LamproitLamproite sind porphyrische dunkelgraue Gesteine, die zur Gruppe I der ultrapotassischen Gesteine gehören. Ihr Ursprungsort ist der Obere Erdmantel. In ihrer chemischen Zusammensetzung weisen sie niedrige Gehalte an Al2O3, CaO und Na2O auf, ihre MgO-Gehalte sind relativ hoch. Sie besitzen ein hohes K2O/Al2O3-Verhältnis und extrem angereicherte inkompatible Elemente. Anhand ihrer mineralogischen Zusammensetzung können mehrere Unterarten unterschieden werden. EtymologieLamproit leitet sich von griech. λαμπρός ‚hell, glänzend‘ ab. Diese Eigenschaft bezieht sich auf die Reflektivität des für diese Gesteine charakteristischen Glimmerminerals Phlogopit. AuftretenLamproite bilden vulkanische Ablagerungen (Aschenkegel, Pyroklastite) oder in geringer Tiefe erstarrte subvulkanische Vulkanschlote, Diatreme, Gänge und Lagergänge. Eng verwandte Gesteine sind Kimberlit, Orangeit sowie Lamprophyr. Lamproite verwittern gewöhnlich zu Talk und Carbonaten oder zu Serpentin, Chlorit und Magnetit. Auch Quarz und Zeolithe können sich bei ihrer Zersetzung bilden. VorkommenLamproite sind räumlich weit verbreitet, in ihrem Volumen jedoch so gut wie insignifikant. Im Unterschied zu Kimberliten, die praktisch nur auf Kratonen des Archaikums vorkommen, können Lamproite ab dem Archaikum in allen Zeitstufen nachgewiesen werden (Proterozoikum, Paläozoikum, Mesozoikum und Tertiär). Das jüngste bekannte Vorkommen stammt aus dem Pleistozän und ist 56.000 ± 5.000 Jahre alt. Mineralogische ZusammensetzungZur Klassifizierung von Lamproiten wird nach Mitchell und Bergman (1991) die Anwesenheit folgender Mineralphasen als Hauptbestandteile benützt, welche jedoch in ihrem jeweiligen Volumenanteil großen Schwankungen ausgesetzt sein können (5 bis 90 Volumenprozent):
Die mineralogische Zusammensetzung variiert jedoch in sehr weiten Grenzen, so dass jedes dieser Minerale modal überwiegen kann und andere fehlen können. Nicht alle Mineralphasen müssen vorhanden sein, um ein Gestein als Lamproit zu klassifizieren. Ein jedes der angeführten Minerale kann vorherrschen und im Verbund mit ein bis zwei anderen Komponenten reicht dies für eine korrekte petrografische Bezeichnung vollkommen aus. Beispiel: Leucit-Richterit-Lamproit hat Richterit als Haupt- und Leucit als Nebenkomponente. In geringeren Mengen treten neben Apatit, Chromit (Mg), Enstatit, Ilmenit, Magnetit und Titanit Spurenminerale wie Priderit, Wadeit, Perowskit, Thorit, Chayesit[1][2] und Zirkon auf. Sehr Selten sind Shcherbakovit, Armalcolit, Jeppeit, Perrierit-Chevkinit. In einigen Lamproiten findet sich zudem Diamant, der als Mantelxenokristall angesehen werden kann.[3] Die Lamproitminerale besitzen außer Phlogopit eine nur minimale chemische Variationsbreite. Ihre chemische Zusammensetzung ist aber dennoch für die jeweiligen Vorkommen charakteristisch. Eigenartigerweise sind Lamproitglimmer recht arm an Barium, obwohl der Barium-Gehalt sehr hoch ist. Als Sekundärminerale fungieren Analcim (sehr häufig, ersetzt Leucit und Sanidin), Carbonat, Chlorit, Zeolithe und Baryt. Olivine werden meist von Serpentin, Iddingsit, Carbonat oder Quarz pseudomorphosiert. Auch frischer Leucit kommt nur selten vor – er wird von Sanidin, Analcim, Quarz, Zeolith oder Carbonat pseudomorph ersetzt. Folgende Minerale sind mit Lamproiten unverträglich: primär gebildeter Plagioklas, Melilith, Monticellit, Kalsilit, Nephelin, natriumreicher Alkalifeldspat, aluminiumreicher Augit, Sodalith, Nosean, Hauyn, Melanit, Schorlomit und Kimzeyit. All diese Minerale sind aber charakteristisch für die Gruppe II und die Gruppe III der ultrapotassischen Gesteine. Die Mineralogie von Lamproiten wird von ihrer eigenartigen geochemischen Zusammensetzung beherrscht – mit einer Vormacht an seltenen Silicium-untersättigten und seltenen aus dem Erdmantel stammenden Mineralen. Unterschied zu KimberlitenDie Unterschiede gegenüber Kimberliten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Olivinreiche Lamproite zeigen aber dennoch Ähnlichkeiten zu den Kimberliten der Gruppe II. Geochemische ZusammensetzungKriterienLamproite unterliegen folgenden chemischen Kriterien:
Als Konzentrationen sind für Lamproite charakteristisch:
HauptelementeDie angeführten Analysetabellen sollen die geochemische Zusammensetzung von Lamproiten verdeutlichen:[4]
Bei den Hauptelementen bestehen Lamproite zu etwa 45-55 (bis maximal 61) Gewichtsprozent aus Siliciumdioxid und sind daher als mafisch bis intermediär einzustufen. Zudem haben sie einen sehr hohen Kalium-Anteil von 6 bis 8, gelegentlich bis 12 Gewichtsprozent K2O; sie sind somit ultrapotassisch und gehören deshalb zur Gruppe der Alkaligesteine. Kennzeichnend ist ein sehr hohes Verhältnis von Kalium zu Natrium. Die Gehalte an Eisen, Calcium und Titan können bedeutend sein. Spurenelemente
Charakteristisch bei den Spurenelementen sind hohe Konzentrationen an Chrom und Nickel. IsotopenverhältnisseFolgende Initialverhältnisse wurden für die Radioisotopen von Sr, Nd und Pb ermittelt:
Im Isotopendiagramm 143Nd/144Nd gegenüber 87Sr/86Sr kommen Lamproite im angereicherten Quadranten zu liegen, zeigen aber eine sehr weit verstreute Verteilung. Generell lassen sich zwei Trends erkennen: ein steiler, an 87Sr/86Sr verarmter Trend und ein flacher Trend in Richtung 87Sr/86Sr–reicher Krustenkomponente. Am steilen Trend liegen die Orendite und Madupite der Leucite Hills und die Lamproite vom Smoky Butte, wobei Smoky Butte extrem an ϵ Nd und an den Bleiisotopen abgereichert ist. Dem flachen Trend folgen die Lamproite der Toskana, Südostspaniens und Westaustraliens (West Kimberley). Der Lamproit vom Gaußberg in der Antarktis nimmt eine Mittlerstellung ein. NeubezeichnungenLamproite besaßen eine Vielzahl historischer Gesteinsnamen, die meist auf ihre jeweilige Typlokalität Bezug nahmen, petrologisch aber von minimaler Aussagekraft waren. Diese historischen Gesteinsnamen wurden mittlerweile von der IUGS durch Neubezeichnungen ersetzt, die dem Schema von Mitchell und Bergman (1991) Rechnung tragen[5] und den tatsächlich vorhandenen Mineralbestand berücksichtigen:
Es bestehen somit zwei Grundtypen von Lamproiten: Phlogopit-Lamproite und Madupit-Lamproite. Madupit-Lamproite (bzw. madupitische Lamproite) führen Phlogopit in der Grundmasse. EntstehungLamproite entstehen im Oberen Erdmantel als partielle Schmelzen, wobei die Entstehungstiefe unterhalb von 150 Kilometer liegen kann. Die Schmelze steigt in vulkanischen Röhren zur Oberfläche. Bei ihrem Aufstieg kann sie Diamanten und Gesteinseinschlüsse der umgebenden peridotitischen Mantelgesteine mitreißen (meist Harzburgit, aber auch Eklogit, der die Diamantbildung stabilisiert). Die komplexen mineralogischen und chemischen Zusammensetzungen von Lamproiten im Vergleich zu den gewöhnlichen, im IUGS-System einfach klassifizierbaren Magmatiten erklären sich durch sehr variable Metasomatosen in ihrer Aufschmelzzone, durch unterschiedliche Tiefenbereiche und Ausmaße des partiellen Aufschmelzens und durch eine weit fortgeschrittene Magmendifferentiation. Neuere Forschungsergebnisse, insbesondere der Bleiisotopen-Geochemie, deuten darauf hin, dass Lamproite womöglich Schmelzen aus der Übergangszone zur subduzierten Lithosphäre darstellen, welche unterhalb des Lithosphärenmantels eingekeilt wurde. Diese Vermutung bringt die recht große Aufschmelztiefe und die eigenartige geochemische Zusammensetzung von Lamproiten besser in Einklang, d. h. das Aufschmelzen von Gesteinen mit noch felsischen Zusammensetzungen jedoch unter den Bedingungen des tieferen Mantels. Ökonomische BedeutungDiamanthaltige Lamproite sind eine wichtige Quelle der Diamantproduktion. Die wirtschaftliche Bedeutung von Lamproiten war 1979 durch die Entdeckung der Argyle-Diamantenmine in Kimberley, Westaustralien offensichtlich geworden. Dies führte weltweit zu einer Neuuntersuchung und Neueinstufung bereits bekannter Lamproitvorkommen. Zuvor galten nur Kimberlite als ökonomische Ausgangsgesteine der Diamantenproduktion. Bis jetzt ist die Argyle-Diamantenmine die einzige wirtschaftliche Diamantenmine auf Lamproitbasis. Ihr Diamantgehalt ist sehr hoch, aber die Mehrzahl der gefundenen Steine besitzt nur mindere Qualität. Die meisten Steine gehören zum E-Typus und stammen ursprünglich aus Eklogiten. Sie wurden bei sehr hohen Temperaturen um 1400 °C gebildet. Recht selten kommen auch rosafarbene Steine vor. Diamanten finden sich auch gelegentlich in pyroklastischen Ablagerungen lamproitischer Zusammensetzung sowie in lamproitischen Ganggesteinen. Die Diamanten liegen in ihnen als Fremdkristalle (Xenokristalle) vor und wurden durch die Lamproitintrusionen bis kurz unter oder direkt an die Oberfläche befördert. Weitere Vorkommen diamanthaltiger Lamproite sind beispielsweise Prairie Creek im Crater of Diamonds State Park bei Murfreesboro in Arkansas, Majhgawan in Indien und Bobi-Segeula in der Elfenbeinküste. Fundstellen
Literatur
Einzelnachweise
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