterschieden; aus letzteren ging später die Gattung Alphavirus der Familie Togaviridae hervor.
Die Gattung Flavivirus beinhaltete 89 Virusspezies (Stand 2018), nach der Abspaltung einiger Arten und Umbenennung in Orthoflavivirus sind es noch 53 Arten (Stand 26. März 2024) soviele wie 2009 (damals mit 73 Serotypen). Nach der Art des Vektors (Stechmücke, Zecke), unbekanntem Vektor (NKV-Gruppe: no known vector) sowie auf der Grundlage von phylogenetischen Untersuchungen, werden die Spezies in (nicht-taxonomische) Gruppen klassifiziert. Die englischen Bezeichnungen sind die offiziellen Speziesnamen nach ICTV (International Committee on Taxonomy of Viruses), Stand November 2018.[6][7][8][9]
H.-J. Thiel, M. S. Collett et al.: Genus Flavivirus. In: C. M. Fauquet, M. A. Mayo et al.: Eighth Report of the International Committee on Taxonomy of Viruses. London / San Diego, 2005, ISBN 0-12-249951-4
D. Gubler, G. Kuno, L. Markoff: Flaviviruses. In: David M. Knipe, Peter M. Howley (eds.-in-chief): Fields’ Virology. 5. Auflage. Philadelphia 2007, Band 1, ISBN 0-7817-6060-7, S. 1153 ff.
EA Gould, T. Solomon: Pathogenic flaviviruses. Seminar. In: Lancet 2008, 371, S. 500–509
↑RJ Kuhn, W Zhang, MG Rossmann et al.: Structure of dengue virus: implications for flavivirus organization, maturation, and fusion. In: Cell. 108. Jahrgang, Nr.5, März 2002, S.717–25, PMID 11893341.
↑Anne Piantadosi, Daniel B Rubin, Daniel P McQuillen, Liangge Hsu, Philip A Lederer: Emerging Cases of Powassan Virus Encephalitis in New England: Clinical Presentation, Imaging, and Review of the Literature. In: Clinical Infectious Diseases: An Official Publication of the Infectious Diseases Society of America. Band62, Nr.6, 15. März 2016, ISSN1537-6591, S.707–713, doi:10.1093/cid/civ1005, PMID 26668338, PMC 4850925 (freier Volltext).
↑Andrew F. van den Hurk, Willy W. Suen, Roy A. Hall, Caitlin A. O’Brien, Helle Bielefeldt-Ohmann, Jody Hobson-Peters, Agathe M. G. Colmant: A newly discovered flavivirus in the yellow fever virus group displays restricted replication in vertebrates. In: Journal of General Virology. 97. Jahrgang, Nr.5, 2016, S.1087–1093, doi:10.1099/jgv.0.000430, PMID 26878841.PDF
↑S Bekal, LL Domier, B Gonfa, NK McCoppin, KN Lambert, K Bhalerao: A novel flavivirus in the soybean cyst nematode. In: Journal of General Virology. 95. Jahrgang, Pt 6, 2014, S.1272–1280, doi:10.1099/vir.0.060889-0, PMID 24643877.