Lehte Hainsalu lebt sein 1941 in Tartu und machte dort 1956 Abitur. Anschließend studierte sie an der Universität Tartu estnische Philologie und schloss 1961 mit dem Diplom ab. Danach arbeitete sie eine Zeitlang in der Redaktion der Tartuer Zeitung Edasi und drei Jahre als Lehrerin an verschiedenen Tartuer Schulen.
Von 1982 bis 1990 war sie Vorsitzende der Tartuer Abteilung des Estnischen Schriftstellerverbandes. In der Phase der Singenden Revolution und der Wiedererlangung der Unabhängigkeit war sie von 1990 bis 1992 Abgeordnete des Obersten Rats von Estland. Von 1993 bis 2003 unterrichtete sie Stilistik an der Theologischen Akademie in Tartu, einer Fachhochschule der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Außerdem moderierte sie jahrelang populäre Kindersendungen für das Estnische Fernsehen.
Lehte Hainsalu ist seit 1957 Mitglied des Estnischen Schriftstellerverbandes. Sie war eine der Unterzeichnerinnen des Briefs der Vierzig.[1]
Literarisches Werk
Lehte Hainsalu begann als Elfjährige zu dichten[2] und debütierte 1957 mit einem Gedichtband. Für die damalige estnische Lyrik, die sich gerade erst von den Fesseln des Stalinismus gelöst hatte, waren ihre Gedichte eine erfrischende Bereicherung, aber in der Rückschau wird sie eher als eine der „unauffällige[n] Dichterpersönlichkeiten“[3] angesehen.
Trotzdem wurde ihre Dichtung, die sich unter anderem an Juhan Sütiste orientierte, sehr gelobt, weswegen sie unmittelbar nach ihrem Debüt als Neunzehnjährige Mitglied des Schriftstellerverbandes wurde, was durchaus unüblich war. Auch ein exilestnischer Kritiker charakterisierte Hainsalu als „eine der begabtesten Beginnerinnen“[4] jener Zeit. Kennzeichnend für ihre Dichtung sind häufig klassische Formen wie Sonett und Ballade, letzteres zum Beispiel in dem Band Fest der Streitäxte, der die Geschichte Tartus in zehn Gesängen darstellt. Diese Gedichte waren bereits in den 1970er-Jahren verfasst worden, konnten aber wegen offenkundiger Parallelen zu Sowjetzeit erst 1989 veröffentlicht werden. Die Kritik zog hier Vergleiche zum berühmten Totentanz von Bernt Notke.[5]
Lehte Hainsalu hat ebenfalls Reisebeschreibungen und Essays abgefasst und vermischt gelegentlich verschiedene Genres. So ist ihr Buch Glockenhörer (2001), das die estnische Kultur- bzw. Literaturgeschichte behandelt, eine Mischung aus „Belletristik und Journalistik, Memoiren und Essaystik“.[6] Ein anderer Kritiker sah in dem Werk eine literaturhistorische Beschreibung der Entstehung des estnischen Staats.[7]
Schon früh erkannte die Kritik feministische Elemente bei der Autorin.[8] Dies setzt sich auch in ihrer späteren Prosa fort, beispielsweise in dem Roman Hahnenbart (1999), der eine Vergewaltigung im studentischen Milieu behandelt und als „vielschichtiger Opferroman“[9] bezeichnet worden ist. Große Bekanntheit hat sie im Bereich der Kinderliteratur erlangt, wo sie um die Jahrhundertwende neben Ellen Niit und Heljo Mänd zur anerkannten älteren Generation gehörte.[10]