Olga BancicOlga Bancic, auch Olga Bančik, [russisch Гольда Ноих-Бенционовна Банчик) auch unter ihrem französischen nom de guerre Pierrette bekannt, (* 10. Mai 1912 in Chișinău, Russisches Reich; † 10. Mai 1944 in Stuttgart, Deutsches Reich) war eine rumänische Kommunistin, die für ihren Einsatz in der französischen Résistance während des Zweiten Weltkriegs bekannt geworden ist. Sie war Mitglied der Francs-tireurs et partisans – main-d’œuvre immigrée (FTP-MOI) in der Manouchian-Gruppe. ], geborene Golda Bancic (Frühes LebenBancic wuchs in Chișinău/Kischinjow in einer großen jüdischen Familie auf. Bessarabien gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zum russischen Zarenreich und wurde 1918 von Rumänien annektiert. Sie arbeitete schon mit zwölf Jahren in einer Matratzenfabrik. Weil sie an einem Streik teilnahm, wurde sie gemeinsam mit anderen trotz ihres Alters verhaftet und geschlagen.[1] Politische AktivitätenWegen ihrer Mitgliedschaft und ihres starken Engagements in der örtlichen Arbeiterorganisation (1933 bis 1939) wurde sie mehrmals verhaftet, sah dies aber als Berufsrisiko an. Sie wurde Mitglied der Rumänischen Kommunistischen Partei (PCR, Partidul Comunist Român). 1938 reiste sie nach Frankreich, wo sie Kontakte zu linken Aktivisten knüpfte und diesen half, während des Spanischen Bürgerkriegs Waffen für die Internationalen Brigaden nach Spanien zu schmuggeln.[2] Zu dieser Zeit war die PCR (Rumänische Kommunistische Partei) Repressalien ausgesetzt und spaltete sich in der Folge in mehrere Gruppierungen. Wie auch der Rumäne Gheorghe Gaston-Marin, der in Grenoble studiert hatte und ebenfalls Mitglied der Résistance wurde, wurde auch Bancic Mitglied der Französischen Kommunistischen Partei (parti communiste français). Heirat und FamilieIn Paris lernte sie Alexandru Jar, einen rumänischen Schriftsteller und kommunistischen Aktivisten kennen, den sie 1939 heiratete. Im gleichen Jahr gebar sie eine Tochter, die sie nach einer spanischen Freiheitskämpferin Dolores nannte.[3] Nach Beginn ihrer Tätigkeit in der Résistance als Mitglied der Immigranten-Gruppierung FTP-MOI gab sie ihre Tochter zu deren Schutz in die Obhut einer französischen Familie auf dem Land.[2] RésistanceNach der Besetzung von Paris durch die Wehrmacht[4] schloss sich Bancic gemeinsam mit ihrem Mann Jar der FTP-MOI (Francs-Tireurs et Partisans de la Main d’Oeuvre Immigrée) an, einer Immigrantengruppierung der französischen Résistance, die in Paris aktiv war. Das Paris der 1930er Jahre war ein kultureller Anziehungspunkt für Intellektuelle aus aller Welt. Zudem gab es viele Immigranten, die als Flüchtlinge gekommen waren, wie beispielsweise Armenier, die vor dem Genozid der Armenier in der Türkei 1915–1917 geflüchtet waren; Juden, die vor den Verfolgungen in Deutschland und Osteuropa geflüchtet waren sowie Kommunisten aus verschiedenen Ländern. Bancic gehörte der Manouchian-Gruppe der FTP-MOI an, einer bewaffneten Untergruppe, die von Missak Manouchian, einem armenischen Poeten, geführt wurde. Ihr nom-de-guerre, beziehungsweise Deckname war Pierrete. Sie baute Sprengsätze und transportierte diese gelegentlich in ihrem Kinderwagen. Insgesamt nahm sie an etwa hundert Sabotage-Aktionen gegen die Wehrmacht teil.
Frauen in der RésistanceFrauen in der Résistance hatten den taktischen Vorteil, dass sie in einer vorwiegend männlich geprägten Kampf- oder Kriegsumgebung (Militär und Widerstand) gewissermaßen „unsichtbar“ waren, d. h., sie konnten sich – ohne Verdacht zu erregen – unauffälliger als Männer in feindlich kontrolliertem Territorium bewegen, beispielsweise leichter Kontrollpunkte passieren etc.[2]
– French Historical Studies, Vol. 16, No. 1 (Spring, 1989), Paula Schwartz - Partisanes and Gender Politics in Vichy France, Zusammenfassung Verhaftung und TodAm 6. November 1943 wurde Olga Bancic in Paris von der Brigade spéciale n°2 des französischen Geheimdiensts bei einem Treffen mit Marcel Rayman gemeinsam mit diesem verhaftet.[5] Gleichzeitig, beziehungsweise innerhalb weniger Tage wurden auch Missak Manouchian und weitere 21 Männer ihrer Gruppierung verhaftet. Bancic wurde wie auch die anderen gefoltert, gab aber keine Informationen preis.[1] Zwischen dem 17. und dem 21. Februar 1944 wurden Bancic und die anderen 22 in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Die 22 Männer wurden noch am letzten Prozesstag durch ein Erschießungskommando im Fort Mont-Valérien hingerichtet.[6] Da ein französisches Gesetz das Füsilieren von Frauen verbot, wurde Bancic nicht hingerichtet, sondern später nach Stuttgart verbracht. In Stuttgart wurde Bancic erneut zum Tode verurteilt. Auch nach ihrer Verurteilung wurde sie noch gefoltert und schließlich am 10. Mai 1944, ihrem 32. Geburtstag, im Hof des Gefängnisses durch Enthaupten hingerichtet.[1] Die französischen und deutschen Behörden in Paris verbreiteten im Februar 1944 ein Propaganda-Plakat, auf dem die verhafteten und hingerichteten Mitglieder der Manouchian-Gruppe als Armée du crime (Armee des Verbrechens) verunglimpft wurden. Das Plakat wurde als L’affiche rouge bekannt und verfehlte seinen Zweck vollkommen; es wurde überall mit morts pour la France bekritzelt und diente als Inspiration für weiteren Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht. VermächtnisAbschiedsbrief an ihre TochterAm Abend vor ihrer Hinrichtung in Stuttgart gelang es Bancic, während des Transports zur Hinrichtungsstätte einen Abschiedsbrief an ihre Tochter durch das Fenster hinauszuwerfen. Der Brief war mit der Bitte versehen, ihn nach dem Krieg ihrer Tochter Dolores zukommen zu lassen. Der Brief wurde übermittelt und ist erhalten.[7][8][9] FamilieBancics Mann Alexandru Jar und ihre Tochter Dolores überlebten den Krieg. Jar kehrte nach Kriegsende mit seiner und Bancics Tochter Dolores nach Rumänien zurück, wo er wieder als Schriftsteller arbeitete. Am 15. Mai 1956 wurde er bei einer Sitzung der Mitglieder der Rumänischen Arbeiterpartei (so hieß die Rumänische Kommunistische Partei zwischenzeitlich bis 1965, danach wieder PCR), die Mitglieder des Schriftstellerverbandes waren, wegen „antiparteilicher“ Äußerungen aus der Partei ausgeschlossen. Rumänien der NachkriegszeitIm kommunistisch regierten Rumänien der Nachkriegszeit wurde Bancic als revolutionäre Heldin verehrt und es wurden in vielen Städten Straßen nach ihr benannt und kleine Denkmäler für sie errichtet. In den Schulen wurde sie als kommunistische Märtyrerin verehrt. Die rumänischen Kommunisten vereinnahmten ihr Andenken zu Propagandazwecken. Nach dem Sturz Nicolae Ceaușescus und dem Ende der kommunistischen Herrschaft 1989 wurden kommunistische Protagonisten verschmäht und entsprechende Denkmäler größtenteils entfernt, Straßennamen geändert. In Bukarest wurde die zwischen der Strada Polonă und der Strada C. Botez gelegene Olga-Bancic-Straße (Strada Olga Bancic) 1995 in Alexandru-Philippide-Straße (Strada Alexandru Philippide) umbenannt und eine Gedenktafel, die an Olga Bancic erinnerte, von einem der Häuser entfernt. Die Tafel enthielt folgenden Text:
– Bedros Horasangian, „Caragiale, go home!“, erschienen in Ziua am 29. Juni 2005; antifa.ro, Blog, Foto der Tafel FrankreichIn Paris, an der Wand des Hauses 19, rue au Maire, 3ème, Paris befindet sich eine Gedenktafel, die an die Résistance-Gruppe Francs-tireurs et partisans (FTP/MOI) erinnert, auf der auch Olga Bancic eingetragen ist.[12]
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