Maurice Dubois

Maurice und Ellenor Dubois (Tisch im Hintergrund, 2. und 3. von links), SRK-Mitarbeiter Treffen in Montluel, Juni 1942
Standorte Internierungslager, Maternité, SAK/SRK-Kolonien (Auswahl)

Maurice Dubois (* 17. Juli 1905 in Biel/Bienne; † 6. Dezember 1997 Le Locle) war Schweizer Delegationsleiter der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes in Südfrankreich sowie Delegierter der Schweizer Spende in Frankreich.

Leben

Maurice Dubois wuchs als Sohn eines Uhrmachers in Le Locle auf, wo er eine Kürschnerlehre absolvierte. Er war Quäker und Mitglied des Freiwilligen Internationalen Zivildienstes.

In den Jahren 1937 bis 1939 engagierte er sich für die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Spanienkinder (SAS) («Ayuda Suiza») im Spanischen Bürgerkrieg. Aufgrund seiner dortigen Erfahrungen baute er zusammen mit seiner Frau, der Amerikanerin Ellenor Imbelli, für die Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK) (ab 1942 Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes) in Toulouse die Zentrale der Kinderhilfe in der unbesetzten Südzone auf, die er von 1940 bis 1943 führte. 1944–1948 war er als Delegierter der Schweizer Spende in Frankreich.

1948–1952 leitete er ein Kinderheim für Kinder aus Konzentrationslagern in Adelboden und von 1952 bis 1970 das Waisenhaus Foyer d’enfants (heute: Centre pédagogique Les Billodes) in Le Locle.

Tätigkeit für die Kinderhilfe

Frankreich während der deutschen Besatzungszeit von 1940 bis 1944

Nach der Niederlage der Republikaner gegen die Franco-Truppen begann im Februar 1939 der Exodus (Retirada) von über 450.000 Flüchtlingen des Spanischen Bürgerkrieges nach Frankreich. In den rund 100 französischen Internierungslagern wie Argelès-sur-Mer, Rivesaltes, Saint-Cyprien und Septfonds lebten Zehntausende unter unvorstellbaren Bedingungen, darunter auch schwangere Frauen, deren Kinder kaum Überlebenschancen hatten. Mit dem Westfeldzug im Mai 1940 und der Besetzung Nordfrankreichs durch die Wehrmacht flüchteten Hunderttausende in das unbesetzte Frankreich. In den Internierungslagern wurden Strafgefangene, unerwünschte Ausländer, "Zigeuner" aus dem Elsass und jüdische Familien aus der Nordzone, Belgien und Deutschland untergebracht.

Dubois half für die SAK (1940–1941) und die SRK Kinderhilfe (ab 1942) in der unbesetzten Zone Südfrankreichs ein Netzwerk von Kolonien mit zehn Kinderheimen, zwei Säuglingsheimen (Pouponnière) und einem Entbindungsheim, wo Schwangere und Kinder aus den Internierungslagern sowie Kinder, die vor den Nationalsozialisten geflüchtet waren, untergebracht wurden, zu betreiben:

Er war mit seiner Delegation für die rund 40 Mitarbeiter der Heime verantwortlich und für die Schweizer Krankenschwestern, die in den Internierungslagern Gurs und Rivesaltes Hilfe leisteten und Schweizer Kantinen betrieben sowie für die Logistik der Hilfsgüterverteilung.

Kolonie Château de la Hille

Im Sommer 1942 bewilligte das Vichy-Regime auf Verlangen Nazideutschlands die Deportation von 10.000 ausländischen Juden und startete damit die Deportationen aus der Südzone. Am 26. August 1942 wurden 45 über 16-jährige jüdische Jugendliche und Angestellte von La Hille (sowie einige aus Saint-Cergues les Voirons) von der französischen Polizei ins Internierungslager Le Vernet gebracht, von wo sie deportiert werden sollten. Maurice Dubois konnte bei der Regierung in Vichy mit Hilfe der Schweizer Gesandtschaft die Einwilligung des Generalsekretärs der Polizei des Vichy-Regimes René Bousquet erwirken, dass alle verhafteten Personen wieder nach La Hille (und Saint-Cergues les Voirons) zurückkehren durften[2].

Ehrungen

  • 2012 Ausstellung in der Bibliothek von La Chaux-de-fonds: Maurice Dubois une vie d’engagement[4].

Dokumentation

Literatur

  • Paul Senn: «Bist du ein Mensch... so fühle meine Not. Lest in Gesichtern!» Ein Bildbericht von der Tätigkeit des schweizerischen Hilfswerks in südfranzösischen Kinderheimen und Flüchtlingslagern. in: Schweizer Illustrierte Zeitung, Zofingen, Jg. 31 (Nr. 9/25. Februar 1942), S. 261–265.
  • Hélène Sylvie Perret: Le Secours suisse aux enfants dans le Sud de la France 1939 à 1947, depuis 1942 sous la direction de la Croix-Rouge Suisse, Secours aux enfants, unpublizierte Dokumentation, La Chaux-de-Fonds 1995.
  • Antonia Schmidlin: Eine andere Schweiz. Helferinnen, Kriegskinder und humanitäre Politik 1933–1942. Chronos-Verlag. Zürich 1999, ISBN 978-3-905313-04-8.
  • François Wisard: Les Justes suisses. CICAD 2007
  • Helena Kanyar Becker (Hrsg.): Vergessene Frauen. Humanitäre Kinderhilfe und offizielle Flüchtlingspolitik 1917–1948. Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Band 182. Schwabe Verlag, Basel 2010, ISBN 3-79652695-0.
  • Tristan Castanier: La Pouponnière de Banyuls-sur-Mer, une annexe de la Marternité Suisse d’Elne, juillet 1941 – novembre 1942, l’Association Générations Banyuls.
  • Serge Nessi: Die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1942–1945 und die Rolle des Arztes Hugo Oltramare. Vorwort von Cornelio Sommaruga. Karolinger Verlag, Wien/Leipzig 2013, ISBN 978-3-85418-147-7 (Originalausgabe französisch: Éditions Slatkine, Genève 2011, ISBN 978-2-8321-0458-3).

Einzelnachweise

  1. Helena Kanyar Becker: Vergessene Frauen. Schwabe 2010
  2. Serge Nessi: Die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1942–1945 und die Rolle des Arztes Hugo Oltramare.
  3. Maurice Dubois auf der Website von Yad Vashem (englisch)
  4. La Chaux-de-fonds: Ausstellung Maurice Dubois (Memento vom 19. Februar 2014 im Internet Archive)