MareNostrumMareNostrum (lateinisch Mare nostrum ‚unser Meer‘, eine römische Bezeichnung des Mittelmeeres) ist der Name für mehrere Generationen von Supercomputern an der Universitat Politècnica de Catalunya in Barcelona. Betrieben wird die Einrichtung vom Barcelona Supercomputer Centre BSC, die auch noch andere Datenverarbeitungssysteme betreibt. Der Supercomputer ist für Forschung in den Bereichen Biowissenschaften, Meteorologie, und Umweltwissenschaften vorgesehen und für kommerzielle Anwendungen in den Bereichen Pharmazeutik, Automobil und Aeronautik. Die komplette Technikinstallation wurde anfangs in die ehemalige Kapelle Torre Girona eingebaut und von 5 m hohen Glaswänden umgeben. Der Supercomputer wurde seit der ersten Inbetriebnahme 2004 mehrfach durch aktuellere Technik ersetzt. MareNostrum seinerseits ist ein Teil von insgesamt 16 Supercomputern, die an verschiedenen spanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen unter dem Namen Red Española de Supercomputación (RES) vernetzt sind. Die fünfte Generation, MareNostrum 5, ist ein Teil des EuroHPC. MareNostrum 5 konnte nicht mehr in der ehemaligen Kapelle untergebracht werden und erforderte einen Neubau. AufgabenMareNostrum erfüllt vielfältige Aufgaben in Wissenschaft, Forschung und Lehre. Die Arbeitsbereiche umfassen Big Data, Bioinformatik, Biomechanik, Klimatologie, Cloud Computing, Kognitionswissenschaft, Rechnerarchitektur und Codedesign, verteilte Systeme, Schulung, technische Simulationen, Fusionsenergie, Genomforschung, Geophysik, Softwareentwicklung für Supercomputer, Materialwissenschaft, Molekulare Modellierung, Operations Infrastruktur, Leistungsanalyse, Programmierungsmodelle, soziale Simulationen, rechnergestützte Erdwissenschaften, extreme mathematische Probleme und Algorithmen, Quanteninformation. Ein Teil der Aufgaben besteht im Testen der jeweils nächsten Generation von Supercomputern und Vorabentwicklung der entsprechenden Softwareprodukte. MareNostrum 1Bei Inbetriebnahme im November 2004 erreichte MareNostrum 1 eine Dauerrechenleistung von 20 Teraflops bei Nutzung von 3.564 PPC 970, 2,2 GHz Prozessoren und kam damit im November 2004 auf Platz 4 der TOP500.[1] Am 13. April 2005 wurde der Rechner zum ersten Mal mit 4.800 PPC 970, 2,2 GHz Prozessoren und Myrinet mit seiner vollen Leistung von 27,9 Teraflops hochgefahren. In dieser neuen Konfiguration erreichte er mit insgesamt 4.812 Prozessoren Platz fünf der Ausgabe Juni 2005 der Vergleichsliste.[2] MareNostrum 2Nach einer Umrüstung im Jahr 2006 auf PPC 970, 2,3 GHz Prozessoren und Myrinet verfügte MareNostrum 2 über 10.240 Kerne und 20 TB RAM und erreichte damit mit 62,6 Teraflops. Das System hatte ungefähr 300 TB Plattenspeicher. Das reichte im November 2006 für den fünften Platz in der Liste. 2008 kam es mit einer Leistung von 63,8 TFLOPS als Spaniens schnellstes System weltweit auf den 41. Platz. Im Juni 2012 belegte es noch Platz 465.[3] Als das System abgebaut wurde, wurden die verbleibenden Teile zu kleineren Clustern mit 256 und 512 Rechenknoten aufgeteilt, die in verschiedenen spanischen Universitäten und Instituten weiterbetrieben wurden. MareNostrum 3Für den Betrieb von MareNostrum 3 wurden umfangreiche Bauarbeiten zur Verstärkung der Stromversorgung und des Kühlsystems erforderlich. In der Zeit zwischen 2011 und 2013 waren zwei Systeme in Betrieb. Eines war Bullx B505, ein System aus 5.544 Xeon E5649 6C 2,53 GHz Prozessoren, InfiniBand QDR, NVIDIA 2090 Prozessoren und 3024 GB Speicher. Dieses System schaffte 103,2 Teraflops und wurde bis 2013 betrieben.[4] MareNostrum 3 ging zwischen 2012 und 2013 in Betrieb und verwendete anfänglich 33.664 DX360M4, Xeon E5-2670 8-Core, 2.600GHz Prozessoren und InfiniBand FDR zur Verbindung. Die Leistung war damit 636,9 Teraflops. Der Computer verfügte ab 2013 über 48.896 Intel Sandy Bridge Prozessoren in 3.056 Knoten, dazu 84 Xeon Phi 5110P in 42 Knoten, mit mehr als 115 TB Hauptspeicher und 2 PB an GPFS Diskspeicher. Insgesamt erreichte er damit 925,1 Teraflop und 1,1 Petaflop peak.[5][6][7] Im Top500 Ranking erreichte das System im Juni 2013 den Platz 29.[8] MareNostrum 3 war als erster Rechner in den Petaflop-Bereich vorgestoßen. MareNostrum 4MareNostrum 3 wurde ab Mitte 2017 durch MareNostrum 4 ersetzt, der das alte System ungefähr um den Faktor 10 bis 12 übertraf. Er verfügte anfänglich über 11,1 Petaflops Peak Rechenkapazität und erreichte mit dem zusätzlichen Cluster aus IBM Power9 und Nvidia Volta Prozessoren 13,7 Petaflops. Gemäß dem Top500 Ranking vom 19. Juni 2017 war es der drittstärkste Cluster in Europa und der dreizehnte weltweit.[9] MareNostrum 4 war verbunden mit den Big Data Einrichtungen des Barcelona Supercomputer Centre BSC, die eine Speicherkapazität von 24,6 Petabytes hatten. Die RedIris- und GÉANT-Netzwerke stellen den Verbund mit den europäischen Universitäten her.[10] Bemerkenswert war die heterogene Architektur. Es gab den allgemeinen Block, der die Hauptrechenarbeit übernimmt und einen zusätzlichen Block zur Erforschung neu entwickelter Technologien. Fünf Speichereinheiten (Elastic Storage) verwalteten 14 Petabytes an Daten, ein Intel-Omni-Path-Hochgeschwindigkeitsnetzwerk und ein Ethernet verband die Komponenten.[10] General-purpose Cluster
Emerging Technologies BlocksDer Block mit den neuentwickelten Technologien enthielt Cluster von drei verschiedenen Technologien so wie sie verfügbar waren. Neue Prozessoren und Software konnten damit betrieben, getestet und optimiert werden, noch bevor die nächste Rechnergeneration im vollen Umfang aufgebaut wird. Spezialisierte Chips z. B. Grafikprozessoren konnten entsprechende Aufgaben in besonderem Maß optimieren und beschleunigen. Der Übergang zu künftigen neuen Technologien konnte so fließend geschehen.
MinoTauroBSC betreibt noch weitere größere Rechenknoten. Der zweitgrößte Cluster unter dem Namen MinoTauro vereinigte im Jahr 2019 39 Server mit jeweils
Insgesamt erreichte das System 250.94 Tflops Peak, davon 226,98 TFlops von den Grafikprozessoren und 23,96 TFlops von den Hauptprozessoren. Als Betriebssystem kam Red Hat Enterprise Server zum Einsatz.[17] Active ArchiveDas BSC betreibt ein digitales Archiv. Für die langfristige Speicherung der gesamten Aktivitäten der Supercomputer, einschließlich der bereits abgebauten Systeme, gibt es ein Speichersystem, das den Zugang zu diesen Daten ermöglicht und den Zugang durch die Benutzer regelt und außerdem die Aktivitäten der Benutzer protokolliert. Anfang 2022 bestand das System aus folgenden Komponenten:
MareNostrum 5Verbindung mit EuroHPCFür das European High-Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) sind Cluster an acht verschiedenen Standorten in acht verschiedenen europäischen Mitgliedsstaaten vorgesehen. Das EuroHPC-Programm dient zur Förderung des Hochleistungsrechnens in den kleineren und finanzschwächeren Staaten, die die erforderlichen Mittel sonst nicht aufbringen könnten. Die ausgewählten Standorte sind Sofia (Bulgarien), Ostrava (Tschechien), Kajaani (Finland), Bologna (Italien), Bissen (Luxemburg), Minho (Portugal), Maribor (Slowenien) und Barcelona (Spanien). Am gesamten Projekt sind 19 der 27 EU-Mitglieder beteiligt, außerdem einige Länder, die nicht Teil der EU sind. Das Projekt hat insgesamt ein Budget von ungefähr 840 Millionen €. Es soll drei Vorläufer-Maschinen (Pre-Exa Scale) mit mehr als 150 Petaflops geben, die später durch 5 Einheiten im Exa-Maßstab und fünf Maschinen mit 4 Petaflops ergänzt werden. Die Vorläufer-Maschinen sollen ungefähr die vierfach größere Rechenleistung erbringen, als die gegenwärtigen Systeme der Partnership for Advanced Computing in Europe (PRACE). Ein Ziel ist auch die Entwicklung und Integration einer europäischen Prozessortechnologie, die die Abhängigkeit von außereuropäischer Technologie beseitigen soll.[18] Barcelona ist somit als Standort für einen der Vorläufer-Computer der europäischen Supercomputer vorgesehen, die im Rahmen von EuroHPC gefördert werden. Dieser Computer sollte über 200 Petaflops Peak Rechenkapazität erreichen und am 31. Dezember 2020 in Betrieb gehen. MareNostrum 5 soll ein Budget von 223 Millionen Euro haben, dieses schließt den Kauf, die Installation und den Betrieb für fünf Jahre ein. Die Hälfte des Budgets für MareNostrum 5 wird von der EU bereitgestellt, die andere Hälfte kommt von den Staaten Spanien, Portugal, Türkei, Kroatien und Irland, die zu diesem Zweck ein Konsortium bilden.[19] Spezifikationen der Ausschreibung
InbetriebnahmeDie Inbetriebnahme von MareNostrum5 war ursprünglich für Ende 2020 geplant. MareNostrum 5 beansprucht deutlich mehr Platz als MareNostrum 4. Der Platz in der Kapelle Torre Girona reichte dafür nicht mehr aus, so dass ein Teil einem benachbarten Gebäude aufgestellt werden muss. Das neue Gebäude wurde zu diesem Zweck im Oktober 2021 eingeweiht.[22] Zu den vorbereitenden Maßnahmen gehörte der Aufbau von fünf Transformatoren mit insgesamt 20 MVA für den Energiebedarf und neue Kühltürme für die Abfuhr von 17 MW Wärmeleistung, die außer MareNostrum 5 auch noch künftige Erweiterungen unterstützen sollen. Aus verschiedenen Gründen verzögerte sich das Projekt. Im Juli 2021 wurde die Ausschreibung gestoppt, da sich in der Zwischenzeit die Spezifikationen geändert haben und über die bestehenden Angebote keine Einigkeit erzielt werden konnte. Ein Faktor war dabei die höhere Nachfrage nach Projekten im Sektor Medizin und Erforschung neuer Wirkstoffe.[23] Im Januar 2022 wurde eine neue Ausschreibung gestartet, die Installation im 3. Quartal 2022 beginnen und dann noch 2023 in Betrieb gehen.[24] Die offizielle Einweihung war dann am 21. Dezember 2023 in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Pedro Sánchez.[25] Der neue Supercomputer soll einen zusätzlichen Quantencomputer umfassen, der von einem Temporary Joint Venture (UTE) bestehend aus dem Startup-Unternehmen Qilimanjaro Quantum Tech und dem spanischen Technologie- und Telekommunikationsunternehmen GMV bereitgestellt werden soll. Es soll der erste Quantencomputer mit öffentlichem Zugang in Südeuropa sein. Die ersten dieser Systeme sollen im 2. Quartal 2023 geliefert werden und im 3. Quartal in den Probebetrieb gehen.[26] Das SystemMareNostrum 5 wurde von Bull SAS geliefert und kombiniert Bull Sequana XH3000 und Lenovo ThinkSystem Architekturen mit Red Hat Enterprise Server als Betriebssystem. Es hat eine kombinierte Rechenleistung von 314 PFlops Peak. Das System besteht aus vier Partitionen mit unterschiedlicher Technologie, die jeweils für bestimmte Anwendungen vorgesehen sind. Während die ersten beiden Partitionen die Masse der Berechnungen durchführen, werden die beiden Partitionen für die nächste Generation für Tests, Schulungen und Softwareentwicklung genutzt. Diese beiden Partitionen werden zu einem späteren Zeitpunkt nach und nach in Betrieb gehen und die kommende Generation von Exascale-Computern vorbereiten. Im Ranking in den Top 500 werden die Blocks einzeln bewertet: General Purpose Partition erreichte im November 2023 mit Rmax von 40,10 und Rpeak 46.37 Petaflops den Platz 19, die Accelerated Partition mit Rmax 138,20 und Rpeak 265.57 Petaflops den 8. Platz weltweit.[27] In der Green500 Liste erreichten die beiden Blocks Platz 6 und Platz 80.[28]
MareNostrum 5 GPP (General Purpose Partition) Diese Partition hat 6408 Rechenknoten, basierend auf Intel Sapphire Rapid Prozessoren. Jeder Knoten hat
Zusätzlich zu den 6408 Standardknoten gibt es 72 Knoten für Aufgaben, die hohe Speicher-Bandbreite erfordern:
MareNostrum 5 ACC (Accelerated Partition) Diese Partition hat 1120 Knoten und arbeitet mit Intel Sapphire Rapid Hauptprozessoren und zusätzlichen Nvidia Hopper Grafikprozessoren zur Beschleunigung von besonderen Aufgaben. Jeder Knoten hat
Langzeitspeicher und ArchivierungDer Datenspeicher wurde seit MareNostrum 4 erweitert und hat jetzt eine Nettokapazität von 248 PB und basiert auf SSD/Flash Laufwerken und Festplatten, die insgesamt 1,2 TB/s schreiben and 1,6 TB/s lesen können. Für Langzeitspeicher und Archivierung, gibt es einen zusätzlichen Bandspeicher mit 402 PB Kapazität. WeblinksCommons: MareNostrum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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