Niederdeutscher BühnenbundIm Niederdeutschen Bühnenbund (NBB) ist die Mehrzahl der niederdeutschen Bühnen organisiert. Er wurde 1927 gegründet und besteht heute in den drei Niederdeutschen Bühnenbünden Niedersachsen und Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern fort. EntstehungFeste Strukturen bekam das niederdeutsche Theaterspiel der Neuzeit 1919 mit der Gründung der Niederdeutschen Bühne Hamburg (heute Ohnsorg-Theater), die aus Richard Ohnsorgs Dramatischer Gesellschaft hervorging. In der Folge gründeten sich in den 1920er Jahren viele weitere niederdeutschen Bühnen, wie 1920 in Bremen-Rablinghausen, Oldenburg und Leer, 1922 in Stade, 1923 in Aurich, 1927 in Delmenhorst, 1928 in Varel und Gröpelingen und 1932 in Brake und Rüstringen (heute Wilhelmshaven).[1] Am 4. Oktober 1924 trafen sich rund 70 Teilnehmer zur Bestandsaufnahme über das niederdeutsche Bühnenwesen in der Hamburger Universität. Das Treffen war der erste Niederdeutsche Bühnentag. Die Gründung eines Archivs für niederdeutsche Bühnenkunde am Germanischen Seminar der Universität Hamburg und die Einrichtung einer Zeitschrift für niederdeutsche Literatur und Bühnenkunst, Schimmelreiter, wurden beschlossen. Gründung Dachorganisation BühnenbundDie Gründung der Dachorganisation Niederdeutscher Bühnenbund erfolgte am 25. September 1927 im Rahmen des dritten Niederdeutschen Bühnentages in Oldenburg durch Vertreter von 18 Niederdeutschen Bühnen. Der Gründungsvorstand bestand aus Klaus Witt (Niederdeutsche Bühne Flensburg), der Obmann wurde, August Frese (Niederdeutsche Bühne Oldenburg, später August-Hinrichs-Bühne), Karl Krickeberg (Niederdeutsche Bühne Rostock) und Bruno Peyn (Hamburg). Der Zweck des Bühnenbundes war, die Verbindung zwischen den einzelnen Niederdeutschen Bühnen herzustellen und die Interessen der Niederdeutschen Bühnen zwischen den Bühnentagen zu vertreten. Der Bühnenbund reichte von Emden bis Stralsund. Dieser Einzugsbereich war sehr groß, so dass schnell auch Regionalisierungstendenzen stattfanden. So gründete sich Anfang der 1930er Jahre unter Leitung des Oldenburgers Fritz Hoopts die „Westgruppe“. Sie war damit der direkte Vorläufer des heutigen Niederdeutschen Bühnenbundes Niedersachsen und Bremen. Aufgrund des Mangels von Spielmöglichkeiten der Bühnen ab 1943 kam die Tätigkeit der niederdeutschen Bühnen des Bühnenbundes zum Erliegen. Der Bühnenbund gründete sich neu am 1. Juni 1947 in Lübeck durch Vertreter von 26 Niederdeutschen Bühnen. Es wurde festgelegt, dass nur Berufsbühnen und qualitativ anerkannte niederdeutsche Amateurbühnen, die sich Niederdeutsche Bühne nennen durften, Mitglieder des Bühnenbundes sein konnten, nicht aber Speeldeelen und Spielscharen. Die Aufnahme in den Bühnenbund war an einen Qualitätsnachweis gebunden, der in Form einer Inszenierung aus dem laufenden Spielbetrieb zu erbringen war. Bestrebungen den Namen Niederdeutsche Bühne rechtlich zu schützen wurden unternommen, aber nicht zu Ende geführt. 1948 hatte der Bühnenbund noch eine einheitliche Organisation und seine höchste Mitgliederzahl mit drei Berufsbühnen, das Ohnsorg-Theater in Hamburg und die Niederdeutschen Bühnen in Kiel und Bremen sowie 37 Niederdeutsche Bühnen im Amateurstatus. Regionalisierung des BühnenbundesBereits am 6. September 1947 begann in Braunschweig wieder eine Regionalisierung des Bühnenbundes, da sich die Landesgruppe Niedersachsen unter der Leitung von Obmann Heinz Ohlendorf von der Niederdeutschen Bühne Braunschweig gründete. Am 21. April 1951 kam das Bundesland Bremen hinzu und es gründete sich die Landesgruppe Niedersachsen und Bremen. Erster Obmann wurde Carl Hinrichs aus Oldenburg, Stellvertretender Obmann und Kassenführer wurde Willy Beutz aus Wilhelmshaven, Schriftführer wurde Walter Ernst aus Bremen. Am 10. Juni 1961 wurde Willy Beutz zum Vorsitzenden und Walter Ernst zum stellvertretenden Vorsitzenden der Landesgruppe gewählt. Im März 1964 wurde die Organisationsform des Bühnenbundes geändert. Das Präsidentenamt wurde abgeschafft, weil es nur noch zu Repräsentationszwecken diente. Im Vorsitz des Bühnenbundes wechselten sich die jeweiligen Landesvorsitzenden ab. Am 6. Februar 1971 fand eine weitere, letzte organisatorische Änderung statt. Die Satzung des Bühnenbundes wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1971 außer Kraft gesetzt. Die Funktionen des bisherigen Präsidiums fielen auf die Landesgruppen, die selbständig in eigener Verantwortung als Niederdeutscher Bühnenbund Niedersachsen und Bremen und Niederdeutsche Bühnenbund Schleswig-Holstein wirkten und dabei eine gewisse Form der Dachorganisation beibehielten, in dem jährliche Arbeitstreffen auf Vorstandsebene stattfinden und alle drei Jahre ein Großer Gemeinsamer Bühnentag aller Bühnenbünde stattfindet. Nach 1989 hat sich aus den Niederdeutschen Bühnen des Landes Mecklenburg-Vorpommern der Niederdeutsche Bühnenbund Mecklenburg-Vorpommern gegründet, der sich der lockeren Form der Zusammenarbeit der beiden anderen Bühnenbünde Schleswig-Holstein und Niedersachsen und Bremen angeschlossen hat.[2] Immaterielles Kulterbe2014 wurde aufgrund des länderübergreifenden Antrages der drei Niederdeutschen Bühnenbünde Niedersachsen und Bremen (federführend), Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das Niederdeutsche Theater von der Deutschen UNESCO-Kommission e. V. in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.[3] Das Expertenkomitee würdig damit die lebendige Weitergabe von Tradition mit lokal-regionaler Verankerung. Rostocker ResolutionDie Niederdeutschen Bühnenbünde von Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen-Bremen und Schleswig-Holstein verabschieden anlässlich ihrer gemeinsamen Tagung am 7. Juni 2015 die nachfolgende Erklärung: Das Niederdeutsche Theater steht seit 2014 auf der deutschen Liste nach der UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes. Rund 4.000 Gruppen mit 40.000 bis 50.000 Mitwirkenden sind derzeit aktiv in das vielfältige und lebendige plattdeutsche Bühnenangebot eingebunden. Die Zukunft vieler Theatergruppen, insbesondere in ländlichen Regionen ist aufgrund des fortdauernden Strukturwandels und der demographischen Entwicklung erheblich gefährdet. Nur dem verstärkten Einsatz der Bühnenvorstände vor Ort und der drei Bühnenbünde ist es zu verdanken, dass das Niederdeutsche Theater seinen anerkannten kulturellen Auftrag erfüllen kann. Die Vertreter der Bühnen und ihrer Dachorganisationen sind dankbar für die bisher gewährten Formen staatlicher Unterstützung. Die Niederdeutschen Bühnenbünde sehen in diesem nationalen Eintrag eine Anerkennung ihrer zumeist ehrenamtlich geleisteten Arbeit. Unzweifelhaft aber verpflichtet der Status „Weltkulturerbe“ sowohl die Bühnen und ihre Organisationen wie auch den Bund, die Länder und Gemeinden in ganz besonderer Weise. Die Niederdeutschen Bühnenbünde fordern die kulturpolitisch Verantwortlichen beim Bund, in den Ländern und Gemeinden auf, den kulturellen Wert der niederdeutschen Bühnenarbeit anzuerkennen, ihre Kontinuität zu gewährleisten und ihre Zukunft sicherzustellen. Die Aufmerksamkeit ist dabei in gleicher Weise auf das Theaterspiel wie auf die plattdeutsche Sprache zu richten. Die Niederdeutschen Bühnenbünde und das Institut für niederdeutsche Sprache sind mit ihren Strukturen und Kompetenzen in besonderer Weise gefordert. Bund, Länder und Kommunen mögen Sorge tragen für ein Gesamtkonzept zur Sicherung und zum Ausbau des niederdeutschen Theaters.[4] Gemeinsame Bühnentagemit Schleswig-Holstein der drei Bühnenbünde MitgliederNiedersachsen und Bremen
Die Niederdeutsche Bühne Buxtehude „Speeldeel van de Est“ hat den Bühnenbund verlassen, da sie nicht die notwendigen zwei Inszenierungen pro Jahr im Spielplan hat. Die Mitgliederversammlung der Niederdeutschen Bühne „Speeldeel“ Jever e. V. hat am 26. Mai 2011 die Auflösung des Vereins beschlossen. Schleswig-Holstein
Mecklenburg-Vorpommern
Allgemeines und ZieleDer Bühnenbund wird bereits seit 1953 vom Land Niedersachsen gefördert. Seit vier Jahren als Teil der Säule Kulturelles Erbe über den Niedersächsischen Heimatbund. Die ihm angeschlossenen Bühnen und Theater sind eigenständig und arbeiten überwiegend unter professioneller Anleitung und erfüllen ihre Aufgabe auf ideeller und gemeinnütziger Basis. Der Bund will über das Theaterspiel die Erhaltung und Pflege der Niederdeutschen Sprache sowie das niederdeutsche Schauspiel und Drama fördern. Weiterhin veranstaltet er Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Atem und Phonetik, Beleuchtung, Bühnenbildgestaltung und -bau, Dramaturgie, Schminken und Maske, Regie, Gesang und Schauspielunterricht. Zur Verbesserung der darstellerischen Qualität werden zusätzlich Berufsregisseure für die dem Bühnenbund angeschlossenen Bühnen verpflichtet. Seit 2008 veranstaltet der Bühnenbund regelmäßig Theatertreffen mit den Theaterschulen für Kinder und Jugendliche der dem Bühnenbund angeschlossenen Bühnen und Theater. Bisherige Treffen
Präsidenten des Bühnenbundes Niedersachsen und Bremen
Fachgruppe Niederdeutsche BühnenDie sieben angeschlossenen Bühnen und Theater des Oldenburger Landes (Brake, Delmenhorst, Neuenburg, Nordenham, Oldenburg, Varel und Wilhelmshaven) bilden zugleich die Fachgruppe Niederdeutsche Bühnen der Oldenburgischen Landschaft. Besucher, Inszenierungen, Aufführungen
| 2020 wegen Corona-Pandemie deutlich geringere Spieltätigkeit Willy-Beutz-SchauspielpreisWilly Beutz, früher Präsident des Niederdeutschen Bühnenbundes Niedersachsen und Bremen, stiftete 1975 Willy-Beutz-Preis zur Förderung des Niederdeutschen Schauspiels, ein Wanderpreis verbunden mit einem Geldbetrag.[8] Erster Preisträger war 1977 die Niederdeutsche Bühne Cuxhaven.[9] Der Preis, inzwischen eine Wandertafel verbunden mit dem Geldpreis, wird alle zwei Jahre vergeben. Prämiert werden Inszenierungen von Schauspielen und Dramen von Mitgliedsbühnen des Bühnenbundes in der von einer Fachjury begutachtet Rangfolge. Seit 2010 werden der 1. bis 3. Preis vergeben. Der Plätze werden jeweils mit 3.000, 2.000 und 1.000 Euro honoriert. Träger des 1. Preises
Karl-Mahnke-TheaterpriesDer Theaterverlag Mahnke und die Niederdeutschen Bühnenbünde haben gemeinsam den Karl-Mahnke-Theaterpries für niederdeutsche Nachwuchsautoren bis 35 Lebensjahre ausgeschrieben. Der erste „Karl-Mahnke-Theaterpries“ wurde anlässlich des großen gemeinsamen Bühnentages der Norddeutschen Bühnenbünde von Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern in Flensburg am 18. Mai 2012 an Felix Borchert aus Schleswig-Holstein für sein Schauspiel „Fastbunnen“ vergeben. „Die ungewöhnliche dramaturgische Gestaltung, das provokante Thema und die geschickt eingesetzten stilistischen Mittel machen das Stück zu einem außergewöhnlichen Theatertext“, urteilte die achtköpfige Jury. „Fastbunnen“ zeigt die Geschichte einer jungen Frau, die nach Freiheit strebt und deren Welt dadurch mit katastrophalen Folgen auf den Kopf gestellt wird.[12]
Theaterfestival „Neue Niederdeutsche Dramaturgie“Im Mai 2018 (25. – 27. Mai 2018) fand im Stadttheater Cuxhaven das 1 Theaterfestival Neue Niederdeutsche Dramaturgie statt. Im Mittelpunkt des Theaterfestivals standen sechs Inszenierungen von Ur- und Erstaufführungen von vier Niederdeutschen Bühnen und Theatern im Bereich des Bühnenbundes: Dat Vermächtnis van de Falkenborg vom Niederdeutschen Theater Delmenhorst, eine Aufführung der Jungs un Deerns, Honnig in’n Kopp vom Niederdeutschen Theater Neuenburg, Treck den Stecker ruut, dat Water kaakt vom Niederdeutschen Theater Braunschweig, My Fair Lady op Platt vom NT Delmenhorst, Bi mi to Huus, Klock fief? vom Theater am Meer in Wilhelmshaven und die Jugendgruppe des Kolping-Theaters in Haselünne mit An de Arche Klock acht. Ferner wurden vier Darstellerpreise vergeben: Bester Darsteller in einer Hauptrolle: Fentke Stolle vom Niederdeutschen Theater Delmenhorst für die Rolle der Eliza in My Fair Lady op Platt und Dieter Trey vom Niederdeutschen Theater Neuenburg für die Rolle des Amandus in Honnig in’n Kopp. Jule Petershagen vom Niederdeutschen Theater Delmenhorst für eine Rolle in Dat Vermächtnis van de Falkenborg und Tammo Albers vom Niederdeutschen Theater Delmenhorst als Doolittle in My Fair Lady op Platt wurden als beste Darsteller in einer Nebenrolle ausgezeichnet.[13] Im Mai 2020 ist in Delmenhorst das 2. Theaterfestival Neue Niederdeutsche Dramaturgie geplant. Einzelnachweise
WeblinksKoordinaten: 53° 8′ 32,4″ N, 8° 11′ 38,5″ O |