Massud Peseschkian

Massud Peseschkian (2024)

Massud Peseschkian (persisch مسعود پزشکیان, DMG Mas‘ūd-e Pezeškiyān; geboren am 29. September 1954 in Mahabad, West-Aserbaidschan, Iran) ist ein iranischer Politiker und seit 2024 Präsident des Iran.[1]

Leben

Frühes Leben

Peseschkian wurde als Sohn aserbaidschanischer Eltern in Mahabad geboren.[2][3] Nach seinem Abitur zog er 1973 nach Zabol, um seinen Militärdienst zu leisten. Während dieser Zeit entwickelte er Interesse an der Medizin. Während des Ersten Golfkriegs war Peseschkian für die Entsendung der Medizinischen Korps zuständig,[2] teilweise diente er auch an der Front.[4] Peseschkians Frau war Gynäkologin.[5] 1994 verlor er seine Frau und eines seiner vier Kinder bei einem Autounfall und heiratete danach nicht wieder.

Peseschkian ist auch Koranlehrer und Rezitator des Nahdsch al-Balāgha, eines wichtigen Textes für die Schiiten.[6]

Ausbildung

Peseschkian beendete 1985 sein Studium zum Allgemeinmediziner und begann, Physiologie am medizinischen Kolleg zu unterrichten. 1990 erhielt er seine Facharztausbildung in Allgemeinchirurgie an der Täbris-Universität der Medizinwissenschaften. Er wurde am Schahid-Madani-Krankenhaus in Täbris angestellt, wo er später auch die Leitung des Krankenhauses übernahm.[7] 1993 erhielt er eine Subspezialisierung in Herzchirurgie an der Iran-Universität für Medizinische Wissenschaften und Gesundheitsdienste.

Politische Karriere

Peseschkian war von 2001 bis 2005 Gesundheitsminister im Kabinett von Präsident Mohammed Chatami.[8] Er wurde bei den Parlamentswahlen 2008 als einer der Abgeordneten von Täbriz gewählt. Er vertrat den Wahlkreis Täbris, Osku und Azarschahr im Madschles und war von 2016 bis 2020 dessen erster stellvertretender Sprecher. 2010 scheiterte er bei dem Versuch, stellvertretender Parlamentspräsident zu werden.[9] Er ist Mitglied der sogenannten „Iran-Türkei-Freundschaftsgesellschaft“.[10] Peseschkian kandidierte bei der Präsidentschaftswahl im Iran 2013, doch zog er seine Kandidatur zurück. Er wollte zur Präsidentschaftswahl 2021 kandidieren, wurde aber vom Wächterrat nicht zur Kandidatur zugelassen.[11]

Peseschkian kandidierte erneut bei der Präsidentschaftswahl 2024. Die Wahl wurde durch den Tod von Staatspräsident Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz am 19. Mai vorzeitig notwendig. Er galt als einziger „moderat-konservativer Politiker“ unter den Präsidentschaftskandidaten. Vor dieser Wahl hatten sich die zwei iranischen Ex-Präsidenten Hassan Rohani und Mohammad Chatami für Peseschkian ausgesprochen.[12] Er setzte sich schließlich bei der Stichwahl am 5. Juli 2024 gegen Said Dschalili durch; Peseschkian hatte bereits nach dem ersten Wahlgang in Führung gelegen. Er wurde schließlich am 28. Juli 2024 von Ali Chamenei zum Präsidenten ernannt.[13]

Nach Peseschkians Vereidigungszeremonie als Irans Präsident wurde Ismail Haniyya, Chef der palästinensischen islamistischen Terrororganisation Hamas, der daran teilgenommen hatte, in Teheran getötet. Peseschkian hatte als Präsident wenig tatsächliche Macht, da die wichtigsten Entscheidungen im Iran vom Obersten Führer Ali Chamenei und den Revolutionsgarden getroffen wurden. Außenpolitik, Sicherheit und innenpolitische Grundsatzfragen entzogen sich seiner direkten Kontrolle, wodurch seine Präsidentschaft stark eingeschränkt blieb.[14] Peseschkian versprach, den Waffenstillstand in Gaza zu fördern, den Atomvertrag von 2015 zu verteidigen und eine Öffnung zum Westen anzustreben. Gleichzeitig betonte er, Iran strebe keine Atomwaffen an, kritisierte westliche Sanktionen und bekräftigte seine Bindung an den politischen Rahmen Irans.[15]

Am 11. September 2024 besuchte er auf seiner ersten Auslandsreise den Irak, unterzeichnete 14 Kooperationsabkommen mit Premierminister al-Sudani und betonte die Bedeutung erweiterter bilateraler Zusammenarbeit. Am 16. September hielt Peseschkian seine erste Pressekonferenz ab, in der er versprach, Übergriffe der Sittenpolizei gegen Frauen zu stoppen, Social-Media-Sperren zu lockern und betonte, dass Iran den USA nicht feindselig gegenüberstehe. Atomwaffenpläne dementierte er. Er warf Israel vor, den Iran durch die Ermordung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija in Teheran in einen regionalen Krieg ziehen zu wollen, betonte jedoch das Recht auf Verteidigung.[16]

Am 10. November traf Peseschkian erstmals Wladimir Putin in Aschgabat. Beide betonten die strategische Partnerschaft zwischen Iran und Russland, unterzeichneten Kooperationsabkommen und diskutierten geopolitische Themen. Ein weiteres Treffen beim BRICS-Gipfel wurde vereinbart. Peseschkian kritisierte Israels Nahost-Politik und bekräftigte Irans Verteidigungsfähigkeit.[17] Peseschkian stand während dieser Zeit Herausforderungen gegenüber: Innenpolitisch versuchte er, gesellschaftliche Spannungen zu mindern und Reformen wie Bürgerrechte und Internetfreiheit umzusetzen. Außenpolitisch drohte ein Konflikt mit Israel zu eskalieren, während seine diplomatischen Bemühungen für Frieden begrenzten Erfolg hatten.[18]

Am 14. November fanden Gespräche zwischen Peseschkian und dem Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) - Chef Rafael Grossi statt. Peseschkian betonte, Irans Atomprogramm sei friedlich und im Einklang mit internationalen Vorschriften, während Grossi konkrete Fortschritte zur Vermeidung weiterer Konflikte forderte.[19]

Am 16. Dezember 2024 legte Peseschkian ein Veto gegen ein verschärftes Kopftuchgesetz ein, das strikte Strafen für Verstöße vorsah. Er bat den Nationalen Sicherheitsrat, das Gesetz zu revidieren.[20]

Positionen

Massud Peseschkian ist ein Verteidiger der Islamischen Revolutionsgarde und bezeichnete sie im Jahr 2024 als „anders als in der Vergangenheit“.[21] Zugleich fordert er das „Verschwinden des zionistischen Regimes [Israel] von der Landkarte“ und lobte 2024 die iranischen Drohnen- und Raketenangriffe auf Israel als „Stolz der iranischen Nation“.[22] Nachdem das iranische Parlament im Herbst 2024 ein Gesetz verabschiedet hatte, das hohe Strafen für Frauen vorsieht, die sich in der Öffentlichkeit nicht an die islamische Kleiderordnung (insbesondere der Pflicht zum Tragen des Kopftuchs) halten, legte Peseschkian sein Veto dagegen ein.[23]

Commons: Massud Peseschkian – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Iran – Massud Peseschkian: »Reformer« gewinnt Präsidentschaftswahl in Iran. In: Der Spiegel. 6. Juli 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 6. Juli 2024]).
  2. a b مسعود پزشکیان کیست؟. Übersetzung: Wer ist Masoud Pezeshkian? In: Entekhab. 21. Mai 2024, abgerufen am 28. Juni 2024 (englisch).
  3. Editorial: [Masoud Pezeshkian emphasizes his Turkishness at every opportunity]. Fararu (in Persian). 17. Juli 2024 (fararu.com [abgerufen am 1. August 2024]).
  4. Gemäßigter Peseschkian siegt in Stichwahl gegen Hardliner. 6. Juli 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  5. مقام‌های جمهوری اسلامی و همسرانشان؛ مردان نام‌دار و زنان 'بی‌نام'. In: BBC News فارسی. Abgerufen am 13. Juni 2024 (persisch).
  6. Reformist candidate Masoud Peseschkian shakes up Iran presidential election. In: www.ft.com. Abgerufen am 13. Juni 2024 (englisch).
  7. در مورد مسعود پزشکیان در ویکی تابناک بیشتر بخوانید. In: www.tabnak.ir. Abgerufen am 13. Juni 2024 (persisch).
  8. در مورد مسعود پزشکیان در ویکی تابناک بیشتر بخوانید. (deutsch: Mehr über Masoud Pezeshkian in Wiki Tabnak lesen). In: www.tabnak.ir. Abgerufen am 10. Juni 2024 (persisch).
  9. Persian Press Review. In: Tehran Times. 29. Mai 2010, abgerufen am 9. September 2010 (persisch).
  10. گروه‌های دوستی پارلمانی مجلس نهم. Islamic Consultative Assembly Website, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Juli 2014; abgerufen am 14. August 2014 (persisch).
  11. افراد رد صلاحیت‌شده فقط توانستند یک نامه بنویسند. Iranian Labour News Agency, 1. März 2016, abgerufen am 2. März 2016 (persisch).
  12. Iran: Ex-Präsident Hassan Rohani ruft zur Wahl von Reformer Peseschkian auf. In: Der Spiegel. 26. Juni 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 28. Juni 2024]).
  13. deutschlandfunk.de: Chamenei ernennt Peseschkian zum neuen Präsidenten. In: deutschlandfunk.de. 30. April 2004, abgerufen am 29. Juli 2024.
  14. Iran: Neuer Präsident Peseschkian ohne Macht – DW – 08.07.2024. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
  15. Irans neuer Präsident Massud Peseschkian – Reformer oder Wolf im Schafspelz? 23. Juli 2024, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  16. Iran: Neuer Präsident Peseschkian ohne Macht – DW – 08.07.2024. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
  17. Austausch in Turkmenistan: Putin trifft erstmals Irans Präsident. 11. Oktober 2024, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  18. Iran: 100 Tage Präsident Peseschkian. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
  19. deutschlandfunk.de: Gespräche in Teheran - Iran: Sind zu Verhandlungen über Atomprogramm bereit. 14. November 2024, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  20. Kopftuchgesetz im Iran – Präsident Massud Peseschkian legt Veto ein - WELT. Abgerufen am 31. Dezember 2024.
  21. مسعود پزشکیان: من باز هم لباس سپاه می‌پوشم/ سپاه با چیزی که الان می‌بینید فرق دارد. (Video) In: Rokna. Abgerufen am 14. Juni 2024 (persisch).
  22. Michael Backfisch: Iran: Systemkritiker mit Samthandschuhen. In: Die Zeit. 6. Juli 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 6. Juli 2024]).
  23. Aus Angst vor weiteren Unruhen: Irans Präsident will umstrittene Kopftuchpflicht kippen. In: Der Spiegel. 15. Dezember 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. Dezember 2024]).