Das Massaker folgte wenige Tage nach einem Anschlag auf das Kino Odeon in Genua, das ausschließlich von deutschen Soldaten frequentiert wurde. Italienern war der Zugang strikt untersagt. Um 19 Uhr des 15. Mai 1944 verübte ein in Wehrmachtsuniform verkleideter Partisan ein Bombenattentat auf das Kino, bei dem vier deutsche Marinesoldaten sofort getötet und 16 weitere Soldaten verletzt wurden, von denen einer in den folgenden Tagen seinen schweren Verletzungen erlag, sowie möglicherweise auch ein weiterer deutscher Soldat.
Als Vergeltung für diesen Anschlag wurden am 19. Mai 59 politische Häftlinge – darunter 17 seit April 1944 inhaftierte Partisanen – aus dem Gefängnis in Marassi (Genua) ausgesondert und mit Lastwagen zum Turchino-Pass gebracht, wo sie anschließend am Südhang des Bric Busa erschossen wurden.[1] Nach der deutschen Auslegung des Kriegsvölkerrechts[2] sollten tödliche Partisanenangriffe durch Geiselerschießung mit einer Repressalquote von 10:1 zur Vergeltung ausgeführt werden. Zur Erschießung mussten die Gefangenen zu je sechs Personen auf ein Brett steigen, welches über eine tags zuvor von Juden ausgehobene Grube gelegt worden war. Dadurch hatte jeder Gefangene, bevor er erschossen wurde, die Leichen seiner Kameraden vor Augen.
Unter den 59 Opfern befanden sich auch 17 Männer, die das einen Monat zuvor verübte Massaker von Benedicta überlebt hatten.
Für das Massaker am Turchino-Pass und für die Massaker von Benedicta, Portofino und Cravasco, bei denen insgesamt 246 Menschen getötet wurden, wurde der befehlshabende SS-Polizeichef von Genua, Friedrich Engel, der international auch als der Schlächter von Genua bekannt ist, 1999 vom Militärtribunal von Turin zu lebenslanger Haft verurteilt[3]. Deutschland lehnte jedoch eine Auslieferung nach Italien ab. 2002 wurde Engel im Alter von 93 Jahren in Hamburg wegen Mordes zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt, weil die Durchführung der an sich zulässigen Erschießungsaktion grausam gewesen sei. 2004 hob der BGH dieses Urteil auf Engels Revision hin allerdings mit der Begründung auf, die subjektiven Voraussetzungen des Mordmerkmals der Grausamkeit seien nicht ausreichend bewiesen.[4] Zugleich stellte der Bundesgerichtshof das Verfahren wegen des hohen Alters des Angeklagten ein. Friedrich Engel gilt somit nach deutschem Recht als unbestraft. Er starb 2006 im Alter von 97 Jahren[5].
Am Ort des Massakers, an der Strada Provinciale SP73, in der Nähe des Passo del Faiallo, wurde ein Mahnmal errichtet. Es trägt den Namen Sacrario dei Martiri del Turchino (zu deutsch: Kriegsdenkmal der Märtyrer von Turchino).
Liste der Opfer
Zehn Tote konnten nie identifiziert werden. Die Namen der zumeist sehr jungen Opfer sind die folgenden. Angegeben ist ebenfalls die eventuelle Zugehörigkeit zu Partisanenverbänden.
Aldo Matteo Alloisio (* 2. Oktober 1921), III Brigata Liguria
Domenico Arecco (* 23. August 1913), Brigata Autonoma Militare
Valerio Bavassano (* 14. Januar 1923), III Brigata Liguria
Giuseppe Bottaro (* 24. März 1905), Brigata V.A.I. „Giovine Italia“
Pier Paolo Rivello: Quale giustizia per le vittime dei crimini nazisti? L’Eccidio della Benedicta e la strage del Turchino tra Storia e Diritto. Giappichelli, Turin 2002, ISBN 88-348-2234-X.