Der Mecklenburgische Ritterschaftliche Kreditverein, auch zuweilen Mecklenburgische ritterschaftliche Kreditverein, oder kurz Ritterschaftlicher Kreditverein, war ein von 1818 bis 1945 bestehendes Kreditinstitut mit Sitz in Rostock. Die letzte Bezeichnung war seit 1943 Die Mecklenburgische Landschaft.[1]
Schon 1804 gab es seitens des Diplomaten Leopold von Plessen erste schriftliche Gedanken zur Thematik des Creditwesens der Ritterschaftlichen Güther in Mecklenburg.[2] Ihm folgte G. Ludwig E. von Blücher-Wasdow (1767–1828) im Jahr 1816 mit Über die landwirthschaftlichen Kreditvereine in besonderer Beziehung auf Mecklenburg[3] sowie später dessen Sohn Helmuth von Blücher, der Wasdow erbte.[4] Eine konkrete Initiative zur Errichtung eines Kreditvereins ergriff dann 1817 Johann Heinrich von Thünen, damals noch ein relativ unbekannter Landwirt.[5][6] Dann folgte auf Betreiben weiterer Grundbesitzer wie u. a. den später nobilitierten Moritz Christian von Paepcke, dem Eigentümer des Rittergutes Lütgenhof, 1818 die Gründung[7] des Mecklenburgischen Ritterschaftlichen Kreditvereins. Die landesherrliche Bestätigung kam am 28. Juli 1818, die Eröffnung folgte am 11. Juli 1819. Zweck des Vereins war die Vergabe hypothekarischerDarlehen an Gutsbesitzer in Mecklenburg-Strelitz und in Mecklenburg-Schwerin, also beider mecklenburgischer Teilstaaten, die Mitglieder des Vereins waren, zur Entschuldung landwirtschaftlichen Grundbesitzes, also seinen Mitgliedern langfristige Darlehen zu günstigen Konditionen zu gewähren. Die Refinanzierung erfolgte durch die Ausgabe von Pfandbriefen, die durch Hypotheken und Grundschulden abgesichert waren. Später wurde die Beleihungsfähigkeit über die Rittergüter hinaus ansatzweise auf den gesamten großbäuerlichen Besitz ausgedehnt; namhafte bäuerlich-bürgerliche Vertreter in der ehrenamtlich agierenden Spitze des Vereins sind erst viel später zu konstatieren. Schon ein Jahr nach der Gründung gab es seitens anderer Gutsherren, wegen Mängel in den Statuten, öffentlich offerierte Kritik in der liberalen Presse. Es ging hierbei um eine höhere Absicherung der Landgüter und dem Aufruf zur Einladung zu einem ritterschaftlichen Schulden-Tilgungs-Verein in Mecklenburg.[8] 1840 erfolgte eine erneute Bestätigung des Ritterschaftlichen Vereins, eine erneuerte Satzung kam dann 1890. Von 1828 bis 1837 war Carl von Oertzen im Direktorium.[9]
1849 vertreten das Hauptdirektorium drei Gutsbesitzer, Johann Jacob von Leers-Schönfeld (1783–1855), Georg Alexander von Rieben-Galenbeck und Ernst von Blücher-Teschow-Kuppentin, sämtlich Landräte. Die eigentliche Arbeitsebene waren der Syndikus Geheimer Rat (Justizrat)[10] Dr. Ludwig Peter Friedrich Dittmar (1784–1872), Rendant August Heinrich Francke sowie Registrator Johann Friedrich Koch. Die Kreisdirektoren, ähnlich etwa den Ritterschaftsräten in Brandenburg, vertraten die drei Kreise. Vertreter des Mecklenburgischen Kreises waren damals als Kreisdirektor Johann Heinrich Carl von Behr-Hindenberg (1802–1864), als Kreisdeputierter Major a. D. Emil von Bülow-Rogeez (1789–1860)[11]. und Kammerherr Franz von Stralendorff (1805–1883) auf Gut Gamehl. Wendischer Kreis: Kreisdirektor Landrat Friedrich Freiherr von Maltzan-Rothenmoor (1783–1864), als Deputierte der Erblandmarschall Friedrich Freiherr von Maltzan-Penzlin (1804–1869) und der (spätere) Landrat Hans von Blücher-Sukow (1789–1861).[12][13]. Den Stargardischen Kreis vertrat als Kreisdirektor Kammerherr und Vizelandmarschall Adolph von Oertzen-Rattey (1797–1867)[14] und als Kreisdeputierte Wilhelm von Oertzen-Lübberstorf (1803–1889) und Oberhauptmann Otto von Dewitz-Krumbeck (1788–1858).[15][16] 1851 waren im Ganzen 112 Güterkomplexe in Mecklenburg mit 3.830.545,00 Thlr. verpfändet.[17]
1880 kam es zur überregionalen Verlosung von Pfandbriefen des Mecklenburgischen Ritterschaftlichen Kredivereins.[18] 1892 wurde der Verein als Gegenseitige, provinzielle und kommunale Grundkredit-Anstalt bezeichnet.[19] Entscheidend war letztlich die Mitgliedschaft des Gutes beim Verein.[20]
Der Vorstand bestand 1916 aus der Hauptdirektion zu Rostock, jener Zeit der Landrat Wilhelm von Maltzan-Moltzow, aus dem Wendischen Kreis, Cuno Graf Bassewitz-Perlin aus dem Mecklenburgischen Kreis, und Landrat Ludwig Graf Schwerin-Mildenitz (1859–1929)[21] aus dem Stargardischen Kreis. Amtliche Mitarbeiter waren der Syndikus, ein Justizrat Eduard Dahlmann, der Rendant Hermann Zielstorff und der Kontrolleur Hermann Diederichs.[22] Mitte der 1920er Jahre rückte der Hofbesitzer Adolf Gerds zu Börzow in die Direktion nach.[23]
Die Geschäftsräume des Vereins in Rostock um die vorletzte Jahrhundertwende waren zeitweise im heutigen Oberlandesgericht Rostock untergebracht. Das Gebäude wurde in den Jahren 1889 bis 1893 im Auftrag Großherzogs Friedrich Franz III. nach Plänen von Gotthilf Ludwig Möckel und der mecklenburgischen Ritter- und Landschaft als Verwaltungs- und Gerichtssitz der Vereinten Landstände beider Mecklenburg errichtet. Der Mecklenburgische Ritterschaftliche Kreditverein zog dann mehrfach um.
1943 war Christian von Mecklenburg-Wieschendorf (1870–1947), vormals Kreisdirektor (Ritterschaftsrat) des Ritterschaftlichen Kreditverein für Mecklenburg, neben Detlof von Oertzen dann zuletzt einer der fünf Hauptdirektoren des Instituts. Ebenso zeitgleich in dieser Funktion tätig war der NS-Politiker Paul Vorbeck.[24] Im Sommer 1943 erfolgte die Umbenennung der Institution in Die Mecklenburgische Landschaft. Es erfuhr somit eine ähnliche neue Titulierung wie das Kur- und Neumärkische Kreditinstitut für Brandenburg, welches bereits 1934 Märkische Landschaft hieß. Die Mecklenburgische Landschaft saß 1943 in der Rostocker Orleansstraße.
Die Aufgabenübernahme der Liquidation des Unternehmens nach 1945 ist nicht erforscht. Mindestens von 1926 bis 1942 erschien eine regelmäßig publizierte Information des Vereins in Zeitschriftformat.[25]
Helmuth von Blücher: Bemerkungen über den ritterschaftlichen Credit-Verein der Großherzogthümer Mecklenburg. F. L. Schmidtchen, Rostock 1838.
Gerhard Koerber: Das Kreditwesen des ritterschaftlichen Grundbesitzes in Mecklenburg nach dem Siebenjährigen Kriege bis zur Gründung des Ritterschaftlichen Kreditvereins im Jahre 1819. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. Band 93, 1929, S. 153–266. Landbibliothek Mecklenburg-Vorpommern
Felix Hecht: Die Organisation des Bodenkredits in Deutschland, 3, 1. Die Landschaften und landschaftsähnlichen Kreditinstitute in Deutschland, Band 1, Die Statistik, Dunckler & Humblot, Leipzig 1908, S. 385–399. Reprint Auszug
Hermann Herbert Deutschmann: Der Mecklenburgische Ritterschaftliche Kreditverein. Ein Stück mecklenburgische Wirtschaftsgeschichte. Hinstorff, Rostock 1938.[26]DNB572709080
Dirk Schiereck: Ritterschaftliche Kreditinstitute in Deutschland. In: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen. (ZögU)/Journal for Public and Nonprofit Services, Band 21, H. 3 (1998), Nomos Verlagsgesellschaft mbH, Baden-Baden 1998, ISSN0344-9777, S. 360–369. Hrsg. JSTOR.
Gerald Rosenberger: Finanzen und Finanzverfassung in den beiden Großherzogtümern Mecklenburg von 1850 bis 1914. Band 1,1; LIT, Berlin/Münster/London/Wien/Zürich 1999, ISBN 3-8258-4514-1, S. 51.
↑Staatsministerium, Abt. Inneres (Hrsg.): Regierungsblatt für Mecklenburg. Jahrgang 1943. Nr. 1–42. (Zweites Halbjahr), Bärensprung, Schwerin 1943, S. XII, S. XIII.
↑Leopold von Plessen: Grundzüge zur Verbesserung des Creditwesens, insbesondere auf Ritterschaftlichen Güthern in Mecklenburg. s. n., s. l. 1804.
↑C. G. Korb Neubrandenburg 1816, In: Friedrich Bachmann: Die landeskundliche Literatur über die Grossherzogtümer Mecklenburg. Bibliographische Zusammenstellung. Opitz & Co., Güstrow 1889, S. 274. (Nr. 3360e.)
↑Werner W. Engelhardt: J. H. von Thünens Eintreten für die Gründung eines „Mecklenburgischen Ritterschaftlichen Credit-Vereins“ – eine gemeinwirtschaftliche Unternehmensinitiative. In: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen. (ZögU). Journal for Public and Nonprofit Services. Band 29, Heft 4, Nomos, Baden-Baden 2006, ISSN0344-9777, S. 418–424. (PDF), Hrsg. JSTOR.
↑Vgl. auch: Herbert Pruns: Werner Wilhelm Engelhardt und Johann Heinrich von Thünen. Eine Würdigung anlässlich des 90. Geburtstages von Werner Wilhelm Engelhardt. LIT, Berlin/Münster/London/Wien/Zürich 2017, ISBN 978-3-643-13858-3.
↑Moritz von Paepcke: Aktenmäßige Nachricht von den letzten Verhandlungen in Betreff des beabsichtigten Creditvereins Ritterschaftlicher Güter in Mecklenburg. Römhild, Lübeck 1818. (Regionalbibliothek Neubrandenburg, Signatur Meck 13987).
↑Freimüthiges Abendblatt. №. 58. Zweiter Jahrgang 1819, Schwerin, den 12. Februar 1891, S. 98 f.
↑Ulrich von Blücher: Geschichte der Familie von Blücher von 1870 bis 1914. Hrsg. Lebrecht von Blücher-Deutsch-Rosenow, Blücher-Verlag, Kaiser-Druck Freiburg, Merzhausen 2005, ISBN 3-934249-08-6, S. 97 ff.
↑Vgl. Hans Friedrich von Ehrenkrook, Walter von Hueck u. a.: GHdA, Adel. Häuser, A (Uradel) 1960, Band V, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg/Lahn 1960, S. 376.; Helmut Sieber: Schlösser und Herrensitze in Mecklenburg. Nach alten Stichen und Vorlagen. In: Burgen, Schlösser, Herrensitze. Band 14; Weidlich, Frankfurt am Main 1960, S. 120.
↑In: Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzischer Staats-Kalender. 1849. III. Ritterschaftlicher Credit-Verein aller drei Kreise der Herzogthümer Mecklenburg, G. F. Spalding, Neustrelitz 1849, S. 121 f.
↑H. A. Mascher: Der landwirthschaftliche Real- und Gewerbekredit oder: Wie kann den Klagen der preussischen Landwirthe über Geld- und Kreditmangel abgeholfen werden ? Eduard Döring, Potsdam 1863, S. 65.
↑W. Christians (Hrsg.): Die hypothekarischen Beleihungsgrundsätze der preussischen Landschaften und ähnlichen Institute sowie der preussischen, deutschen und fremdländischen Hypothekenbanken. Verlag des Deutschen Oekonomist, Berlin 1892, S. VII.
↑Viktor von Meibom: Mecklenburgisches Hypothekenrecht. In: Deutsches Hypothekenrecht. Nach den Landesgesetzen der größeren deutschen Staaten systematisch dargestellt. II, Breitkopf und Härtel, Leipzig 1871, S. 51.
↑Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. 1930. Gerader Jahrgang Deutscher Uradel, 103. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 16. Oktober 1929, S. 562–563.
↑In: Groszherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staatskalender 1916. 141. Jahrgang, III. Kredit-und Geldinstitute, 1) Der ritterschaftliche Kreditverein, Bärensprung, Schwerin 1916, S. 460.
↑Mecklenburg-Schwerinsches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Mecklenburg-Schwerinsches Staatshandbuch. 145. Auflage. (Ausgabe), Bärensprung, Schwerin 1. Juni 1927, S. 246.
↑Rostocker Adreßbuch 1943. Notausgabe. I. Teil, Rostocker Anzeiger Carl Boldt, Seestadt Rostock 1943, S. 7. RosDok.
↑Zeitschrift: Mecklenburgischer Ritterschaftlicher Kreditverein. [Verlag aktuell nicht ermittelbar], Rostock 1926–1942, In: Deutsche Nationalbibliothek. Vgl. DNB018148980
↑Vgl. Hermann Herbert Deutschmann: Das Kreditgewerbe im wirtschaftlichen Raumbild Mecklenburgs. Bottrop i. W./R.- u. wirtschaftswiss. Diss., Rostock 1937. DNB570080509