Maria Molnár litt mit ihren Eltern und vier Geschwistern unter der Not des Ersten Weltkriegs und kam 1919 im Rahmen der Kinderhilfe für Ungarn mit der Heilsarmee in die Schweiz zu Pflegeeltern. Durch deren Vermittlung nahm sie später die Familie Stader in Romanshorn auf, die sie 1928 adoptierte.
1939 verheiratete sich Maria Stader mit Hans Erismann, dem Musikdirektor von Weinfelden und späteren Chordirektor des Zürcher Stadttheaters. Über den Mann ihrer Gesangslehrerin, Mathilde Bärlocher, lernte sie das Ehepaar Schulthess-Geyer kennen. Stefi Geyer nahm sich in der Folge sehr ihrer an. Ihre Gesangslehrerin, Ilona Durigo, führte sie beim Ehepaar Hermann und Lily Reiff (einer Liszt-Schülerin) ein. Bei Reiffs verkehrten Buschs, Walters und die Familie von Thomas Mann, die ganze Korona aus Stadttheater und Schauspielhaus. Durch die Vermittlung von Fritz Busch kam Maria Stader ein paar Jahre später nach Tremezzo in die Schnabel-Schule. Maria Stader war gut befreundet mit dem Schweizer Politiker Walther Bringolf sowie mit zahlreichen Musikern und anderen Künstlern, insbesondere mit Ferenc Fricsay (welchen sie über Rolf Liebermann kennengelernt hatte), ebenfalls mit Clara Haskil und mit dem FilmregisseurEmil-Edwin Reinert. Mit Albert Schweitzer stand sie in Briefkontakt.
In Zürich, im Quartier Hirslanden, hatte Maria Stader ihren Wohnsitz, in dem sie sich mit ihrem Ehemann und mit ihren Kindern Martin und Roland in den fünfziger und sechziger Jahren aufhielt. Über dem Vierwaldstättersee liess sie sich damals auf Rigi Kaltbad ein Haus bauen, das Chalet «Pamina». Im Geiste der Musik und der Höhenluft trafen sich dort viele ihrer Freunde, Sänger, Dirigenten und Intellektuelle. In den siebziger Jahren war sie in Pfäffikon zu Hause. Bis zu ihrem Lebensende wohnte sie in der Altstadt von Zürich, an der Schipfe im Quartier Lindenhof.
Ausbildung
Ihren ersten Gesangsunterricht hatte Maria Stader bei Mathilde Baerbacher-Keller aus St. Gallen und ab 1930 bei deren Vater, Hans Keller, in Konstanz. Ab 1935 bildete sie sich bei Ilona Durigo in Zürich aus, danach nahm sie in Tremezzo Unterricht bei Therese Schnabel-Behr, der Frau Artur Schnabels, und ab 1938 bei Giannina Arangi-Lombardi in Mailand, durch die sie in eine lange Ahnenreihe des Belcanto, dem Stammbaum des Belcanto seit 1659, eingereiht wurde. In diesem Stammbaum des Belcanto, welcher beim Kastraten Pistocchi 1659 beginnt und nahtlos alle Meister-Schüler-Verhältnisse bis hin zu Stader auflistet, sind auch berühmte Namen wie Wolfgang Amadeus Mozart zu finden. Es war dank der durch Arangi-Lombardi übermittelten Gesangstechnik deshalb kein Wunder, dass gerade Maria Stader der Musik Mozarts auf perfekte Weise gerecht wurde.
1940 debütierte sie am Stadttheater Zürich als Olympia in Hoffmanns Erzählungen und wurde bald für ihre edle, wenn auch wenig kraftvolle Stimme hoch gelobt. Auf der Opernbühne erschien die Künstlerin aber nur ausnahmsweise und nur in einigen wenigen Rollen, da ihre kleine, zierliche Figur – sie war nur 1,44 m gross – sie in ihrem Bühnenrepertoire einschränkte. Ihre grosse Glanzrolle war die Königin der Nacht in der Zauberflöte, die sie an der Wiener Staatsoper, 1949/50 an der Covent Garden Oper London und auch am Stadttheater Zürich sang. 1956 sang sie in 22 (konzertanten) Vorstellungen in Israel die Titelrolle in Lucia di Lammermoor unter Ferenc Fricsay.
«Der Gesang muß die natürliche Sprache des Sängers sein. Der Zuhörer muß das Empfinden haben, als sei das menschliche Wesen, das da vor ihm singt, gar nicht in der Lage, sich anders auszudrücken als mit Gesang, als singend. Mein Ideal einer Opernaufführung ist es, den Eindruck zu haben, als befände ich mich im Sprechtheater.
Stets muß der Ton, von oben her kommend, auf die vordere Schädeldecke konzentriert und schlank wie durch ein in die obere Gesichtshälfte eingelassenes Nadelöhr ins Freie projiziert werden»
1962: Hans-Georg-Nägeli-Medaille, verliehen durch den Stadtrat von Zürich
Veröffentlichungen
Ferenc Fricsay. In: Martin Müller, Wolfgang Mertz (Hrsg.): Diener der Musik. Unvergessene Solisten und Dirigenten unserer Zeit im Spiegel der Freunde. Wunderlich, Tübingen 1965.
Zusammenarbeit mit Fricsay. In: Friedrich Herzfeld (Hrsg.): Ferenc Fricsay. Ein Gedenkbuch. Rembrandt, Berlin 1964.
Johann Sebastian Bach, Arie «Aus Liebe will mein Heiland sterben», Matthäus-Passion. Fotos von Roland Erismann. Mit einer Notenbeilage und zwei Schallplatten sowie einer Diskographie. Panton, Zürich 1967 (Reihe Wie Meister üben. 3).
Nehmt meinen Dank. Erinnerungen. Nacherzählt von Robert D. Abraham. Mit Repertoire, Schallplattenverzeichnis und Namenregister. Kindler, München 1979, ISBN 3-463-00744-4.