Oberwachtmeister Schwenke

Film
Titel Oberwachtmeister Schwenke
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1935
Länge 93 Minuten
Stab
Regie Carl Froelich
Drehbuch R. A. Stemmle, E. Freiherr v. Spiegel
Produktion Carl Froelich
Musik Hansom Milde-Meißner
Kamera Emil Schünemann
Schnitt Gustav Lohse
Besetzung

außerdem Valy Arnheim, Rudolf Biebrach, Will Kaufmann, Maria Krahn, Anna Müller-Lincke, Hans Paschen, Georg H. Schnell und Leo Sloma.

Oberwachtmeister Schwenke ist der Titel eines deutschen Polizei-Tonfilms,[1] den Carl Froelich 1934 nach einem Drehbuch, das Robert A. Stemmle mit E. Freiherr von Spiegel[2] nach dem 1933 erschienenen Roman von Hans Joachim von Reitzenstein[3] geschrieben hatte, in seiner eigenen Produktionsfirma Froelich-Film GmbH in Berlin mit Gustav Fröhlich in der Titelrolle realisierte. An seiner Seite sah man Marianne Hoppe und Sybille Schmitz. In einer Rolle als Bankiersgattin wirkte Emmy Sonnemann, nachmals Ehefrau des nationalsozialistischen Reichskommissars für Luftfahrt, Reichsminister Hermann Göring, mit.

Handlung

In seinem Viertel in Berlin ist der junge Oberwachtmeister Schwenke überaus beliebt und immer gern gesehen. Zu jedem ist er charmant, freundlich und hilfsbereit, was den Polizisten zum Schwarm so manchen Mädchens macht. Dies gilt besonders für das Blumenmädchen Maria, Schwenke aber hat ein Auge auf die schüchterne Erna Zuwade geworfen. Doch Erna ist in dunkle Machenschaften verwickelt. Der betrügerische Karl Franke benutzt sie, um den Bankier Wenkstern und dessen Devisenschiebereien auszuspionieren, damit er ihn erpressen kann. Schwenke kommt dem Bankier zwar auf die Spur, doch von der Erpressung und der Beteiligung Ernas ahnt er noch nichts.

Als jedoch Erna eines Tages ermordet aufgefunden wird, weil Franke sich der Mitwisserin entledigen wollte, wandelt Schwenke sich vom gutherzigen Schutzmann zum gnadenlosen, rachesuchenden Verbrecherjäger. Nicht eher will er ruhen, bis er den Mann gefunden hat, der für den Tod Ernas verantwortlich ist.

(Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung)

Hintergrund

Die Dreharbeiten dauerten von Oktober bis Dezember 1934 und fanden in der Umgebung von Berlin sowie im Froelich-Atelier in Berlin-Tempelhof[4] statt. An der Kamera stand Emil Schünemann, Tonmeister war Hans Grimm. Die Bauten erstellte Franz Schroedter, assistiert von Walter Haag. Die Requisiten verwaltete Karl Fleschner, Maskenbildner waren Max Patyna und Bruno Cieslewicz. Die Garderobe besorgten Elise Bollenhagen und Edwin Stempel. Beratung in Fragen des Polizeiwesens gewährte Adalbert Quasbarth, Major der Schutzpolizei.[5] Hugo Froelich, der zehn Jahre jüngere Bruder von Carl, war Aufnahmeleiter und spielte eine kleine Rolle als Kellner. Die Produktion leitete Friedrich Pflughaupt.

Die Illustrationsmusik komponierte Hansom Milde-Meißner, Willy Richartz schrieb den Tonfilmschlager “Mädels jetzt ist Damenwahl!”, zu dem Klaus S. Richter den Text dichtete. Das Lied wurde rasch beliebt und erschien mehrfach auch auf der Grammophonplatte.[6]

Der Zensur lag der Film am 12. Januar 1935 vor. Unter der Nummer B.38228 wurde er mit Jugendverbot belegt. Die Uraufführung fand am 14. Januar 1935 in Berlin im Ufa-Palast am Zoo statt. In Österreich wurde der Film unter dem Titel „Der Vielgeliebte“ gezeigt.[7] Die Alliierte Militärzensur verbot im Juni 1945 die Aufführung des Films ganz.[8]

Rezeption

Joseph Goebbels fand Oberwachtmeister Schwenke in seinem Tagebucheintrag vom Montag, den 14. Januar 1935 „sehr mittelmäßig ; Polizeifilm mit Stuntmann“[sic].[9] Wolf von Niebelschütz schrieb eine Rezension des Films am 23. Januar 1935 in der Magdeburger Zeitung. S. 7.[10] Der deutschnationale Journalist Adolf Stein glossierte den Film im 15. Band seiner „Rumpelstilzchen“-Reihe.[11]

Der Film, der „das Lob des einfachen Polizisten sang“,[12] erwies sich jedoch als Kassenerfolg. Bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig 1935 wetteiferte „Il poliziotto Schwenke“ sogar um den Mussolini-Pokal (coppa Mussolini) als ‚bester ausländischer Film‘ neben Werner Hochbaums „Vorstadtvarieté“[13] und Erich Engels… nur ein Komödiant“.[14]

Wie bereits im stummen Film Asphalt von Joe May gerät Gustav Fröhlich auch im Tonfilm Oberwachtmeister Schwenke als Polizeibeamter bei der Aufklärung eines Falles in einen Konflikt zwischen Liebe und Dienstauffassung.[15] Die Pflicht siegt. Von der Anziehungskraft auf die „Mädels“, mit der ihn die Natur ausgestattet hat, darf er von Dienstes wegen keinen Gebrauch machen. „Bravourös besteht er alle Anforderungen, die an einen Streifenpolizisten im Berliner Winter um den Jahreswechsel 1932/33 gestellt werden: politische Unruhen, Einbrüche, Autodiebstahl usw.“[16]

In seinen Erinnerungen „Waren das Zeiten“ zitiert Hauptdarsteller Gustav Fröhlich den Regisseur des Films, Carl Fröhlich, bezüglich des Charakters des Oberwachtmeisters als „janz und jar nicht […] aufjeblasenen Hans Dampf in allen Gassen […] hoppla, jetzt komm ich und so. . .! Nee, Schwenke is eher een unauffälliger, braver, tüchtiger, zuverlässiger Beamter der Polizei“.[17]

Unter dem Titel Oberwachtmeister Borck drehte Gerhard Lamprecht 1955 ein Remake des Films mit Gerhard Riedmann in der Titelrolle. Der Kabarettist Wolfgang Neuss hatte darin eine kleine Rolle als „Toto-Krüger“.[18]

Siehe auch

Literatur

  • Friedemann Beyer: Schöner als der Tod. Das Leben der Sybille Schmitz. Verlag Belleville, 1998, ISBN 3-923646-72-0, S. 54–55, 83.
  • Gustav Fröhlich: Waren das Zeiten (= Ullstein-Bücher, Allgemeine Reihe. Band 22061). Verlag Ullstein, 1989, ISBN 3-548-22061-4.
  • Alan Goble: The Complete Index to Literary Sources in Film. Verlag Walter de Gruyter, 1999, ISBN 3-11-095194-0.
  • Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil 1: Aufzeichnungen 1923–1941. Band 3.1: April 1934 – Februar 1936. Verlag Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-598-23730-8.
  • Hilmar Hoffmann, Walter Schobert (Hrsg.): Zwischen gestern und morgen. Westdeutscher Nachkriegsfilm 1946–1962: Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main. Ausstellung/Filme 25.05-30-08.1989. (= Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums Frankfurt). Deutsches Filmmuseum, 1989, ISBN 3-88799-025-0, S. 129.
  • Jürgen Israel, Peter Walther: Musen und Grazien in der Mark. Band 2: Ein historisches Schriftstellerlexikon. Lukas Verlag, 2002, ISBN 3-931836-69-X.
  • Ulrich J. Klaus: Deutsche Tonfilme: Filmlexikon der abendfüllenden deutschen und deutschsprachigen Tonfilme nach ihren deutschen Uraufführungen. Band 6, Verlag Klaus-Archiv, 2006, S. 152f.
  • Gabriele Lange: Das Kino als moralische Anstalt: soziale Leitbilder und die Darstellung gesellschaftlicher Realität im Spielfilm des Dritten Reiches (= Münchner Studien zur neueren und Neuesten Geschichte. Band 7). Verlag Peter Lang, 1994, ISBN 3-631-45864-9, S. 103.
  • Joachim Lindner: Polizei und Strafverfolgung in deutschen Kriminalromanen. In: Michael Walter, Harald Kania, Hans-Jörg Albrecht: Alltagsvorstellungen von Kriminalität: individuelle und gesellschaftliche Bedeutung von Kriminalitätsbildern für die Lebensgestaltung. (= Forschung aktuell/ Band 5 von Kölner Schriften zur Kriminologie und Kriminalpolitik. Band. 11). LIT Verlag Münster, Verlag 2004, ISBN 3-8258-6646-7, S. 97–98, 104, 113.
  • Michael Schweizer: Wolf v. Niebelschütz, das Frühwerk: die journalistischen Arbeiten 1932–1944, die Gedichte, die Erzählung "Verschneite Tiefen". Dissertationsverlag NG-Kopierladen, 1994, ISBN 3-928536-24-9.
  • Gerd Stein: Adolf Stein alias Rumpelstilzchen: "Hugenbergs Landsknecht" – einer der wirkungsmächtigsten deutschen Journalisten des 20. Jahrhunderts. LIT Verlag Münster, 2014, ISBN 978-3-643-12646-7.
  • Manfred Weihermüller, Heinz Büttner: Deutsche National-Discographie. Discographie der deutschen Kleinkunst. Band 6, Verlag B. Lotz, Bonn 2002, ISBN 3-9805808-7-3.

Einzelnachweise

  1. Ein weiterer solcher Tonfilm, der, ebenfalls mit Stemmle als Drehbuchautor und diesmal auch als Spielleiter, die Polizei in Berlin ins Bild rückte, war “Gleisdreieck” von 1936. Vgl. Film-Dienst, Band 43, Ausgaben 9–26, Katholische Filmkommission für Deutschland, 1990, S. 37 und filmportal.de, Titel des Jllustrierten Film-Kurier abgeb. bei wordpress.com
  2. Edgar von Spiegel von und zu Peckelsheim (* 9. Oktober 1885 in Padrojen, Landkreis Insterburg; † 15. Mai 1965 in Bremen), U-Bootkommandant im Weltkrieg und Schriftsteller, war auch beteiligt an den Drehbüchern zu den patriotisch gestimmten Tonfilmen “Morgenrot” (Gustav Ucicky 1933) und “Volldampf voraus!” (Carl Froelich 1934), vgl. IMDb
  3. vgl. Israel-Walter S. 113 u. 229. Goble S. 891. Illustrierte Titelseite des zuerst in Fortsetzungen in der Berliner Illustrirten erschienenen Romans abgeb. bei abebooks.com (aufgerufen 28.03.17)
  4. vgl. cinegraph.de
  5. zu diesem vgl. Wolfgang Curilla: Der Judenmord in Polen und die deutsche Ordnungspolizei 1939–1945. Verlag Ferd. Schöningh, 2011, ISBN 978-3-506-77043-1, S. 366 u. 377.
  6. vgl. Weihermüller-Büttner S. 1570.
  7. vgl. Illustrierter Film-Kurier. (Wien) Nr. 1031, IMDb/releaseinfo
  8. vgl. Liste der unter alliierter Militärzensur verbotenen Filme.
  9. Hermann u. a., Tagebücher S. 167.
  10. vgl. Schweizer S. 137.
  11. vgl. Gerd Stein: Adolf Stein alias Rumpelstilzchen. 2014, S. 123 zu Band 15, Glosse 15.
  12. vgl. Lindner in: Walter u. a., S. 98; ähnlich Beyer S. 54: „Film, der das hohe Lied des integren deutschen Polizisten singt.“
  13. in Deutschland als „Die Amsel von Lichtental“ gezeigt, vgl. filmportal.de
  14. vgl. IMDb.com
  15. Lange S. 103.
  16. vgl. Lindner in: Walter u. a., S. 97.
  17. vgl. Fröhlich S. 213.
  18. s. IMDb und filmportal.de