Natriumpicosulfat

Strukturformel
Strukturformel von Natriumpicosulfat
Allgemeines
Freiname Natriumpicosulfat
Andere Namen
  • Dinatrium-4,4'-(2-pyridylmethylen)diphenylbis(sulfat) (IUPAC)
  • Natrii picosulfas (Latein)
Summenformel C18H13NNa2O8S2
Kurzbeschreibung

Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 10040-45-6
EG-Nummer 233-120-9
ECHA-InfoCard 100.030.097
PubChem 68654
ChemSpider 61910
DrugBank DB09268
Wikidata Q410265
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A06AB08

Wirkstoffklasse

Laxantien

Eigenschaften
Molare Masse 481,41 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

272–275 °C (Zersetzung)[2]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser, schwer löslich in Ethanol 96 %[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[3]
Toxikologische Daten

17 g·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Natriumpicosulfat ist ein Arzneistoff und gehört zur Wirkstoffklasse der Laxativa. Die Anwendung kann kurzzeitig bei Verstopfung und bei Erkrankungen erfolgen, die einen erleichterten Stuhlgang erfordern.

Die gewünschte Wirkung tritt ca. 6 bis 12 Stunden nach der oralen Verabreichung ein.[4]

Entdeckung

Der Wirkstoff ist eine Weiterentwicklung des Abführmittels Bisacodyl. Während dieses Carbonsäureester-Funktionen besitzt, ist Natriumpicosulfat ein wasserlösliches Salz und hat daher ein verändertes pharmakologisches Wirkungsprofil. Die Verbindung wurde von Gianfranco Pala im Istituto de Angeli S. p. A. in Mailand synthetisiert und neben weiteren Verbindungen 1966 als Laxans zum Patent angemeldet.[5] Synthesen wurden von Pala und Mitarbeitern 1968 in der Zeitschrift Helvetica Chimica Acta sowie Tetrahedron publiziert.[6][7]

Das Sulfat wurde aus dem Diphenol (4,4′-Dihydroxydiphenyl-2-pyridylmethan) erhalten, welches u. a. durch Kondensation von Phenol mit Pyridin-2-carbaldehyd synthetisiert werden kann. Die Substitution des Phenols erfolgt jedoch auch in ortho-Position, was zum 2-Hydroxyphenyl-Derivat führt. Das Gemisch der Positionsisomere konnte getrennt werden. Es gelang jedoch, die Selektivität der Kondensation durch Modifikation der Phenol-Komponente zu erhöhen, was aber hier nicht weiter erläutert werden soll.

Kondensation von Pyridin-2-carbaldehyd mit Phenol (schematisch)
Kondensation von Pyridin-2-carbaldehyd mit Phenol (schematisch)

Wirkungsmechanismus

Der Wirkungsmechanismus von Natriumpicosulfat entspricht dem von Bisacodyl. Von Letzterem unterscheidet es sich dadurch, dass Natriumpicosulfat nicht den enterohepatischen Kreislauf durchläuft. Daher tritt die Wirkung von Natriumpicosulfat schneller ein.

Im Dickdarm wird Natriumpicosulfat, ähnlich wie Bisacodyl, durch Darmbakterien zu Bis-(p-hydroxyphenyl)-pyrid-2-yl-methan (BHPM) hydrolysiert, das die eigentlich wirksame Substanz darstellt.

Nebenwirkungen

Die lange publizierten Elektrolytverschiebungen im Serum konnten auch nach jahrzehntelanger Einnahme nicht beobachtet werden; eine Gewöhnung tritt auch bei jahrelangem Gebrauch nur sehr selten auf. Durch die motorische Wirkung kann es zu krampfartigen Bauchschmerzen kommen.[8]

Bei der Anwendung von Natriumpicosulfat-haltigen Zäpfchen kann es zu Schmerzen und Blutungen im Bereich des Enddarms kommen.

Handelsnamen

Monopräparate

Agaffin Abführgel, Dragees und Tropfen (A); Agiolax Pico Abführ-Pastillen (D); Agiopic Abführpastillen (A); Darmol Pico Täfelchen (D); Dulcolax NP Tropfen (D); Dulcolax Picosulfat und Pearls (CH); Fructines (CH); Guttalax Tropfen und Perl-Kapseln (A); Laxasan (CH); LaxansTropfen (D), Laxasan-Tropfen (A); Laxoberal Abführ-Perlen, -Tabletten und -Tropfen (D); Laxoberon (CH); Regulax Abführwürfel Picosulfat und Picosulfat Tropfen (D); Generika (D)

Kombinationspräparate

CitraFleet (mit Magnesiumoxid) (D); PICOPREP (mit Magnesiumoxid) (D)

Einzelnachweise

  1. a b Eintrag SODIUM PICOSULFATE CRS beim Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM), abgerufen am 12. April 2009.
  2. a b Eintrag zu Natriumpicosulfat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. November 2014.
  3. a b Datenblatt Natriumpicosulfat bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 20. Mai 2022 (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Name nicht angegeben
  4. Fachinformation für Dulcolax® Picosulfat Tropfen von BOEHRINGER INGELHEIM im Arzneimittelkompendium der Schweiz® – 16. Oktober 2008.
  5. US-Patent 3528986; Disodium 4,4'-Disulfoxydiphenyl-(2-pyridyl)-methane; Patent erteilt am 15. September 1970.
  6. G. Pala, E. Crescenzi, G. Bietti: Sur une nouvelle synthèse et les caractéristiques chimico-physiques du picolylidène-2-bis-(p-phénylsulfate de sodium) (DCI: «Picosulfate de sodium»). In: Helvetica Chimica Acta. Band 51, Nr. 5, 10. Juli 1968, S. 1164–1168, doi:10.1002/hlca.19680510521.
  7. G. Pala, E. Crescenzi, G. Bietti: A new synthesis of 4,4′-dihydroxydiphenyl (2-pyridyl)methane. In: Tetrahedron. Band 24, Nr. 2, 1968, S. 619–624, doi:10.1016/0040-4020(68)88012-3.
  8. awmf.org: S2k-Leitlinie Chronische Obstipation: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie (Memento vom 22. August 2017 im Internet Archive) (PDF; 588 kB); Stand: Februar 2013.