Die Winzerei wurde eine besondere Leidenschaft von Moritz Retzsch, da seine Ehefrau zur Hochzeit einen Weinberg mit in die Ehe brachte.[1] 1813[2] ließ er das nach ihm benannte Retzschhaus in der Oberlößnitz erweitern, 1828 übersiedelte er von Dresden nach Oberlößnitz. Als Winzer war er Ehrenmitglied der Sächsischen Weinbaugesellschaft. 1848 zog sich Retzsch ganz auf sein Weingut zurück.
Zum Winzerfest der Weinbaugesellschaft am 25. Oktober 1840[3] gestaltete und inszenierte er den großen Winzerumzug von der Hoflößnitz zum Gasthof Goldene Weintraube und fertigte danach in acht Blättern die Umrissstiche, die als Winzerzug lithographiert und als Steindruck vervielfältigt wurden. Damit überlieferte er ein getreues, romantisiertes Bild – neben Allegorie und Mythologie – der Arbeitswelt des Winzers und der winzerverwandten Berufe. Der Winzerzug übernahm den seit dem 16. Jahrhundert entwickelten Formenkanon höfischer Weinfeste und entwickelte ihn im bürgerlichen Sinne weiter. In den regionalen Museen existieren noch Lithographien vom Winzerzug, so im Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz.
Besonders wertvoll ist auch die detailgetreue Darstellung der Schaumweinherstellung, die 1836 in Niederlößnitz aufgenommen wurde, dem Jahr, als die spätere, ehemalige Sektkellerei Bussard, die zweitälteste Sektkellerei Deutschlands, als Fabrik für moussirende Weine auf Aktienbasis gegründet wurde (Blatt 4 des Winzerzugs).
1839 wurde gegenüber seinem Wohnhaus eine Straße nach Moritz Retzsch benannt.
„Die wunderlichen Gruppen der Granitblöcke werden hier erst recht sichtbar; diese sind oft von erstaunlicher Größe. Das mögen wohl die Spielbälle sein, die sich die bösen Geister einander zuwerfen in der Walpurgisnacht, wenn hier die Hexen auf Besenstielen und Mistgabeln einhergeritten kommen, und die abenteuerlich verruchte Lust beginnt, wie die glaubhafte Amme es erzählt, und wie es zu schauen ist auf den hübschen Faustbildern des Meister Retzsch.“
Weinbergszenen, 1795 bis 1809, 8 Hefte, im Kupferstichkabinett
Zeichnung Drei Spaziergänger in Lößnitzlandschaft, 1808
Gemälde Blick auf die Hoflößnitz, mit Selbstbildnis, Weingutmuseum Hoflößnitz
Winzerzug, 8 Blätter, zum Leporello verleimt, Original im Weingutmuseum Hoflößnitz
Umrisse zu Goethe's Faust. Cotta, Stuttgart u. Tübingen, 1816
Mitarbeit an Titelkupfern zu Goethes Ausgabe letzter Hand. Friedrich Fleischer, Leipzig 1828–34. Digitalisat HAAB Weimar
Das Winzerfest der Weinbaugesellschaft im Königreich Sachsen am 25.10.1840. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden, 1840
43 Umrisse zu Schiller's Lied von der Glocke : nebst Andeutungen. Cotta, Stuttgart 1837 (Digitalisat)
Umrisse zu Shakespeare's dramatischen Werken. Basel 5. Aufl. 1850.
Herrmann Zschoche (Hrsg.); Moritz Retzsch (Ill.); August Retzsch (Ill.): Bilder einer Kindheit: das malerische Tagebuch der Brüder Retzsch; 1795–1809; für das Dresdner Kupferstichkabinett hrsg.; Verl. der Kunst Dresden, Husum 2007. ISBN 978-3-86530-095-9.
Literatur
Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Hrsg.: Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
Viola Hildebrand-Schat: Zeichnung im Dienste der Literaturvermittlung. Moritz Retzschs Illustrationen als Ausdruck bürgerlichen Kunstverstehens. Königshausen & Neumann, Würzburg 2004.
Eva Krüger: Bilder zu Goethes „Faust“. Moritz Retzsch und Dante Gabriel Rossetti. In: Studien zur Kunstgeschichte. Band 179. olms Verlag, Hildesheim 2009, ISBN 978-3-487-13994-4.
Gerd-Helge Vogel: Moritz August Retzschs Annäherung an Goethe im poetischen Motiv der „exempla amoris“. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2008. Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2008.
↑Georg Wulff; et al.: Winzerhäuser in Radebeul. In: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul. Radebeul 2003.