Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt
Die Regelung der Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt (kurz: Rente nach Mindestentgeltpunkten) erhöht vor 1992 liegende Zeiten mit geringen Rentenanwartschaften. Zeiten niedriger Löhne sollen nicht zu niedrigen Renten führen. Sie löste 1992 die Regelung der Rente nach Mindesteinkommen ab. Bis heute werden diese beiden Regelungen häufig miteinander verwechselt bzw. ihr Bezeichnungen synonym verwendet. Gesetzliche GrundlagenDie Regelung der 'Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt' wurde mit dem Rentenreformgesetz '92 (BGBl. 1989 I S. 2261) eingeführt und ist in § 262 SGB VI normiert. Sie ersetzte für ab 1992 zugehende Renten die Regelungen der Rente nach Mindesteinkommen. Für Bestandsrenten am 31. Dezember 1991 wurden Übergangsvorschriften geschaffen. ZugangsvoraussetzungenEs müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
Wirkung der RegelungSind die Voraussetzungen erfüllt, dann werden nur für die vor 1992 liegenden vollwertigen Pflichtbeiträge zusätzliche Entgeltpunkte ermittelt. Die durchschnittlichen Entgeltpunkte für vollwertige Pflichtbeitragszeiten werden dann um 50 Prozent erhöht (mit 1,5 multipliziert). Zusammen mit den so ermittelten Entgeltpunkte darf der Durchschnitt für vollwertige Pflichtbeitragszeiten vor 1992 aber höchsten 0,0625 Entgeltpunkte pro Kalendermonat betragen (entspricht 75 Prozent des Rentenanspruchs des Durchschnittseinkommens). Wird der Grenzwert von 0,0625 pro Kalendermonat überschritten, werden die zusätzlichen Entgeltpunkte entsprechend reduziert, bis sich ein Durchschnitt von 0,0625 Entgeltpunkten pro Kalendermonat ergibt. Die so ermittelten zusätzlichen Entgeltpunkte werden den einzelnen Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu gleichen Teilen zugeordnet. Sind Kalendermonate mit Entgeltpunkten (Ost) belegt, werden diesen Kalendermonaten auch Entgeltpunkte (Ost) zugeordnet (§ 262 Abs. 2 SGB VI). BeispieleBeispiel 1: Eine Person hat die Zugangsvoraussetzungen erfüllt. Vor 1992 liegen 120 Kalendermonate (= Zehn Jahre) mit vollwertigen Pflichtbeiträgen mit einem Durchschnitt von 0,035 Entgeltpunkten (entspräche 42 Prozent des Durchschnittseinkommens). Die Summe von 4,2 Entgeltpunkten (120 * 0,035) würde mit 1,5 multipliziert. Die sich ergebenden 6,3 Entgeltpunkte würden auf die 120 Kalendermonate verteilt und ergäben einen Durchschnitt von 0,0525 Entgeltpunkten (also weniger als die Höchstgrenze von 0,0625 Entgeltpunkten). Die zusätzlichen 2,1 Entgeltpunkte (6,3 minus 4,2) würden nun gleichmäßig auf die Kalendermonate verteilt. Dies bedeutet, selbst wenn einzelne Kalendermonate mehr als 0,0625 Entgeltpunkte hätten (was bei einer Durchschnittsbildung möglich wäre) würden diesen Monaten nun dennoch 0,0175 (2,1 Entgeltpunkte geteilt durch 120 Kalendermonate) zusätzliche Entgeltpunkte zugeordnet. Beispiel 2: Läge der Durchschnitt an Entgeltpunkten aus 120 Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeitragszeiten vor 1992 bei 0,05 Entgeltpunkten, würde sich mit 1,5 multipliziert ein Monatsdurchschnitt von 0,075 ergeben. Die zusätzlichen Entgeltpunkte würden auf 0,0125 Entgeltpunkte je Kalendermonat reduziert. Jedem Kalendermonat würden also 'nur' 0,0125 zugeordnet. Im Ergebnis läge der Durchschnitt für die vor 1992 liegenden Pflichtbeitragszeiten bei dem Höchstwert von 0,0625 Entgeltpunkten pro Kalendermonat. Unterschiede zur Rente nach MindesteinkommenWesentliche Änderungen gegenüber der Vorgängerregelung Rente nach Mindesteinkommen waren, die Zugangsvoraussetzung auf 35 statt 25 Versicherungsjahre festzulegen. Ferner werden die eigenen Rentenanwartschaften prozentual erhöht und maximal auf 75 Prozent nach oben begrenzt, statt wie zuvor den Rentenanspruch pauschal auf 75 Prozent aufzustocken. Sinn und Zweck war ausweislich der Gesetzesbegründung, dass langjährige geringe Teilzeittätigkeit (mit weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens) nicht übermäßig gefördert werden sollte.[1] ÜbergangsvorschriftenFür Bestandsrenten am 31. Dezember 1991, die nach dem vor 1992 geltenden Recht der Bundesrepublik Deutschland ermittelt wurden, galt Art. 82 des Rentenreformgesetzes 1992 (BGBl. 1989 I S. 2261, 2392). Demnach wurden für Renten die vor dem 31. Dezember 1991 gewährt wurden die Entgeltpunkte für vollwertige pflichtbeitragszeiten Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 nach den gleichen Vorschriften wie dem § 262 SGB VI zum 1. Januar 1992 aufgestockt.[2] Für Bestandsrenten am 31. Dezember 1991, die nach dem vor 1992 geltenden Recht des Beitrittsgebietes (der Deutschen Demokratischen Republik) ermittelt wurden, ist dies in § 307a SGB VI geregelt. Demnach werden Renten, die auf wenigstens 35 Arbeitsjahren beruhen und durchschnittlich weniger als 0,75 Entgeltpunkte pro Arbeitsjahr haben, auf den 1,5-fachen Wert erhöht. Die 'Rente nach Mindestentgeltpunkten' ist damit sinngemäß auf Beitragszeiten im Beitrittsgebiet ausgeweitet worden. Da es im Beitrittsgebiet keine Kindererziehungs- und -berücksichtigunszeiten gab, ist ergänzend geregelt, dass zu den 35 Arbeitsjahren eine Kindererziehungspauschale hinzugezählt wird. Diese Pauschale beträgt bei einem Kind zehn Jahre, bei zwei Kindern 15 Jahre und bei mehr als zwei Kindern 20 Jahre. Für gemäß dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz überführte Renten des Beitrittsgebietes galt § 307b SGB VI. Demnach wird die Regelung der Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt bei diesen Renten ebenfalls sinngemäß auf die Zeiten vor 1992 angewendet. Aktueller BezugInsgesamt profitieren im Rentenbestand 31. Dezember 2011 über 3,4 Millionen Renten von der 'Rente nach Mindestentgeltpunkten' (oder den Übergangsvorschriften). Im Einzelnen sind das:
Von den aufgestockten Renten werden mit 2.434.494 rund 71 Prozent auf den Höchstwert von 0,0625 Entgeltpunkte pro Kalendermonat begrenzt.[3] In der aktuellen Rentendebatte wird häufig gefordert, die Rente nach Mindestentgeltpunkten (ggf. überarbeitet) fortzuführen. Zum Teil wird dabei gefordert, die Renten unabhängig von der eigenen Beitragshöhe (ab einer bestimmten Beitragsdauer oder einer bestimmten Versicherungszeit) auf ein bestimmtes Niveau anzuheben (bspw. Bündnis 90/Die Grünen: Konzept einer 'Garantierente'[4] oder die ersten Entwürfe des BMAS zur 'Zuschussrente'[5]). Solche Forderungen entsprechen im Kern der Rente nach Mindesteinkommen, die ebenfalls unabhängig von der eigenen Beitragshöhe die Renten auf ein einheitliches Niveau anhob. Die meisten Forderungen nehmen aber die Regelung der 'Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt', eigene Beiträge um einen bestimmten Prozentsatz zu erhöhen, zum Ausgangspunkt (bspw. die Zuschussrente des BMAS in ihren späteren Ausführungen[6]). ver.di[7], DGB[8], SPD[9], DIE LINKE[10] u. a. fordern direkt die Fortführung der Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt. KritikEs gibt zwei wesentliche Kritikpunkte an der Regelung Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt:[11]
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Einzelnachweise
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