Marcellinus MolkenbuhrMarcellinus Molkenbuhr OFM, auch Marzellin(us) und Molckenbuhr (* 1. September 1741 in Rheine (Westfalen) als Bernd Anton Molkenbuhr; † 16. Juni 1825 in Paderborn)[1] war Priester im Franziskanerorden, Theologe und Buchautor. LebenBernd Anton Molkenbuhr besuchte das Gymnasium Dionysianum der Franziskaner in Rheine und dann das Jesuitenkolleg Münster. 1758 trat er in Hamm in die Sächsische Franziskanerprovinz (Saxonia) ein und erhielt den Ordensnamen Marcellinus. Nach Studien an den franziskanischen Studienhäusern in Warendorf (Philosophie), Halberstadt (Theologie) und Bielefeld (Bibelexegese und Kirchenrecht) wurde er am 27. Oktober 1764 zum Priester geweiht und dozierte als Lektor in den Studienhäusern der Saxonia ab 1766 Philosophie (bis 1769 in Geseke, bis 1772 in Vreden, bis 1774–1786 in Rietberg) und von 1774 bis 1786 Theologie in Paderborn. Ab 1786 wurde er mit Leitungsämtern in seiner Ordensprovinz betraut. Zunächst war er Guardian des Konvents in Paderborn. Ab 1787 hatte er das Amt des Kustos inne. Das Provinzkapitel der Saxonia wählte ihn dann 1789 zum Provinzial, 1798 ein weiteres Mal und 1807 zum dritten Mal, jeweils für eine dreijährige Amtszeit. In den dazwischen liegenden Jahren war er Provinzsekretär und ab 1805 erneut Kustos. Der Sitz des Provinzialats war im Franziskanerkloster Münster. 1804 beauftragte ihn die Ordensleitung in Rom mit der Visitation seiner eigenen Provinz. Als Provinzial achtete er besonders auf eine gründliche und konsequente Ausbildung des Ordensnachwuchses der Provinz in den Studienkonventen und kontrollierte persönlich die Lehrpläne, die er gegen Einflüsse der Aufklärung und Philosophen wie Immanuel Kant abschirmte. Als das Kloster in Münster 1812 infolge der Säkularisation aufgehoben wurde, zog sich Molkenbuhr zunächst in seine Heimat nach Rheine zurück, ging aber 1815 in den Konvent in Paderborn, der von den Klosterschließungen verschont geblieben war.[2] Schriftstellerische TätigkeitMarcellinus Molkenbuhr trat als Kontroverstheologe hervor. Er verfasste 26 wissenschaftliche Dissertationen in lateinischer Sprache in den Bereichen Exegese, Patrologie und Kirchengeschichte, in denen er die Angriffe auf die Religion und die Orden bekämpfte; der franziskanische Gymnasiallehrer und Historiker Crescens Schupmann bezeichnete ihn als „Wächter Israels in Westphalen und weiter“.[3] Er äußerte sich in seinen Schriften auch zu Positionen anderer katholischer und nichtkatholischer Autoren wie auch zu Ereignissen im Zusammenhang mit der Säkularisationsbewegung. 1796 verlieh ihm die Universität Heidelberg nach seinen ersten Dissertationen die Ehrendoktorwürde. Bis ins hohe Alter war Marcellinus Molkenbuhr als Autor tätig, auch wenn er zuletzt eine gewisse Starrheit zeigte, wenn er 1820 etwa gegen den früheren Franziskaner und seinerzeitigen Pfarrer in Düsseldorf-Bilk, Anton Joseph Binterim, die These vertrat, die Apostel hätten das Neue Testament in lateinischer Sprache verfasst.[4] 77-jährig war er 1818 bei der Gründung der Universität Bonn von Hieronymus Windischmann für einen theologischen Lehrstuhl vorgeschlagen worden. In seiner Geschichte der kath.-theologischen Fakultät zu Bonn apostrophierte ihn der Historiker Heinrich Schrörs 1921 als „einen als wissenschaftlichen Sonderling übel bekannten Vielschreiber“.[5] Noch 1818/1820 veröffentlichte er eine zweibändige Kirchengeschichte. Inquisitionsfall Ferdinand BeckerMolkenbuhr war persönlich und publizistisch stark in den Fall des 1798 von Fürstbischof Franz Egon von Fürstenberg wegen Ketzerei eingekerkerten und 1799 durch Verhängung des Kirchenbanns exkommunizierten Priesters und langjährigen Domvikars von Paderborn, Ferdinand Becker (1740–1814), involviert, Opfer des letzten in Deutschland vollstreckten Urteils der Inquisition. Molkenbuhr kannte Becker seit langem und war als Lektor im Kloster Geseke in den 1760er Jahren sein Nachbar gewesen, als Becker als Pfarrer von Hörste amtierte. Während seiner Haft im Franziskanerkloster Paderborn war Molkenbuhr als damaliger Provinzial des Ordens der einzige Besucher, den Becker empfangen durfte. Seine Unterredung mit Molkenbuhr wurde von Becker heimlich in seinem Tagebuch aufgezeichnet und bestärkte ihn in seiner Befürchtung, dass ihn die kirchliche Obrigkeit in der Gefangenschaft sterben lassen wollte, ohne ihm Haft- oder Anklagegründe mitzuteilen. Nach Beckers spektakulärer Flucht aus der Klosterhaft verfasste Molkenbuhr mehrere Streitschriften, in denen er auf die deutschlandweit veröffentlichten Kampfschriften und Berichte über den Fall reagierte und das Vorgehen Franz Egons sowie die unmenschlichen Haftbedingungen im Paderborner Franziskanerkloster rechtfertigte und beschönigte. Dabei benutzte er auch die von den Paderborner Behörden beschlagnahmten Schriften Beckers, die heute großteils verloren sind und sich inhaltlich nur grob aus Molkenbuhrs Darstellungen rekonstruieren lassen.[6] Veröffentlichungen (Auswahl)
Literatur
WeblinksEinzelnachweise
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