Omid NouripourOmid Nouripour (persisch امید نوریپور, DMG Omīd-e Nūrī-Pūr [ ]; * 18. Juni 1975 in Teheran, Iran) ist ein iranisch-deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Er ist seit 2006 Mitglied des Deutschen Bundestages.[1] Von Februar 2022 bis November 2024 war er gemeinsam mit Ricarda Lang Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.[2] LebenFamilie und AusbildungBeide Eltern Nouripours sind Luftfahrtingenieure, die Mutter ist außerdem Biologin, der Vater Volkswirt.[3] Im August 1988 verließen sie mit ihren Kindern den Iran und zogen nach Frankfurt am Main, wo sie in den 1970er Jahren als Touristen eine Wohnung erworben hatten. Ein Anlass der Übersiedlung war Omid Nouripours Alter von 13 Jahren; wegen des Ersten Golfkrieges wäre ihm ab 14 Jahren die Ausreise nicht mehr gestattet worden. Zudem war ein Onkel hingerichtet, ein anderer im Krieg durch Giftgas verletzt und seine Schwester bereits einmal verhaftet worden.[4] Bereits im Iran begann Nouripour, Deutsch zu lernen.[4] In Frankfurt erlangte er 1996 das Abitur an der Bettinaschule. Danach nahm er ein Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz auf, das er 1997 um ein Parallelstudium der Soziologie, Philosophie und Volkswirtschaftslehre ergänzte. Beide Studiengänge schloss er nicht ab, nachdem er 2002 hauptamtliches Mitglied im Bundesvorstand der Grünen geworden war. Nouripour ist Muslim, verheiratet und hat einen Sohn.[5] Er besitzt neben der iranischen seit 2002 auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Auf erstere würde er nach eigener Angabe verzichten,[4] dies sei im Falle des Iran jedoch de facto kaum möglich, da der Iran seine Bürger nicht aus der Staatsbürgerschaft entlässt.[6] ParteiSeit 1996 ist Nouripour Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Er engagierte sich zunächst in der Grünen Jugend, deren hessischer Landesvorsitzender er von 1999 bis 2003 war, und bei der Migranteninitiative ImmiGrün. In dieser Zeit gehörte er auch dem Landesvorstand der Grünen in Hessen an. Von 2002 bis 2010 war er Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flüchtlinge. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz am 8. Dezember 2002 wurde Nouripour gemeinsam mit Katja Husen als Beisitzer in den Bundesvorstand seiner Partei gewählt. Ende 2004 wurde er in Kiel wiedergewählt. Am 2. Dezember 2006 trat er nicht wieder an, und Malte Spitz wurde sein Nachfolger. Nouripour war Mitglied der Rechtsextremismus-Kommission des Bundesvorstands der Grünen.[7] Im Januar 2022 wurde Nouripour auf dem Bundesparteitag der Grünen zusammen mit Ricarda Lang zum Bundesvorsitzenden seiner Partei gewählt.[8] Am 25. September 2024 kündigte Nouripour gemeinsam mit Lang seinen Rücktritt an, der schließlich 16. November 2024 erfolgte.[9] Er wird dem Realo-Flügel zugeordnet.[10][11] Er selbst sieht sich als Ko-Vorsitzender der gesamten Partei verpflichtet.[12] AbgeordneterAm 1. September 2006 rückte er für den ausgeschiedenen Abgeordneten Joschka Fischer über die Landesliste Hessen in den Bundestag nach.[13] Dort war er zunächst Mitglied im Europaausschuss und von 2008 bis zur Bundestagswahl 2009 Mitglied im Haushalts- und Verteidigungsausschuss. Von 2009 bis 2013 war Nouripour sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Seit der Bundestagswahl 2013 ist er außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Zudem ist er ordentliches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Gemeinsamen Ausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss, im Sportausschuss und im ersten Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses. Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag 2021 gewann Nouripour das Direktmandat im Wahlkreis Frankfurt am Main II. Politische PositionenKlimapolitikFür Nouripour hat Klimaschutz auch wichtige wirtschaftspolitische Komponenten.[14] AußenpolitikIslamischer StaatIm September 2014 sprach sich Nouripour für Luftschläge gegen den Islamischen Staat aus, lehnte hingegen Waffenlieferungen an Kurden ab.[15] UkraineNouripour bezeichnete nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 Wirtschaftssanktionen gegen Russland als sinnvoll und notwendig und plädierte für eine EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine.[16] Er ist Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe.[17] Kurz nach der Bundestagswahl 2021 (vor Verhandlungen über eine Ampelkoalition) forderte er die SPD dazu auf, ihre Russland-Politik zu revidieren.[18][19] IsraelNouripour war bis Mitte 2020 im Beirat der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft tätig,[20] welche die gegen den Staat Israel gerichtete Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) unterstützt.[21][22][23] Im April 2013 brachte Nouripour gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage in den Deutschen Bundestag ein, die unter anderem auf eine Kennzeichnung landwirtschaftlicher und industrieller Güter aus israelischen Siedlungen abzielte, um für die Konsumenten erkennbar zu machen, ob das Produkt aus einer israelischen Siedlung oder von einem palästinensischen Produzenten in der Westbank stammt.[24] In der Bundestagsdebatte im Mai 2019 zum Thema BDS kritisierte Nouripour BDS-Aktionen, „die nichts mehr mit Kritik an der israelischen Politik zu tun haben“. Dass BDS-Unterstützer zum Boykott des Eurovision Song Contest in Tel Aviv aufgerufen hätten, spreche „Bände über den Charakter dieser Bewegung“.[25] IranIm Jahr 2020 lud Nouripour den „Rat zur Regulierung des Übergangs“ zu einem Treffen in den Deutschen Bundestag ein. Ziel des Ende 2019 von 50 iranischen Oppositionellen im Ausland gegründeten Rats zur Abschaffung der Islamischen Republik ist die Organisation eines geordneten Übergangs des Irans in eine Demokratie zur Vermeidung eines Bürgerkriegs. Vorstandsmitglied und stellvertretender Generalsekretär des Rats ist Mehran Barati, der Vater der Filmproduzentin und Drehbuchautorin Minu Barati.[26] Sozial- und WirtschaftspolitikZu den Hartz-IV-Gesetzen, die einst von den Grünen mit eingeführt wurden, äußerte Nouripour im Jahre 2022, dass die „Absicht an sich nicht falsch“ gewesen sei und dass die „Dynamisierung des Niedriglohnsektors“ durch die Einführung von Hartz IV „grundsätzlich eine richtige Idee“ gewesen sei. Das Problem an Hartz IV sei jedoch die Umsetzung gewesen.[27] Veröffentlichungen
MitgliedschaftenNouripour ist Mitglied des Vorstandes der Atlantik-Brücke[30] sowie Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag[31]. Zudem ist Nouripour Beisitzer im Vorstand der Deutschen Atlantischen Gesellschaft.[32] Bis Februar 2014[33] saß er mehrere Jahre lang im Beirat des Forums für interkulturellen Dialog e. V. (FID),[34] dessen Ehrenvorsitzender der islamische Prediger Fethullah Gülen war. Er ist Vorsitzender des bundesAdler e. V., des Fanclubs von Eintracht Frankfurt im Deutschen Bundestag, dessen Gründung er maßgeblich initiierte.[35] Nouripour ist außerdem Mitglied im Präsidium des Internationalen Bunds, einem freien Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit.[36] WeblinksCommons: Omid Nouripour – Sammlung von Bildern
Einzelnachweise
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