Louis BoussenardLouis Boussenard (* 4. Oktober 1847 in Escrennes (Département Loiret); † 11. September 1910 in Orléans) war ein französischer Schriftsteller und Wissenschaftsjournalist. Er verfasste überwiegend wissenschaftliche Abenteuerromane und gilt neben Jules Verne als einer der wichtigsten Vertreter dieser Gattung. Sein literarisches Schaffen umfasst 41 Werke sowie zahlreiche kleinere Artikel. BiographieLouis Boussenard kam in Escrennes als Sohn der Kammerfrau und Weißnäherin Héloise Lance und des Schlossverwalters Louis-Antoine Boussenard unter dem vollständigen Namen Henri Louis François Hilaire Lance zur Welt. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium und studierte ab 1868 in Paris und Straßburg Medizin. Während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 unterbrach er sein Studium, um als Soldat an der Seite Frankreichs zu kämpfen – nach Kriegsende führte er es aber wahrscheinlich fort. Es ist zwar nicht bekannt, ob er es je abschloss, seine Romane weisen allerdings fundierte medizinische Kenntnisse auf. Der erste, sicher von ihm stammende Zeitungsartikel stand am 23. Mai 1876 in der Nr. 983 der Zeitung Le Corsaire, für die er als wissenschaftlicher Chronist arbeitete. Auch seine journalistische Tätigkeit der folgenden Jahre entwickelte weitere Merkmale des späteren Romanschriftstellers, darunter seine republikanische Gesinnung, Humor, Mitgefühl für die kleinen Leute, Begeisterung für den Kolonialismus, starker Patriotismus und Antiklerikalismus. In den 1870er und 1880er Jahren begab er sich mehrmals auf Reisen und verarbeitete das Erlebte in seinen Berichten und Romanen. Schriftstellerischen Erfolg erreichte er erstmals 1879 mit seinem ersten größeren Werk A travers l’Australie, das in der Wochenzeitschrift Le Journal des Voyages et des Aventures de terre et de mer als Fortsetzungsroman veröffentlicht wurde. Sein ganzes Leben lang blieb Boussenard Wissenschaftsjournalist und schrieb vorwiegend für diese Zeitschrift. Im August 1882 wurde er von der Académie française für sein Werk ausgezeichnet. Louis Boussenard lebte ab 1883 mit Albertine Delafoy zusammen und wohnte nicht mehr dauerhaft in Paris, sondern im Loiret. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Orléans, wo er 1909, nach der Scheidung von seiner ersten Frau Rosalie Lechat, Albertine heiratete. Diese starb im Sommer 1910, und Boussenard starb zwei Monate später nach einer Operation am 11. September 1910. WerkDas Werk Boussenards umfasst einige kleinere Artikel und insgesamt 41 selbständige Werke – von Abenteuerromanen über Science-Fiction-Erzählungen, Reiseberichte, Populärliteratur und Briefe. Die meisten Titel können dem Abenteuerroman zugeordnet werden, darunter auch die Abenteuer des Pariser Gassenjungen Friquet aus Le Tour du Monde d’un gamin de Paris (1879), mit dem Boussenard der Durchbruch gelang. In einem weiteren Zyklus über Weltreisen spielen weibliche Figuren die Hauptrollen: Voyages et Aventures de Mademoiselle Friquette (1896) und L’Ile en feu (1897). Boussenard nimmt in seinen Abenteuerromanen auch Bezug zu historischen Hintergründen, zum Beispiel zum Krimkrieg in Le Zouave de Malakoff (1902) oder zum Risorgimento in Tambour Battant (1909). Drei Werke lassen sich als Science-Fiction-Romane im weitesten Sinne bezeichnen: Als erster ist Les Secrets de Monsieur Synthèse (1888) zu nennen, der von einem Wissenschaftler handelt, der die Entwicklung des tierischen und menschlichen Lebens erfassen will. Der Roman Les Gratteurs de Ciel (auch Les Aventuriers de l’Air, 1907) widmet sich der Luftfahrt, und in Monsieur… Rien ! (1907) steht ein unsichtbarer Mann im Mittelpunkt der Handlung. Der Guayana-Zyklus besteht aus einem Reisebericht, mehreren Romane und kleineren Erzählungen. 1880/81 reiste Boussenard für das Journal des Voyages umher, um Material für diesen Band zu sammeln. Zu den Romanen gehören Les Robinsons de la Guyane (1881) und deren Fortsetzung Les Chasseurs de Caoutchouc (1886) sowie Bras-de-Fer (postum 1910). Rezeption BoussenardsBoussenards Erfolg gründete vor allem auf seinem zweiten Roman, Le Tour du Monde d’un Gamin de Paris, der von 1879 bis 1880 als Fortsetzungsroman veröffentlicht wurde. Zu einer Zeit, in der immer weniger Fortsetzungsromane anschließend noch als Buch verlegt wurden, erschien Le Tour du Monde bereits einen Monat nach Beendigung der wöchentlichen Publikation in Buchform. Unter anderem wurden die Bücher in einer hochwertigen Version, die als livre d’étrennes (Neujahrsgeschenk) oder als Preis für die besten Schüler am Ende des Schuljahres gedacht war, verlegt. Die Tatsache, dass Boussenard zu den Autoren zählte, deren Bücher als Schülerpreise vergeben wurden, zeigt die hohe Wertschätzung seiner Werke in Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden über die Hälfte seiner Werke regelmäßig neu aufgelegt – zu dieser Zeit war Boussenard einer der meistgelesenen Autoren Frankreichs. In den 1950er Jahren wurden noch einige Romane publiziert, dann geriet er für längere Zeit in Vergessenheit, bevor das Zeitalter der Digitalisierung seine Texte wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte – sei es als digitalisierte Version der alten Fassung oder als E-Book. Auf internationaler Ebene ist besonders Boussenards Popularität in Russland hervorzuheben, wo einige Romane bereits ab 1885 in der Zeitschrift mit dem Titel Um die Welt – Zeitschrift für Reisen und Abenteuer auf dem Festland und dem Meer veröffentlicht wurden oder direkt als Buchausgabe erschienen. Im deutschsprachigen Raum wurde Boussenard zu Lebzeiten offenbar nur im Rahmen wissenschaftlicher Fragestellungen wahrgenommen. Erst 2012 wurde ein Roman ins Deutsche übertragen, und zwar Der Weiße Tiger, der erste Teil aus dem Zyklus Die Robinsons von Französisch-Guayana.[1] Boussenard als populärwissenschaftlicher AutorDas Werk Boussenards ist durchdrungen von naturwissenschaftlichen und medizinischen Erklärungen. Die Vermittlung von Wissen aus verschiedenen Bereichen in Verbindung mit Unterhaltung stellte für die zeitgenössische französische Kritik den Reiz seiner Romane dar. In Boussenards Werken werden die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation häufig verwischt. Zum Teil hat der Autor auf längeren Reisen Material gesammelt, um es in den Texten zu verarbeiten. Die Verbindung aus Informationen zu Landschaften, Flora und Fauna sind der Grund dafür, dass seine Texte als „geographische Abenteuerromane“ bezeichnet wurden. Werkverzeichnis (chronologisch)
Weblinks
LiteraturhinweisAusführliche Informationen zu Louis Boussenard bietet das Nachwort von Barbara Klose in der deutschen Übersetzung des Boussenard-Romans Le tigre blanc. Der Titel lautet: Die Robinsons von Französisch-Guayana. Der Weiße Tiger (Avventura mediterranea; Bd. 4). Ablit Verlag, München 2012, ISBN 978-3-935410-17-5 (illustriert wurde die Übersetzung von Fanny Jacquier). Einzelnachweise
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