Laminaria

Laminaria

Palmentang (Laminaria hyperborea), angeschwemmt bei Helgoland

Systematik
ohne Rang: Sar
ohne Rang: Stramenopile (Stramenopiles)
ohne Rang: Braunalgen (Phaeophyceae)
ohne Rang: Laminariales
Familie: Laminariaceae
Gattung: Laminaria
Wissenschaftlicher Name
Laminaria
J.V.Lamouroux
Laubwechsel beim Fingertang (Laminaria digitata)
Palmentang (Laminaria hyperborea), Illustration aus Köhlers Medizinal-Pflanzen (1887)

Laminaria ist eine Braunalgen-Gattung aus der Ordnung der Laminariales. Ihre Arten bilden ausgedehnte Tangwälder an den Küsten von Nord- und Südatlantik sowie Nordpazifik. Sie werden zur Gewinnung von Alginat wirtschaftlich genutzt.

2007 kürte die Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft die Gattung Laminaria zur ersten Alge des Jahres.[1]

Beschreibung

Merkmale

Die Laminaria-Sporophyten sind über einen Meter große, mehrjährige Seetange, die ein Alter von zwei bis 18 Jahren erreichen können. Sie gliedern sich in ein Haftorgan (Rhizoid), einen Stiel (Cauloid) und eine blattartige Fläche (Phylloid). Das Haftorgan ist gewöhnlich verzweigt, seltener scheibenförmig (bei Laminaria solidungula und Laminaria yezoensis) oder rhizomartig (bei Laminaria sinclairii und Laminaria rodriguezii). Der im Querschnitt runde oder abgeflachte Stiel kann innen mit Mark gefüllt oder hohl sein. Bei einigen Arten sind im Stiel Jahresringe zu erkennen. Das Phylloid ist entweder ganzrandig und ungelappt (Sektion Simplices), oder es besitzt einen deutlichen zentralen Strang (Sektion Fasciatae), oder es ist unvollständig in fingerartige Segmente zerteilt (Sektion Digitatae). Die Blattfläche ist meist glatt, manchmal mit beulig-blasiger oder kräuseliger Oberfläche, und weist weder eine Mittelrippe noch Längsrippen auf.

Laubwechsel

Die Blattfläche wird in jedem Jahr von der Basis her erneuert. Bereits im Winter werden dazu die im alten Laub gespeicherten Reservestoffe in die Wachstumszone am Übergang zum Stiel verlagert. Mit zunehmendem Licht wächst dort im Frühling ein neues Phylloid heran, dem das vorjährige Blatt anfangs noch aufsitzt. Bei einigen Arten wird das alte Blatt als ganzes abgestoßen, bei anderen degeneriert es allmählich an den Enden.[2]

Gewebetypen

Laminaria-Sporophyten besitzen verschiedene differenzierte Gewebe: ein zentrales Mark (fehlend im Haftorgan), eine parenchymatische Rinde und das äußere Meristoderm, das sowohl photosynthetisch aktiv ist als auch die Funktion eines Bildungsgewebes (Meristem) hat. Im Mark verlaufen echte Leitungsbahnen (Siebröhren), in denen die Photosyntheseprodukte transportiert werden. In der Rinde von Stiel und Phylloid kommen vernetzte Schleimkanäle vor, die bei einigen Arten in Sekretionszellen an der Oberfläche münden.

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl beträgt n=22 bis n=31.

Entwicklungszyklus

Laminaria zeigt einen Generationswechsel mit zwei sehr verschiedenen Generationen (heteromorph).[3] Der sichtbare Tang ist der diploide Sporophyt. Im Herbst und Winter werden auf beiden Seiten des Phylloids in unregelmäßigen dunkleren Flecken (Sori) die schlauchförmigen Sporangien gebildet, in denen durch Meiose 32 haploide Zoosporen entstehen. Diese besitzen einen einzigen Plastiden und weisen weder einen Augenfleck noch eine Schwellung an der Geißel auf.

Die Zoosporen setzen sich fest und wachsen zu mikroskopisch kleinen, fädigen, haploiden Gametophyten heran, die aus wenigen Zellen oder verzweigten Zellfäden bestehen. Die Bildung der Gameten wird durch blaues Licht ausgelöst. Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen oder auch Nährstoff- oder Eisenmangel verhindern dagegen die Gametenbildung. Die männlichen Gametophyten bilden an den Zweigenden Büschel von farblosen, einzelligen Antheridien, die jeweils ein einziges zweigeißeliges Spermatozoid freisetzen. Bei den weiblichen Gametophyten kann sich jede Zelle zu einem einzelligen Oogonium entwickeln und eine einzige Eizelle (mit rudimentären Geißelresten) bilden. Die Eizelle haftet zunächst am Oogonium und wird meist in den ersten 30 Minuten nach dem Dunkelwerden freigesetzt. Die Eizellen scheiden gleichzeitig das Pheromon Lamoxiren aus, welches die Spermatozoiden aus den Antheridien zu den Eizellen lockt. Nach der Befruchtung setzt die Zygote sich fest und keimt zu einem jungen Sporophyten aus.

Die Jungpflanzen werden mit zwei oder drei Jahren erstmals fertil.[2]

Der Lebenszyklus von Laminaria ist stark von den Jahreszeiten beeinflusst. Die Zeit mit dem stärksten Wachstum ist der Frühling. Die Sori entstehen bei den meisten Arten dagegen im Herbst und Winter, ausgelöst durch die kürzere Tageslänge und sinkende Temperaturen. Nur wenige Arten (Fingertang = Laminaria digitata, L. ochroleuca und die kurzlebigen L. rodriguezii und L. ephemera) sind im Sommer fertil.[4]

Ökologie

Tangwald aus Fingertang (Laminaria digitata)

Die Laminaria-Arten besitzen eine wichtige Funktion im Ökosystem der Tangwälder, denn sie bieten zahlreichen Arten von Algen, Tieren und Mikroorganismen ein Habitat. Manche der Mikroorganismen lösen Algenkrankheiten aus und schädigen die Laminarien, andere schützen die Oberfläche gegen Fäulnis oder Gifte oder wirken wachstumsfördernd. Einige mikroskopisch kleine Algen leben als Endophyten innerhalb der Laminarien-Sporophyten, beispielsweise Laminariocolax und Laminarionema.[5] Auf den Stielen wachsen häufig zahlreiche epiphytische Algen, vor allem Rotalgen. Außerdem leben viele epiphytische Tiere auf den Laminarien; einen besonderen Artenreichtum zeigt das Haftorgan. Auf den Stielen wurden dagegen sehr hohe Individuenzahlen gefunden, teilweise können mehr als 7000 Individuen auf einem einzigen Laminaria-Stiel vorkommen. Das Phylloid wird hauptsächlich von dem Moostierchen Membranipora membranacea überzogen.

Die mikroskopisch kleinen Laminaria-Gametophyten wurden auch als Endophyten in Rotalgen gefunden.[6]

Unter den Arten, die an Laminarien fressen, haben die Seeigel den stärksten Einfluss. Insbesondere Seeigel der Gattung Strongylocentrotus, die sich nach Überfischung massenhaft vermehrt haben, können ganze Tangwälder abfressen und völlig zerstören, sodass nur der nackte Grund übrigbleibt. Auch Fische, Schnecken und Weichtiere ernähren sich von Laminarien.

Vorkommen

Die Gattung Laminaria ist hauptsächlich im kühl-gemäßigten Wasser im Nordpazifik, Nordatlantik (auch in Nordsee, Ostsee und Mittelmeer) und Südatlantik verbreitet. Sie fehlt im westlichen Südamerika, in Australien und der Antarktis.[7] Nach molekulargenetischen Untersuchungen wird vermutet, dass sich die Arten im Atlantik und Pazifik vor 15 bis 19 Millionen Jahren voneinander getrennt haben.

Laminaria wächst auf felsigem Untergrund im Sublitoral und bildet dort ausgedehnte Tangwälder. Die Arten können von der Niedrigwasserlinie bis zu einer Meerestiefe vordringen, in der noch mindestens 1 % des Lichtes verfügbar ist. Daher ist ihre maximale Tiefe von der Durchsichtigkeit des Wassers abhängig. Im trüben Wasser der Nordsee ist der Palmentang (Laminaria hyperborea) auf eine Tiefe bis 8 Meter beschränkt. Die tiefsten Vorkommen bis 95 Meter im klaren Wasser erreichen Laminaria ochroleuca und Laminaria rodriguezii im Mittelmeer sowie Laminaria brasiliensis vor der Küste von Brasilien.

Systematik

Bestand von Laminaria setchellii bei Niedrigwasser
Laminaria solidungula auf Spitzbergen

Die Gattung Laminaria wurde 1813 durch Jean Vincent Félix Lamouroux aufgestellt.[8] Als Typusart wurde Laminaria digitata (Hudson) J.V.Lamouroux bestimmt (Lectotyp).

Die Gattung Laminaria gehört zur Familie Laminariaceae innerhalb der Ordnung der Laminariales. Guiry in Algaebase (2012) nennt 24 akzeptierte Arten:

Zahlreiche früher zu Laminaria gezählte Arten (Laminaria angustata, Laminaria cichorioides, Laminaria coriacea, Laminaria dentigera, Laminaria diabolica, Laminaria groenlandica, Laminaria japonica = Japanischer Blatttang, Laminaria longicruris, Laminaria longipedalis, Laminaria longissima, Laminaria ochotensis, Laminaria religiosa, Laminaria saccharina = Zuckertang und Laminaria yedoana) wurden nach molekulargenetischen Untersuchungen 2006 als eine eigene Gattung Saccharina abgetrennt.[4]

Inhaltsstoffe

Die Laminaria-Arten akkumulieren Iod bis zum 30.000-fachen des Gehalts im Meerwasser. Damit sind sie von allen Lebewesen die stärksten Iod-Akkumulierer. Der Iod-Gehalt von Fingertang (Laminaria digitata) kann 0,25 bis 5 % der Trockenmasse betragen.

Auch die Metalle Kupfer, Mangan und Eisen werden angereichert und als Spurenelemente für die Aktivierung von Enzymen oder für den Elektronentransport bei der Photosynthese genutzt. Die höchsten Gehalte wurden im Haftorgan gefunden.

In den Zellwänden finden sich die Phykokolloide Alginat und Fucoidan. Als Speicher-Kohlenhydrate kommen Laminaran und Mannitol vor.

Nutzung

Laminaria hyperborea auf einer färöischen Briefmarke

Laminaria-Arten besitzen eine große wirtschaftliche Bedeutung als Lieferanten von Alginat. In Europa werden dazu meist natürliche Bestände abgeerntet. Die Produktion wurde 2005 mit 154.000 Tonnen in Norwegen (Laminaria hyperborea) und etwa 75.000 Tonnen in Frankreich (vor allem Laminaria digitata) angegeben.

Weitere Inhaltsstoffe aus Laminarien werden vielseitig verwendet, beispielsweise für Kosmetik, für Nahrungsergänzungsmittel, als Heilmittel, als Zusatz zum Tierfutter sowie als Dünger. Da Laminarien sehr saugfähig sind und sich beim Aufsaugen von Flüssigkeiten infolgedessen stark ausdehnen, werden sie in Stäbchenform in der Frauenheilkunde verwendet, um bei bestimmten Prozeduren, z. B. Kürettagen, die Cervix zu öffnen.[9]

Außerdem können Laminarien zur biologischen Sanierung (Bioremediation) bei Verschmutzung oder Eutrophierung oder zur Verringerung der Erosion von Küsten eingesetzt werden. Auch als Bioreaktor in der molekularen Biotechnologie oder als nachwachsender Rohstoff (Brennstoffersatz) können sie genutzt werden.

Quellen

  • Michael D. Guiry, G.M Guiry: Laminaria - In: Algaebase - World-wide electronic publication, National University of Ireland, Galway, abgerufen am 28. März 2012 (Abschnitte Beschreibung, Gewebetypen, Chromosomenzahl, Entwicklung, Systematik)
  • Inka Bartsch, Christian Wiencke, Kai Bischof, Cornelia M. Buchholz, Bela H. Buck, Anja Eggert, Peter Feuerpfeil, Dieter Hanelt, Sabine Jacobsen, Rolf Karez, Ulf Karsten, Markus Molis, Michael Y. Roleda, Hendrik Schubert, Rhena Schumann, Klaus Valentin, Florian Weinberger & Jutta Wiese: The genus Laminaria sensu lato : recent insights and developments. In: European Journal of Phycology, 43:1, 2008, S. 1–86 doi:10.1080/09670260701711376 (Volltext, Abschnitte Inhaltsstoffe, Ökologie, Vorkommen, Nutzung)

Einzelnachweise

  1. Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft: Seetang Laminaria ist Alge des Jahres 2007. Pressemitteilung 2007.
  2. a b P. Kornmann, P.H. Sahling: Meeresalgen von Helgoland – Benthische Grün-, Braun- und Rotalgen. Biologische Anstalt Helgoland, Hamburg 1983, ISSN 0017-9957, S. 144–149.
  3. Peter H. Raven, Ray F. Evert und Susan E. Eichhorn: Biologie der Pflanzen. 4. Auflage. de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-11-018531-7, S. 359 (Abbildung des Lebenszyklus von Laminaria).
  4. a b Inka Bartsch, Christian Wiencke, Kai Bischof, Cornelia M. Buchholz, Bela H. Buck, Anja Eggert, Peter Feuerpfeil, Dieter Hanelt, Sabine Jacobsen, Rolf Karez, Ulf Karsten, Markus Molis, Michael Y. Roleda, Hendrik Schubert, Rhena Schumann, Klaus Valentin, Florian Weinberger & Jutta Wiese: The genus Laminaria sensu lato : recent insights and developments. In: European Journal of Phycology, 43:1, 2008, S. 1–86 (doi:10.1080/09670260701711376)
  5. Miriam S. Bernard, Martina Strittmatter, Pedro Murúa, Svenja Heesch, Ga Youn Cho: Diversity, biogeography and host specificity of kelp endophytes with a focus on the genera Laminarionema and Laminariocolax (Ectocarpales, Phaeophyceae). In: European Journal of Phycology. Band 54, Nr. 1, 2. Januar 2019, ISSN 0967-0262, S. 39–51, doi:10.1080/09670262.2018.1502816.
  6. D. J. Garbary, K. Y. Kim, T. Klinger, D. Duggins: Red algae as hosts for endophytic kelp gametophytes. In: Marine Biology. Band 135, Nr. 1, 1. Oktober 1999, ISSN 1432-1793, S. 35–40, doi:10.1007/s002270050598.
  7. Wolfram Braune: Meeresalgen. Ein Farbbildführer zu den verbreiteten benthischen Grün-, Braun- und Rotalgen der Weltmeere. Ruggell: Gantner, 2008, ISBN 978-3-906166-69-8, S. 192–200.
  8. Jean Vincent Félix Lamouroux: Essai sur les genres de la famille des thalassiophytes non articulées. In: Annales du Muséum d'Histoire Naturelle. Band 20. Paris, S. 40 (französisch).
  9. WebMD: Laminaria. Abgerufen am 9. September 2016.
Commons: Laminaria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien