Lucio Papirio dittatore (Zeno)
Lucio Papirio dittatore (später auch Quinto Fabio) ist ein Libretto zu einer Opera seria in drei Akten von Apostolo Zeno. Erstmals aufgeführt wurde das Werk in der Vertonung von Antonio Caldara am 4. November 1719 am Kaiserhof in Wien. Insgesamt sind nahezu 30 Vertonungen bekannt. Handlung
– Vorwort zum Libretto der Vertonung von Carl Heinrich Graun, Berlin 1745 (leicht gekürzte Übersetzung des Original-Vorworts von 1719)[Digitalisat 1] Die folgende Inhaltsangabe basiert auf dem Libretto der Erstfassung von 1719. Auch die genannte Arien-Titel beziehen sich auf diese von Antonio Caldara vertonte Fassung. Erster AktDas Kapitol in Rom mit der Außenseite des Jupitertempels Szene 1. Der Diktator Lucio Papirio, Marco Fabio (der zuvor bereits mehrfach das Diktator-Amt innehatte), seine Tochter Papiria, Marcos Tochter Rutilia, Liktoren und römisches Volk treten aus dem Tempel (Tutti: „Con fausti auspici“). Die Auguren haben Lucio empfohlen, sich vor der entscheidenden Schlacht gegen die Samniten in Rom mit den Göttern zu versöhnen. Während seiner Abwesenheit soll Quinto Fabio, der mit Papiria verheiratete Sohn Marcos, das Kommando über das Heer übernehmen. Lucio schärft Marco ein, dass Quinto das Lager geschlossen halten und keine Angriffe gegen den Feind unternehmen dürfe. Marco meint, dass dies seinem Sohn sehr schwer fallen werde (Marco Fabio: „Tal generoso destriero indomito“). Szene 2. Papiria und ihre Freundin Rutilia (Quintos Schwester), verabschieden sich herzlich von Lucio Papirio. Szene 3. Der Volkstribun Servilio bringt die Nachricht, dass Quinto Fabio dem Senat durch den Militärtribun Cominio eine Nachricht geschrieben und Lucio somit übergangen habe. Kurz darauf sind aus dem Kapitol Jubelrufe auf Fabio zu hören. Lucio ist beunruhigt. Er geht hinein, um Näheres zu erfahren (Lucio: „Chi non so, se colpevole ancor sia“). Szene 4. Die beiden Frauen bitten Servilio, Lucio zu folgen und ihnen schnell Nachricht zu bringen. Szene 5. Papiria und Rutilia sind besorgt (Rutilia: „A la candida agnelletta“). Szene 6. Cominio präsentiert Lucio und dem Volk Fahnen und andere Kriegsbeute der geschlagenen Samniten. Quinto Fabio hat Lucios Rückkehr nicht abgewartet, sondern die Feinde sofort angegriffen und besiegt. Papiria glaubt nicht, dass ihr Vater diese Befehlsverweigerung so einfach hinnehmen wird (Papiria: „Sento applausi: miro allori“). Szene 7. Cominio und Rutilia versichern sich ihrer gegenseitigen Liebe. Rutilia erinnert Cominio daran, dass ihr Vater nur den würdigsten Gatten für sie akzeptieren wird. Cominio verspricht ihr, sich entsprechend zu verhalten (Cominio: „Se quanto so di amarti“). Szene 8. Servilio unterhält sich mit Rutilia über seine Befürchtung, dass Lucio Quinto sehr streng bestrafen werde. Außerdem erinnert er Rutilia an seine eigene Liebe für sie. Rutilia weist ihn darauf hin, dass die Fabier trotz seines hohen Rangs als Volkstribun niemals einen Plebejer wie ihn in der Familie akzeptieren würden (Rutilia: „A rader nato il suolo“). Szene 9. Servilio will Rutilia beweisen, dass er ihrer würdig ist (Servilio: „Un gran fasto“). Tiberufer außerhalb von Rom mit Blick auf die Stadt Szene 10. Quinto Fabio überquert in einem von samnitischen Sklaven gezogenen Triumphwagen zu den Klängen einer militärischen Sinfonia den Tiber (Quinto: „Qual piacer, o Tebro invitto“). Die Stadttore werden geöffnet. Papiria und das römische Volk empfangen den Sieger mit Lorbeerkränzen. Szene 11. Die Ehegatten begrüßen sich freudig (Quinto/Papiria: „Non sento tutto il giubilo“). Szene 12. Cominio warnt Quinto vor dem Zorn des Diktators. Auch Papiria fleht ihn an, schnellstens die Flucht zu ergreifen. Quinto fühlt sich jedoch im Recht und will für seine Tat einstehen. Cominio verspricht ihm seine Unterstützung (Cominio: „Leggi a noi tutti in volto“). Szene 13. Lucio Papirio kommt mit den Liktoren aus der Stadt. Er hat bereits einen Gerichtsstuhl für die Verhandlung mitgebracht. Als Quinto ihm bestätigt, das Angriffsverbot bewusst missachtet zu haben, verurteilt er ihn zum Tode. Weder Quintos Rechtfertigung, durch sein Handeln Rom gerettet zu haben, noch die Fürsprache von Lucios Tochter Papiria zeigen Wirkung. Quinto akzeptiert die Strafe, will aber nicht als Verbrecher, sondern als Krieger durch die Hand römischer Soldaten sterben (Quinto Fabio: „Se vuoi, ch’io cada esanime“). Szene 14. Obwohl Cominio darauf hinweist, dass das Heer Quinto weiterhin die Treue hält, bleibt Lucio bei seiner Entscheidung. Marco Fabio bittet ebenfalls um Gnade für seinen Sohn. Nicht der Diktator, sondern der Senat solle das endgültige Urteil fällen. Lucio akzeptiert den Vorschlag. Sollte der Senat aber Quinto freisprechen, werde er sein Amt niederlegen (Lucio Papirio, Marco Fabio, Cominio: „Manlio vinse; e Tito forte“). Szene 15. Papiria steckt in einem Gewissenskonflikt, da sie sowohl ihren Vater ehren als auch ihren Gatten lieben muss (Papiria: „Rigori fingerò, – ripulse, e sprezzi“). Tanz der samnitischen Sklaven, die ihre wiedergewonnene Freiheit feiern. Zweiter AktGalerie zwischen den Häusern der Fabier und der Papirier Szene 1. Rutilia und Cominio unterhalten sich über die Chancen Quintos vor dem Senat (Cominio: „Come per nube il raggio“). Szene 2. Servilio berichtet Rutilia, dass der Senat kein gemeinsames Urteil finden konnte. Die Entscheidung liege nun wieder beim Diktator. Szene 3. Papiria widerspricht. Marco habe das römische Volk angerufen, und bei diesem habe Servilio als Volkstribun großen Einfluss. Rutilia macht keinen Versuch, ihren Abscheu gegenüber Servilio zu verbergen. Statt ihn um Hilfe zu bitten, appelliert sie an sein Pflichtgefühl (Rutilia: „Non deggio amarti“) und geht ab. Szene 4. Papiria bittet Servilio, sich Rutilias Beleidigungen nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Deren Vater werde ihm sicher zu seinem Recht verhelfen. Als dieser hinzukommt, berichtet sie ihm von Rutilias Verhalten Servilio gegenüber. Marco erklärt, dass die Tugend der Menschen für ihn eine größere Bedeutung habe als die Geburt. Wenn sich Servilio als würdig erweise, werde er ihm die Hand seiner Tochter geben. Servilio will sein Möglichstes tun (Servilio: „Non dispetto, non speranza“). Szene 5. Papiria sorgt sich um das Schicksal ihres Mannes. Marco dagegen hat Zweifel. Als Quinto hinzukommt und seinen Vater dankbar umarmen will, stößt Marco ihn zurück. Er werde ihn erst dann wieder als Sohn ansehen, wenn seine Unschuld erwiesen sei (Marco: „Tu figlio mio? non sei“). Szene 6. Papiria teilt Quinto mit, dass sie auf der Seite ihres Vaters stehe und ihn erst wieder als Gatten akzeptieren werde, wenn er dessen Vergebung erhalten habe (Papiria: „Tu sei mio caro ardor“). Szene 7.[A 1] Quinto kann seinen Stolz nur schwer überwinden (Quinto: „Troppo è insoffribile fiero martir“). Lucio Papirios Zelt mit einem kleinen Tisch Szene 8. Papiria fleht ihren Vater an, Gnade gegenüber seinem Schwiegersohn walten zu lassen, wenn er seine Schuld einsehe und um Vergebung flehe (Papiria: „Fra due sirti la navicella“). Szene 9. Cominio teilt Lucio mit, dass sämtliche Tribune und Soldaten um Gnade für Quinto bitten. Er sei ein Kriegsheld und zum Kampf gezwungen worden (Cominio: „Col vincer te stesso“). Szene 10. Quinto hat seinen Stolz besiegt und tritt demütig vor Lucio hin. Er gibt seinen Fehler zu, ergänzt aber, dass er aus Liebe und Leidenschaft gehandelt habe. Er legt Helm und Degen auf den Tisch und fällt vor Lucio auf die Knie, um seine Strafe auf sich zu nehmen. Lucio scheint beeindruckt. Er gibt ein Zeichen, die Zeltflügel zu öffnen. Marsfeld mit Volk und Soldaten Szene 11. Lucio verkündet dem versammelten Volk, dass Quinto seine Schuld eingesehen habe und um Gnade bitte. Marco zeigt sich enttäuscht von seinem Sohn. Quinto jedoch beharrt darauf, dass er zu Unrecht beklagt wurde. Empört weist Lucio jegliche Milde zurück (Lucio Papirio: „Rigido, inesorabile“). Szene 12. Marco wirft seinem Sohn vor, der Familie durch seine Unterwerfung Schande bereitet zu haben. Quinto entgegnet, dass er keineswegs um Gnade gebettelt habe, sondern bereit gewesen sei, die Strafe auf sich zu nehmen. Lucio habe seine Worte verdreht und ihn dadurch öffentlich entehrt. Er greift zu seinem Degen, um sich selbst zu töten. Beeindruckt entreißt Marco ihm den Degen. Quinto sehnt sich weiterhin nach einem ehrenvollen Tod (Quinto: „Tra le ferite, e’l sangue“). Szene 13. Marco Fabio denkt über das Schicksal seines Sohnes nach (Marco Fabio: „Presaga l’anima“). Tanz der jungen römischen Adligen bei einer Militärübung. Dritter AktForum Romanum mit Podesten für die Tribune und die Magistrate Szene 1. In Gegenwart Quintos wenden sich Marco und das Volk gegen das Todesurteil. Stattdessen solle Quintos Sieg gefeiert werden (Marco/Chor: „Di trionfo, e non di morte“). Als sie das Podium verlassen wollen, tritt ihnen Lucio mit den Liktoren entgegen. Szene 2. Als Lucio Marco darauf hinweist, dass das Forum nicht von Privatpersonen genutzt werden dürfe, kommt es zum Streit zwischen den beiden. Szene 3. Servilio kommt mit den Volks-Magistraten hinzu und unterbricht den Zwist. Er, Lucio und die Magistrate nehmen auf dem Podest Platz. Marco und Quinto setzen sich etwas niedriger. Marco eröffnet die Verhandlung mit einem Appell an das Volk, indem er auf Quintos Verdienste hinweist. Lucio hingegen verheißt Rom den Untergang, falls man Verbrecher wie ihn ungestraft lasse. Er verlässt zornig das Podest. Quinto verkündet, dass er sich dem römischen Volk unterwerfe – weder als Schuldiger, noch als Held, sondern als Bürger. Er verabschiedet sich von seinem Vater und bittet ihn um Vergebung (Quinto Fabio: „Dammi un amplesso, o padre“). Szene 4. Marco leidet mit seinem Sohn (Marco: „A torrente, che cresce, ed inonda“). Zimmer Szene 5. Auch wenn sich Servilio bei der Rettung ihres Bruders als würdig erweisen sollte, will Rutilia Cominio die Treue halten. Der verspricht ihr, einen Soldatenaufstand anzuzetteln, um Quinto zu retten. Dann kann Marco ihm die Hand seiner Tochter nicht verweigern (Cominio: „Più cori, più vite“). Szene 6. Als Servilio erscheint, begegnet Rutilia ihm mit unverhohlenem Abscheu und wirft ihm vor, am Tod ihres Bruders schuldig zu sein (Rutilia: „Al duolo, a l’odio“). Szene 7. Servilio benachrichtigt Lucio und Papiria von der Entscheidung des Volks: Quinto soll den Liktoren ausgeliefert werden. Lucio ist überrascht, denn Quintos Vergehen betraf nur ihn persönlich, nicht das Volk, das sich durch den Schuldspruch undankbar zeigt. Servilio meint, dass jetzt nur noch Lucio selbst Quinto retten könne, indem er sich von einem strengen in einen gnädigen Diktator verwandle (Servilio: „In tua man sta vita, e morte“). Szene 8. Trotz Papirias Flehen will Lucio das Urteil nicht aufheben (Papiria: „Padre amoroso – Padre crudele“). Szene 9. Der gefesselte Quinto wird Lucio vorgeführt. Zu Papirias freudiger Überraschung befiehlt dieser, Quinto die Ketten abzunehmen. Anschließend gibt er ihm einen Prunkdegen und schmückt sein Haupt mit Lorbeer. Am Todesurteil hat sich jedoch nichts geändert. Quinto soll ehrenvoll auf den Richtplatz geführt werden (Lucio: „Consolati. Sul sasso“). Szene 10. Quinto und Papiria nehmen zärtlich Abschied voneinander (Papiria/Quinto: „In stringerti al seno“). Prächtiges Atrium mit Loggien, die zur Römischen Kurie führen Szene 11. Lucio beklagt den Verlust Quintos. Szene 12. Rutilia wundert sich über die offensichtliche Trauer Lucios. Szene 13. Papiria berichtet vom Aufstand der Soldaten. Szene 14. Als Cominio meldet, dass sich ein großer Teil des Volks den Aufständischen angeschlossen habe, will sich Lucio ihnen notfalls allein entgegenstellen. Szene 15. Marco führt Quinto, der bereits befreit worden war, eigenhändig zu Lucio, um weitere Gefahren vom Vaterland abzuwenden. Beeindruckt tritt Lucio das Diktator-Amt an Marco ab, der nun das Schicksal seines Sohnes entscheiden muss. Um den Frieden wiederherzustellen, ist Quinto bereit zu sterben. Daraufhin gesteht Cominio, dass er selbst für den Aufstand verantwortlich sei, und an Quintos Stelle in den Tod gehen wolle. Szene 16 („ultima“). Stellvertretend für das ganze Volk wirft sich Servilio dem Diktator zu Füßen und bittet um Vergebung. Da die Diktatur nun gerettet ist, zeigt sich Lucio gnädig. Er spricht Quinto zwar nicht selbst frei, übergibt ihn aber dem römischen Volk – mit dem Hinweis in Zukunft die Gesetze besser zu achten. Alle jubeln (Tutti: „O grande! O giusto! O pio! O nostro Dittator!“). Lucio verspricht Servilio als Lohn für seine Verdienste die Hand Rutilias. Der zeigt sich allerdings einsichtig und bittet Marco, sie stattdessen ihrem Geliebten Cominio zu geben. Das Volk feiert seinen Diktator und die Liebe (Chor: „Festeggino, rimbombino“). Tanz des römischen Volks, das die Vergebung Quinto Fabios feiert. WerkgeschichteDer im achten Buch der ersten Dekade von Titus Livius’ Geschichtswerk Ab urbe condita beschriebene Konflikt zwischen dem römischen Militärdiktator Lucio Papirio Cursor und seinem Kavallerie-Befehlshaber Quintus Fabius Maximus Rullianus war im 18. Jahrhundert ein beliebtes Opernsujet. Besonders große Verbreitung erreichten die Libretti von Antonio Salvi und Apostolo Zeno.[1] Salvis Lucio Papirio wurde mindestens vierzehn Mal vertont. Die erste Fassung stammt von Francesco Gasparini.[1] Sie hatte am 27. Januar 1714 im römischen Teatro Capranica Premiere.[2] Weitere Vertonungen stammen von Luca Antonio Predieri (Florenz 1714), Giuseppe Maria Orlandini (Neapel 1717), einem unbekannten Komponisten (Mantua 1718), Antonio Bioni (Breslau 1732), Leonardo Leo (Neapel 1735), Nicola Antonio Porpora (Venedig 1737) und Nicola Bonifacio Logroscino (Quinto Fabio, Rom 1738).[3] In Salvis Fassung trägt Lucios Tochter den Namen Emilia. Jede Figur ist von einem eigenen Pflichtgefühl getrieben, das manchmal tragisch endet.[1] Der zweite Text, der hier beschriebene Lucio Papirio dittatore, stammt von Apostolo Zeno. Sein grober Handlungsverlauf entspricht weitgehend demjenigen von Salvis Libretto. Hier werden allerdings auch äußere Umstände als Grund für Fabio Quintos Ungehorsam genannt und nicht nur sein übertriebener Ehrgeiz. Zenos Text wurde noch häufiger als der von Salvi vertont. Spätere Bearbeitungen trugen auch den Titel Quinto Fabio. Die erste Aufführung gab es am 4. November 1719 am Kaiserhof in Wien in einer Vertonung von Antonio Caldara.[1] Anlass war der Namenstag von Kaiser Karl VI.[4] Für die Fassung von Antonio Pollarolo, die in der Karnevalsaison 1721 im Teatro San Giovanni Crisostomo in Venedig gespielt wurde, schuf der Maler und Bühnenbildner Innocente Bellavite acht Szenenskizzen, die sich im Besitz von Lodovico Pogliaghi in Varese befanden, deren Verbleib aber heute unbekannt ist.[5] VertonungenFolgende Komponisten vertonten dieses Libretto:
Aufnahmen und Aufführungen in neuerer Zeit
WeblinksCommons: Lucio Papirio dittatore – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Anmerkungen
Digitalisate
Einzelnachweise
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