Obrana národaObrana národa (ON; deutsch Verteidigung der Nation) war eine der drei wichtigsten nichtkommunistischen tschechoslowakischen Widerstandsgruppen im Protektorat Böhmen und Mähren, die sich ca. ab Sommer 1939 gebildet und Anfang 1940 zu der Dachorganisation des Widerstands ÚVOD zusammengeschlossen haben. Sie bestand vorwiegend aus ehemaligen Offizieren der tschechoslowakischen Armee und war dadurch professionell strukturiert und organisiert. In der Widerstandsgruppe befanden sich viele prominente Persönlichkeiten, unter anderem der 1942 hingerichtete Ministerpräsident des Protektorats Böhmen und Mähren General Alois Eliáš. Durch ihre Verbindung zur tschechoslowakischen Exilregierung in London spielte sie im Zusammenschluss der illegalen Untergrundbewegungen ÚVOD eine herausragende Rolle. GeschichteNach der politischen Entscheidung, sich der Besetzung des Landes durch die Wehrmacht am 15./16. März 1939 infolge des Münchner Abkommens militärisch nicht zu widersetzen, standen den Offizieren und Soldaten der nicht mehr existenten tschechoslowakischen Armee zwei Wege offen: einige flüchteten aus dem besetzten Land, lange Zeit nur in den Westen (Frankreich, Großbritannien), wo sie sich den Einheiten der tschechoslowakischen Exilarmee anschlossen, andere nahmen dann am illegalen Widerstand im Protektorat teil und bauten eine geheime Armee auf.[1] Bereits im März 1939 entstanden die ersten lokalen konspirativen Zellen, die sich bis zum Sommer zu einer Widerstandsorganisation zusammenschlossen. Die Gründung einer geheimen Untergrundarmee geht auf eine Idee der Generäle Josef Bílý, Sergej Vojcechovský und Sergěj Ingr zurück.[2] Zu den Initiatoren gehörten ferner Teile des Generalstabs und höhere Offiziere, denen sich dann ehemalige Offiziere und Unteroffiziere, Angehörige der Polizeikräfte, ehemalige Legionäre und Angehörige der bewaffneten Einheiten des Finanzministeriums anschlossen. Es entstand eine hierarchische Befehlsstruktur mit einem Generalstab und Landesleitungen für Böhmen, Mähren und Prag.[3][4] Bei dem Aufbau spielte eine besondere Rolle die sogenannte Liquidationsgruppe des Verteidigungsministeriums, welche die Eingliederung des Militärpersonals ins zivile Leben durchführen sollte und dies im Sinne der ON machte. Von Bedeutung war auch die aktive Teilnahme der Offiziere der tschechoslowakischen militärischen Nachrichtendienste, der sogenannten „Zweiten Abteilung des Generalstabs“. Der militärischen wie politischen nachrichtendienstlichen Tätigkeit der ON wurde ebenfalls eine hohe Priorität beigemessen.[1] Die Bewaffnung geschah aus Beständen der tschechoslowakischen Armee, die vor dem Zugriff der Wehrmacht gerettet wurden, viele Waffen wurden in der Folgezeit beispielsweise von den Arbeitern der Rüstungswerke wie Zbrojovka Brno usw. vermittelt.[5] VerhaftungswellenObwohl die Obrana národa die größte Widerstandsorganisation des tschechoslowakischen Widerstandes war, musste sie mehrere Verhaftungswellen verkraften, die ihre Schlagkraft teilweise wesentlich schwächten. Der Gestapo gelang es bereits früh, in die Strukturen der ON einzudringen, so dass im Herbst 1939 und Anfang 1940 die ersten Verhaftungen erfolgen konnten, die viele Hunderte Personen trafen, darunter die Führungsebene der Widerstandsorganisation. Viele der Verhafteten wurden bei Verhören gefoltert, in Konzentrationslager deportiert, einige zum Tode verurteilt und hingerichtet. Durch diese Verhaftungen wurden zahlreiche Verbindungen zu und zwischen den lokalen Gruppen zerstört. Ein weiterer Schlag geschah durch die zweimalige Ausrufung des Standrechts 1941 und 1942 nach dem Attentat auf Heydrich. Das führte zu weiteren umfangreichen Verhaftungen und vielen Hinrichtungen. Nach der Verhaftung von General Bedřich Homola im Dezember 1941, der an der Spitze von ON stand, wurde durch den General Zdeněk Novák die Struktur im Zeitraum 1942/1943 neu aufgebaut. Auch er wurde jedoch im Juni 1944 verhaftet und musste durch General František Slunečko ersetzt werden.[2][5] Obwohl die Widerstandsgruppe wesentlich geschwächt wurde und sich nicht, wie ursprünglich geplant, in vollem Umfang und als treibende Kraft beim Ausgang des Krieges an den Aktionen gegen die deutsche Besatzungsmacht beteiligen konnte, konnte sie dennoch in die Ereignisse des Maiaufstandes 1945, die vielfach unkoordiniert verliefen, eingreifen. In einigen Gebieten des Protektorats wurden die Aktionen von Offizieren der Obrana národa geleitet. In Prag war es beispielsweise General Slunečko, der aus den übriggebliebenen Widerstandskämpfern und Teilen der bisherigen bewaffneten Einheiten wie Polizei, die nicht mehr im Dienste des Protektoratsmacht stehen wollten, kurzfristig die Gruppe ALEX formierte und am Maiaufstand 1945 aktiv teilnahm. Im Prager Aufstand war es die Widerstandsgruppe Bartoš, geführt von General Karel Kutlvašr und Oberstleutnant František Bürger-Bartoš. Im Südwesten von Böhmen (Domažlice, Klatovy und Strakonice) wurde der Aufstand durch die Einheiten der Niva geleitet, die aus den dortigen Resten der ON entstand.[2][6][7][8] TätigkeitDie anfängliche Hoffnung, es ließe sich bald ein allgemeiner Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht herbeiführen, erwies sich als eine Illusion und wurde als solche bald erkannt. Stattdessen konzentrierte sich Obrana národa auf längerfristigere Aufgaben.
Einige Mitglieder der Widerstandsgruppe wurden später mit der Verlegung von Stolpersteinen geehrt. Organisations- und KommandostrukturEs entstand eine hierarchische Befehlsstruktur mit einem Generalstab an der Spitze und den Landesleitungen für Böhmen, Mähren und Prag, darunter gab es die Leitungen für Kreise (mit insgesamt 13 Divisionen), Bezirke (Regimenter) und lokal befehligte Bataillone, Kompanien und Züge; die Landesleitungen errichteten Fachabteilungen für Sabotage, Spionage, Funk- und Kurierverbindungen.[1][6][9] Das Hauptkommando der Obrana národa entstand bereits im August 1939. An seiner Spitze stand als Befehlshaber General Josef Bílý, Generalstabschef war Čeněk Kudláček; die Landesleitungen für Böhmen oblag General Hugo Vojta (später Václav Šára), für Mähren General Bohuslav Všetička (der den emigrierten Sergěj Ingr ersetzte) und für Prag General Bedřich Homola.[2][3][6] Es gab folgende Befehlshaber der Widerstandsgruppe[1][2][6][9]:
Der Generalstab bestand aus[1][2][6][9]:
Die Verbindungsoffiziere der Obrana národa in der Dachorganisation ÚVOD waren Josef Balabán und Josef Churavý. Weitere bekannte Mitglieder der GruppeViele Mitglieder der früheren Generalität arbeiteten in der Organisation auf verschiedenen Posten, unter anderem:
Das Portal Codyprint, das sich mit der Rolle der Generalität in der Widerstandsbewegung gegen den Nationalismus beschäftigt, zählt hier insgesamt 32 Generäle, die hingerichtet wurden oder im Kampf gestorben sind.[2] Siehe auchEinzelnachweise
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