Zwischen 1991 und 1996 stellte die MuZ Motorrad- und Zweiradwerk GmbH (bis 30. Juni 1992: Motorradwerk Zschopau GmbH) Motorräder der Modellreihe MZ Saxon 500 R her.
Die Reihe entstand auf Basis des Fahrgestells der MZ ETZ 251, in das ein 494-cm³-Viertaktmotor von Rotax eingesetzt wurde. Die Motorleistung wurde auf die bei Markteinführung maximal möglichen 20 kW der deutschen Fahrerlaubnisklasse 1a abgestimmt.[1] Der Prototyp wurde Ende September 1990 auf der Internationalen Fahrrad- und Motorrad-Ausstellung (IFMA) in Köln präsentiert.[2] Die einfache Austauschbarkeit der Anbauteile erlaubte dem Hersteller unterschiedliche Zusammenstellungen in Ausstattung und Design.
Die beiden ersten Modellvarianten von 1991 wurden als 500 R bzw. mit dem Zusatz VR vermarktet und hatten noch die augenfälligen Stahlblech-Seitenteile sowie den Stahlblech-Tank der ETZ. Den später nachfolgenden Varianten wurde die Bezeichnung Saxon (Eigenschreibweise SAXON) vorangestellt. Auf der genannten Kombination von Fahrgestell und Motor basierte zudem die 1993 in Serie gegangene Variante Silver Star (Eigenschreibweise SILVER STAR). Die Silver Star sollte an den Erfolg des ersten Retro-Café Racers, die von 1985 bis 1990 insbesondere für den deutschen Markt als „Clubman“ benannte Sonderversion der Honda XBR 500, anknüpfen. Mit Verwendung des Rotax-Einzylinders entstand auch die Idee zu einer breitensporttauglichenClubmansport-Rennserie, dem späteren MZ-Cup.[3][4][5][6]
Nachdem die Höchstleistung in der Fahrerlaubnisklasse 1a zum 1. April 1993 von 20 kW auf 25 kW angepasst wurde[7], reagierte MuZ und erhöhte die Motorleistung dementsprechend.[8]
Technische Daten
Solomaschinen
500 R / VR
SAXON 500 Tour
SAXON 500 Fun / Fun Sport
SAXON 500 Country
SILVER STAR
Baujahre
1991–1992
1992–1996
1992–1994
1993–1996
1993–1996
Ausstattungsmerkmale/ Bemerkungen
Tank, Seitenteile, Scheinwerfer, Blinkanlage, Spiegel und Sitzbank unverändert von der MZ ETZ 251/301; Vorderradkotflügel, Drehzahlmesser und Tachometer in neuem Design; Lampenmaske; Auspuffanlage zu Beginn beidseitig.
Tank, Seiten- und Heckverkleidung aus Kunststoff; eckige Spiegel und Frontscheinwerfer; Lampenmaske mit integriertem, kleinem Windschild; Auspuffanlage rechts.
Seitenteile unverändert von der ETZ 251/301, Tank aus Stahlblech; Frontscheinwerfer (mitlenkend), Drehzahlmesser, Tachometer, Spiegel sowie Blinkanlage rund und verchromt; Vorder- und Hinterradkotflügel verchromt; Motorgehäuse silbergrau beschichtet; Auspuffanlage rechts und verchromt.
Mit später angebotener Lackierung von Tank und Seitenteilen in klassisch grün bzw. bordeauxrot als GREEN STAR bzw. RED STAR vermarktet.
In angebotener Lackierung von Tank und Seitenteilen in klassisch grün bzw. bordeauxrot als GREEN STAR bzw. RED STAR
Testberichte/Kritiken
Ein Testbericht der Zeitschrift MOTORRAD für das Modell 500 R von 1991 urteilte:
„Die guten Eigenschaften der MZ ETZ-Modelle wie Handlichkeit, Beweglichkeit und komfortable Auslegung beizubehalten und in der 500 R mit der Leistungsfähigkeit eines Viertaktmotors zu kombinieren, war erklärtes Ziel der Zschopauer Ingenieure. […] Sicher: Eine MZ 500 R ist für 6900 Mark kein Billigangebot mehr. Aber auch kein billig gemachtes Motorrad, denn viele früher kritisierte MZ-Schwächen wurden beseitigt. Mit dem Rotax-Motor gehört der Halbliter-Eintopf aus Zschopau sogar zu den Leichtgewichten seiner Hubraumklasse, ist in der Handlichkeit beispielhaft und wartet mit sinnvollen Details wie einem geschlossenen Kettenkasten auf. […] Gewöhnungsbedürftig sind für MZ-Neulinge allerdings die relativ weit vorn angebrachten, in der Serienausstattung starren Fußrasten.“[1]
Mitte 1992 testete MOTORRAD die Modellvariante Fun in einem Kurz- sowie einem Vergleichstest mit den Einzylinder-Modellen Royal Enfield Bullet 500, Honda GB 500 Clubman und Yamaha SR 500. – Die Kritiken fielen relativ abweichend voneinander aus:
„Jetzt sorgt mit Acerbis ein weiterer Italiener für den optischen Pfiff: mit der Tank/Verkleidungs-Kombination des MZ 500 R-Modells ‚Fun‘. Die lackierten Thermoplast-Teile besitzen jedoch nicht nur ästhetische, sondern auch praktische Vorzüge: So gewinnt der Sitzkomfort des Fahrers durch den exakten Knieschluss […]. Der 34 Millimeter große Dellorto-Vergaser, der zur Schadstoff-Reduzierung ab Werk sehr mager abgestimmt ist, bedurfte erst einer helfenden Hand, bevor aus der ‚Fun‘ echter Fahrspaß wurde. […] Mit einer 48er Leerlaufdüse und hochgehängter Düsennadel jedoch marschierte die Fun schon knapp über Leerlauf-Drehzal mit sattem Druck voran.“[9]
„Die 500 Fun ist ein Motorrad ohne real existierende oder vorgespiegelte Vergangenheit. […] Was sie darstellt ist, eine schlichte, sportliche Straßenmaschine, […]. Die MZ 500 Fun tritt als Spaßmacher im Vergleichsquartett an, zumindest ihrem Namen nach. Spaß verspricht auch die Leistung des Rotax-Motors, der mit 31 PS den Nominalwert von 27 PS deutlich übertrifft. Doch […] der Rotax-Single ist mechanisch unzeitgemäß laut, und die vermeintlich einzylindertypische Durchzugsstärke ist auch nicht seine Sache. […] weil er nach oben heraus angestrengt wirkt, hat man sich in der Praxis mit einem schmalen nutzbaren Drehzahlband abzufinden, das häufige Schaltvorgänge erzwingt und ungewollte Hektik ins Fahrgeschehen bringt. […] Erfreulicherweise ist das Fahrwerk in allen Lebenslagen ein angenehmer Partner. […] Würde die Verkleidungsscheibe den Fahrtwind nicht penetrant auf des Fahrers Kopf lenken, könnte man der MZ eine uneingeschränkte Langstreckentauglichkeit attestieren. […] Armaturen und Instrumente scheinen das billigste zu sein, was in Italien zu haben war, Fußrastenausleger und Bremshebel versprühen Landmaschinen-Charme, und der sich im unteren Totpunkt am Rahmen festklemmende Kickstarter verrät, daß man in Zschopau recht großzügig mit Fertigungstoleranzen umgeht […].“[10]
Im Sommer 1993 testete MOTORRAD die von Fachpresse seit der Präsentation auf der IFMA 1992 mit Spannung erwartete Modellvariante Silver Star:
„Dank besserer Vergaserabstimmung sind die Probleme mit mangelhafter Gasannahme im unteren Drehzahlbereich, die MuZ-Viertakter früher plagten, ausgestanden; der Eintopf nimmt sauber Gas an […]. Wie es sich für ein so leichtes Motorrad gehört, läßt sich die MuZ ohne Widerstreben und recht zielgenau in Kurven einlenken. Sie läuft gut geradeaus und ist unempfindlich gegen Seitenwind, […]. Aufstellneigung beim Bremsen ist ihr ebenso fremd wie Verwinden der mit 35 Millimetern Standrohrdurchmesser ausreichend dimensionierten Gabel. […] Die Sitzposotion des Silver Star-Lenkers wird durch […] engen Knieschluss am schmalen Tank und die vergleichsweise weit vorn stehenden Fußrasten bestimmt. […] Zum Charakter der Silver Star als leichtem, handlichem Einzylinder in der Tradition der fünfziger und sechsziger Jahre paßt auch die bequeme Soziusposition mit angenehm niedrig angebrachten Fußrasten. […] Ansprechend, allerdings mit Ziffern und Markierungen etwas überladen, gerieten Tacho und Drehzahlmesser mit weißen Ziffernblättern in ihrem verchromten Fassungen, […] Das bisher gelungenste Motorrad aus der Zschopauer Viertaktriege ist die Silver Star Classic 500 trotz dieser kleinen Schwächen allemal. Ein Sonderangebot ist sie für 8970 Mark allerdings nicht – aber MuZ-Motorräder sind, wie die Silver Star beweist, heute auch auf höherem qualitativem und technischem Niveau als zu DDR-Zeiten.“[8]
Ebenfalls 1993 testete MOTORRAD das neue Modell Saxon 500 Country und berichtete bzw. urteilte:
„Auf den ersten Blick wird sie ihrem Namen gerecht: Enduro-Reifen auf Drahtspeichenfelgen, Motorschutz, hochgelegter Auspuff, und sogar Cross-Fußrasten. […] Doch ungeteilter Spaß will bei der Sächsin nicht aufkommen. Dabei hätte sie die besten Anlagen dazu: gutes Handling, geringes Gewicht und tourentaugliche Reichweite. Aber die Motorcharakteristik ist zu ruppig, und die schlechten Kalt- und Leerlaufeigenschaften sind zu ärgerlich. Damit die MuZ zum Spaßmacher wird, sollten die Zschopauer dem Single Manieren beibringen. […] Wen dennoch die Landliebe ergriffen hat, dem sollte seine Leidenschaft schon knappe 8500 Mark wert sein.“[11]
Ein weiteres Sondermodell war 1992 die 500 F für die Polizei. Es war grün-weiß lackiert, hatte die Sondersignale Blaulicht und Sirene sowie Sturzbügel und Seitenkoffer der MZ ETZ 250 F. Es sollen lediglich 24 Maschinen gefertigt worden sein.[13]
1994 wurde ein Nachfolger, die 500 RF, für die Polizei gefertigt. Tank und Seitenteile waren nun aus Kunststoff, zudem hat sie eine durchgehende Verkleidung mit großem Windschild, Lampenmaske und Beinschutz. Das Funkgerät war hier an Stelle des Soziussitzes angebracht. Von der 500 RF sollen 280 Stück hergestellt worden sein.[14]
Letztmals wurde 1995 der Versuch unternommen, ein Sondermodell bei der Polizei zu etablieren, was jedoch misslang. Gegenüber der RF hat dieses RFCX genannte Motorrad eine geänderte Frontverkleidung, einen Einzelsitz und Funktionstaschen an den Seiten. Lediglich 46 Maschinen sollen gefertigt worden sein.[15]
Literatur
René Zapf: Made in Zschopau. Motorräder mit Herz. Chemnitzer Verlag, Chemnitz 2012, ISBN 978-3-937025-86-5, S.24, 36–51, 196.
Andy Schwietzer: Typenkompass MZ – Motorräder seit 1950, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 2008, S. 13–15, 19f., 74f., 80–85, ISBN 9783613029491
Stiletto: Wenn gar nichts mehr geht – einfach weiterfahren. MZ. in Günter Höhne (Hrsg.): Die geteilte Form, Deutsch-deutsche Designaffären 1949–1989, Fackelträger Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7716-4421-5, S. 61–71.
↑ abWerner Enzmann: Mehr Takt. Erster Fahrbericht MZ 500 R. In: Paul Pietsch (Hrsg.): MOTORRAD. Heft 26. Verlag Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 1991, ISSN0027-237X, S.38–41.
↑Neue Berge hat das Land. Nachlese zur IFMA. In: Bundesverband der Motorradfahrer (Hrsg.): Ballhupe – Das Magazin des Bundesverbandes der Motorradfahrer e. V. Heft 4/1990. Verlag Ballhupe, Krefeld Oktober 1990, S.12 (PDF [abgerufen am 6. September 2023] mit Bild des Prototyps auf Seite 20).
↑Andy Schwietzer: Typenkompass MZ – Motorräder seit 1950. 2008, S. 13–15, 19f., 74f., 80–85
↑Stiletto: Wenn gar nichts mehr geht – einfach weiterfahren. MZ. in Günter Höhne (Hrsg.): Die geteilte Form, Deutsch-deutsche Designaffären 1949–1989, Fackelträger Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7716-4421-5, S. 61–71.
↑Axel Westphal: Der neue Führerschein. In: Paul Pietsch (Hrsg.): MOTORRAD. Heft 6. Verlag Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 1993, ISSN0027-237X, S.90–91.
↑ abWerner Enzmann: Serien-Star. Test MuZ Silver Star Classic 500. In: Paul Pietsch (Hrsg.): MOTORRAD. Heft 15. Verlag Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 1993, ISSN0027-237X, S.30–36.
↑Michael Schäfer: Guten Appetit! Kurztest MZ 500 R Fun. In: Paul Pietsch (Hrsg.): MOTORRAD. Heft 13. Verlag Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 1992, ISSN0027-237X, S.43.