Mittelfranzösische Sprache
Mittelfranzösisch (französisch moyen français) ist ein historischer Abschnitt der französischen Sprache und wurde ungefähr von 1340 bis 1610 gesprochen. In dieser Übergangszeit wurde:
SprachgeschichteDie wichtigste Veränderung im Mittelfranzösischen ist das endgültige Verschwinden des Deklinationssystems. Nominativ (Rectus) und Akkusativ (Obliquus) wurden nicht länger unterschieden. Latein war immer noch die Sprache für Bildung, Wissenschaft, Verwaltung und Rechtswesen. Das änderte sich 1539 mit dem Edikt von Villers-Cotterêts, in dem Franz I. Französisch zur einzigen Sprache für gesetzliches und juristisches Handeln deklarierte. Es gab keine einheitliche Sprache in Frankreich: im Süden wurden okzitanische Dialekte und im Norden ebenfalls Dialektvarianten gesprochen. Die französischen Italienfeldzüge und die Anwesenheit von Italienern am französischen Hof brachte die französische Sprache in Kontakt mit dem italienischen Humanismus. Viele Wörter in Zusammenhang mit dem Militär (alarme, cavalier, espion, infanterie, camp, canon, soldat) und der Kunst (arcade, architrave, balcon, corridor, sonnet) wurden aus dem Italienischen entlehnt. Nur wenige Lehnwörter aus dem Spanischen (casque) und dem Deutschen (reître) sowie durch die Entdeckung Amerikas (cacao, hamac, maïs) beeinflussten das Mittelfranzösische. Durch den Einfluss der anglonormannischen Sprache, eines altfranzösischen Dialektes, auf das Englische gelangen Wörter französischen Ursprungs in die englische Sprache. Auf diese Weise kamen aus dem Englischen Wörter romanischen Ursprungs nun durch Krieg und Handelsbeziehungen ins Französische zurück. Schließlich wurde die Bedeutung und Verwendung vieler altfranzösischer Wörter verändert. Die Rechtschreibung und Zeichensetzung waren weiterhin unregelmäßig. Mit der Einführung des Buchdrucks wurde eine einheitliche Rechtschreibung wichtiger. Zahlreiche Vorschläge für Orthographierichtlinien, unter anderem von Jacques Peletier du Mans, der 1550 ein Rechtschreibsystem auf Basis der Aussprache und neue diakritische Zeichen entwickelte, zirkulierten. In dieser Zeit wurden auch die ersten französischen Grammatiken veröffentlicht und 1539 erschien unter anderem ein Französisch-Latein-Wörterbuch von Robert Estienne. Als mittelfranzösische Autoren gelten François Villon, Clément Marot, François Rabelais, Michel de Montaigne, Pierre de Ronsard und die Pléiade. Die Bekräftigung und Verherrlichung des Französischen findet ihren Höhepunkt im Manifest Deffence et illustration de la langue francoyse von Joachim du Bellay, der behauptete, dass Französisch eine wertvolle Literatursprache sei. Die herausragende Stellung klassischer Texte führte zu vielen Lehnwörtern aus dem Lateinischen und Griechischen. Dadurch gab es viele Neologismen. SprachstrukturPhonetikKomplette Reduzierung der altfranzösischen Diphthonge und Triphthonge. Das Altfranzösische verfügte über 17 Diphthonge (/ie/, /ue/, /ei/, /ai/, /üi/, /oi/, /éu/, /eù/, /oú/, /où/), davon 5 nasal (/ãi/, /eĩ/, /iɵ̃/, /uɵ̃/, /oɵ̃/), 3 Triphthonge (/ieu/, /uou/, /eau/).[1] Dieses komplexe System reduziert sich im Mittelfranzösischen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts manifestiert sich das neufranzösische Lautinventar. Bereits das Mittelfranzösische verfügt über keine Diphthonge mehr, wenn man Fälle wie miel, roi und puis ausklammert, in denen der erste Vokal bereits semikonsonantisch ist. Reduktion der Nasallaute des Altfranzösischen. Morphologie
Syntax
OrthographieRückkehr zu latinisierender Schreibweise. Im altfranzösischen Wort povre < lat. PAUPEREM wurde die Monophthongierung von lat. AU > /o/ berücksichtigt, im Mittelfranzösischen kehrt man zur latinisierenden Orthographie zurück: fortan pauvre statt altfrz. povre. Man schreibt aultre < lat. ALTEREM, obwohl das 'l' schon lange vokalisiert ist, sept < lat. SEPTEM, obwohl /p/ lange verstummt ist, vingt < vlat. VIGINTU, obwohl /g/ lange verstummt ist, faict < lat. FACTUM, obwohl man /c/ nicht mehr spricht etc. Diese Latinisierung führt zu einer Reihe von Hyperkorrektismen: man schreibt plötzlich sçavoir für savoir < lat. SAPERE, in der irrigen Annahme, es käme von lat. SCIRE 'wissen'. Man macht orthographisch die Auslautverhärtung rückgängig und schreibt nun wieder verd statt vert, grand statt grant, tard statt tart, sang statt sanc. Einige dieser Schreibungen bleiben bis zum Neufranzösischen (grand, tard, sang), andere werden später wieder rückgängig gemacht, wie im Falle von vert. TextbeispielFolgender Ausschnitt aus François Rabelais' Pantagruel (1532) stellt das Mittelfranzösische dem Neufranzösischen gegenüber.[2]
Einzelnachweise |