Martin Gregor-Dellin, Porträtsitzung bei dem Bildhauer Helmut Ammann (1986)
Martin Gregor-Dellin (Pseudonym für Martin Gustav Schmidt ,
weiteres Pseudonym: Martin Gregor ; * 3. Juni 1926 in Naumburg (Saale) ; † 23. Juni 1988 in München ) war ein deutscher Schriftsteller und Verbandsaktivist.
Leben
Martin Gregor-Dellin war der Sohn eines Kaufmanns. Er wuchs in Weißenfels /Saale auf. Nach dem Abitur im Jahre 1944 war er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Soldat der Wehrmacht . Er befand sich bis März 1946 in amerikanischer Kriegsgefangenschaft im Camp Myles Standish , einer Barackenstadt südlich von Boston , Massachusetts , aus der er nach Mitteldeutschland zurückkehrte. In den folgenden Jahren widmete er sich literarischen und musikalischen Studien. 1950 wurde er Leiter des „Kulturellen Beirats für das Verlagswesen“[ 1] [ 2] [ 3] in Ost-Berlin und ernannte Horst Bienek zu seinem Assistenten.[ 4] Von 1951 bis 1958 war er Lektor des Mitteldeutschen Verlages in Halle (Saale) , wo er u. a. Bruno Apitz ’ Roman Nackt unter Wölfen betreute.
1958 wechselte Gregor-Dellin in die Bundesrepublik Deutschland über. Gregor-Dellin lebte bis 1961 als Schriftsteller in Bayreuth , wo er u. a. an der Herausgabe der autobiografischen Schriften Richard Wagners mitwirkte. Von 1961 bis 1962 gehörte er der Literaturabteilung des Hessischen Rundfunks an und von 1962 bis 1966 war er Cheflektor der
Nymphenburger Verlagshandlung in München . Ab 1966 lebte er als freier Schriftsteller in Gröbenzell bei München.
Martin Gregor-Dellin veröffentlichte in den 1950er und 1960er Jahren Romane und Erzählungen , die stilistisch unter dem Einfluss von Franz Kafka und Thomas Mann standen. Sein noch in der DDR erschienener Roman Jüdisches Largo ist einer der ersten Romane der deutschen Nachkriegsliteratur , der die Judenverfolgung im Dritten Reich zum Thema hat. Nach dem Wechsel in den Westen rückten Gregor-Dellins erzählerische Werke in den Hintergrund; der Autor befasste sich nunmehr vorwiegend mit der Arbeit an Biografien ; außerdem gab er neben zahlreichen Anthologien u. a. die Tagebücher von Cosima Wagner sowie die Werkausgaben von Klaus Mann und Bruno Frank heraus. Auch als führendes Mitglied in diversen kulturellen Gremien übte Gregor-Dellin bedeutenden Einfluss auf den bundesrepublikanischen Literaturbetrieb aus.
1973 gründete er in München gemeinsam mit Jürgen Kolbe , Michael Krüger , Fritz Arnold, Paul Wühr , Inge Poppe , Christoph Buggert , Günter Herburger , Tankred Dorst und Peter Laemmle die erste genossenschaftlich organisierte Autorenbuchhandlung .
Mitgliedschaften
Werke
Cathérine. Halle (Saale) 1954
Jüdisches Largo. Halle (Saale) 1956
Der Mann mit der Stoppuhr. Halle/Saale 1957
Wagner und kein Ende. Bayreuth 1958
Der Nullpunkt. München [u. a.] 1959
Der Kandelaber. Olten [u. a.] 1962
Möglichkeiten einer Fahrt. München 1964
Einer. Olten [u. a.] 1965
Aktennotiz über einen Diktator. St. Gallen 1968
Aufbruch ins Ungewisse. Baden-Baden 1969
Das kleine Wagnerbuch. Salzburg 1969
Unsichere Zeiten. Karlsruhe 1969
Wagner-Chronik. München 1972
Richard Wagner, die Revolution als Oper. München 1973
Föhn. München 1974
Das Riesenrad. München [u. a.] 1976
PEN, Bundesrepublik Deutschland. München 1978
Im Zeitalter Kafkas. München [u. a.] 1979
Richard Wagner. Sein Leben, sein Werk, sein Jahrhundert. München [u. a.] 1980, ISBN 978-3-492-28318-2
Schlabrendorf oder Die Republik. München [u. a.] 1982
Richard Wagner. Eine Biographie in Bildern. München [u. a.] 1982
Erlösung dem Erlöser. Karlsruhe 1983
Luther. München 1983
Pompes funèbres. Bayreuth 1983
Heinrich Schütz. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. München [u. a.] 1984
Heinrich Schütz, Meister ohne Legenden. Vortrag am 24. Mai 1985 in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Karlsruhe 1985
Meister, Monster und Mumien. Erlangen 1985
Was ist Größe? München [u. a.] 1985, ISBN 978-3-492-02941-4
Erinnerungen an Wörter. Reicheneck 1986
Italienisches Traumbuch. München [u. a.] 1986
Partheys völlig verfehlter Besuch bei Thomas Mann. Marbach 2002
Herausgeberschaft
Treffpunkt heute. Halle (Saale) 1958
Stories der Welt. München 1963
Richard Wagner : Mein Leben. München 1963
Vierundzwanzig Erzähler der Welt. München 1964
Vor dem Leben. München 1965
Besuch im Karzer. München 1966
Unser ganzes Leben. München 1966 (mit Geno Hartlaub )
Die Gespenstertruhe. München 1967
Klaus Mann : Prüfungen. München 1968
Klaus Mann : Heute und morgen. München 1969
Wo waren wir stehengeblieben? Frankfurt a. M. 1969
Die erste Prüfung. München 1970
PEN. Tübingen [u. a.] 1971
Die schwarze Kammer. München 1972
Das Gespenst im Aktenschrank. Geistergeschichten aus aller Welt. München 1972, ISBN 978-3-423-00597-5
Klaus Mann : Die Heimsuchung des europäischen Geistes. München 1973
Der verhexte Platz. Reinbek 1973
Das Wachsfigurenkabinett. München 1974
Deutsche Erzählungen aus drei Jahrzehnten. Tübingen [u. a.] 1975
Bruno Frank : Der Reisepaß . München 1975
Bruno Frank : Tage des Königs und andere Erzählungen. München 1975
Klaus Mann : Briefe und Antworten. München
Das andere Bayern. München 1976
Klaus Mann : Abenteuer des Brautpaars. München 1976
Cosima Wagner : Die Tagebücher. München [u. a.] (mit Dietrich Mack )
1.1869–1877. 1976
2.1878–1883. 1977
Bruno Frank : Trenck. München 1977
Klaus Mann : Flucht in den Norden. München 1977
Klaus Mann : Der Vulkan. München 1977
Bruno Frank : Cervantes. München 1978
Die große Gespenstertruhe. München 1978
Carl Christian Bry : Verkappte Religionen. München 1979
Deutsche Schulzeit. München 1979
Bruno Frank : Die Monduhr. München 1979
Klaus Mann : Symphonie pathétique. München 1979
Klaus Mann : Woher wir kommen und wohin wir müssen. München 1980
Leonhard Frank : Die Summe. München 1982
PEN-Schriftstellerlexikon Bundesrepublik Deutschland. München 1982 (mit Elisabeth Endres )
Richard Wagner : Mein Denken. München [u. a.] 1982
Bruno Frank : Die Tochter. München 1985
Die Botschaft hör’ ich wohl. Stuttgart 1986
Klaus Mann : Das innere Vaterland. München 1986
Carl Christian Bry : Der Hitler-Putsch. Nördlingen 1987
Richard Wagner : Ein deutscher Musiker in Paris. Kassel [u. a.] 1987
Eine Pilgerfahrt zu Beethoven. München [u. a.] 1988
Auszeichnungen
Literatur
Elisabeth Endres (Hrsg.): Pathos und Ironie. München [u. a.] 1986
Gregor-Dellin, Martin in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000014122 (abgerufen am 6. April 2021)
Gregor-Dellin, Martin , in Bernd-Ulrich Hergemöller , Mann für Mann : biographisches Lexikon, Frankfurt am Main, Suhrkamp 2001, ISBN 3-518-39766-4 , S. 297
Moser, Dietz-Rüdiger (Hg.), Neues Handbuch der deutschen Gegenwartsliteratur seit 1945, München, Nymphenburger 1990. ISBN 3-485-03550-5 , S, 239f.
Weblinks
Einzelnachweise
↑ Der Kulturelle Beirat für das Verlagswesen oder das Amt für Literatur funktionierten als Kontroll- und Zensurinstanzen. Vgl. dazu: Carsten Gansel, Parlament des Geistes : Literatur zwischen Hoffnung und Repression 1945–1961, Basisdruck, Berlin 1996, ISBN 978-3-86163-067-8 , S. 120–131
↑ Konstellationen : Literatur um 1955 : eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar, 13. Mai bis 31. Oktober 1995, Marbach am Neckar : Dt. Schillerges. 1995, S. 42f.
↑ http://www.argus.bstu.bundesarchiv.de/dr2/index.htm?kid=95EE87932A9E4728B46A01CDE2485507
↑ Horst Bienek , in Bernd-Ulrich Hergemöller , Mann für Mann : biographisches Lexikon, Frankfurt am Main, Suhrkamp 2001, ISBN 3-518-39766-4 , S. 125