Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte nur eine geringe Zahl von Kroaten in Deutschland. Es handelte sich überwiegend um Arbeiter im Bergbau und der Industrie. Während des Krieges wurden kroatischen Fremdarbeiter für den Bergbau angeworben. Ihre Zahl betrug im Jahr 1944 knapp 7.999 Personen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg (Politische Emigration)
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs kamen Kroaten als politische Flüchtlinge aus dem nun kommunistischen Jugoslawien. Es handelte sich um gemäßigte und radikale Antikommunisten, darunter auch Personen die den kroatischen Faschismus unterstützt hatten. Zusammen mit den vor allem als Fremdarbeiter bereits Eingewanderten, gab es so etwa 10.000 in Deutschland lebende Kroaten. Die zumeist katholischen kroatischen Einwanderer und die deutschen Diözesen gründeten die ersten katholischen Gemeinden für Kroaten, die kroatischen Missionen.[2]
Zeit des Zweiten Jugoslawien (Arbeitsmigration)
Die meisten Kroaten der ersten Generation kamen in den 1960er Jahren als jugoslawische Gastarbeiter nach Deutschland.[3] Besonders viele kamen ab dem Jahr, als ein entsprechendes Abkommen zwischen den Regierungen Deutschlands und Jugoslawiens über die Aufnahme von Gastarbeitern aus Jugoslawien unterzeichnet wurde.[4] Während des Kroatischen Frühlings, bei dem unter anderem auch gegen die Politik, welche die massive Abwanderung von Kroaten aus ihrer Heimat ins Ausland förderte, protestiert wurde, kamen auch zahlreiche vom jugoslawisch-kommunistischen Regime politisch verfolgte Exilkroaten nach Westdeutschland.
Die zweite Generation wurde in den 1970er Jahren in Deutschland geboren oder zog im Rahmen der Familienzusammenführung in späteren Jahren nach.[5]
Jugoslawienkriege (Fluchtmigration)
Etwa 15 % der Kroaten kamen zwischen 1991 und 1995 während des Kroatien- und des Bosnienkriegs nach Deutschland. Nach einer Studie von UNHCR und IOM aus dem Jahr 1996 lag der Anteil der kroatischen Flüchtlinge und Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina in Deutschland bei 14,84 % (etwa 52.000 Personen) von insgesamt etwa 350.000 (77,30 % Bosniaken)[6]. Ein Teil blieb auf Dauer, die meisten zogen jedoch wegen aufenthaltsrechtlicher Gründe wieder zurück nach Bosnien und Herzegowina oder in Drittstaaten. Allein im Zeitraum von 1996 bis 1999 zogen etwa 6000 Kroaten aus Bosnien und Herzegowina aus Deutschland in die USA und etwa 5600 nach Kanada und Australien.
Bevölkerungsbewegungen
Strukturelle Angaben über Gastarbeiter in Westeuropa und den Anteil kroatischer und anderer Bevölkerungsgruppen des ehemaligen jugoslawischen Vielvölkerstaates während der letzten 35 Jahre.
Migration
Quelle:
Gesamtzahl der Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Westeuropa
Quelle: „Crkva i hrvatsko iseljeništvo“, Kršćanska sadašnjost, Zagreb, 1982 / „Vjesnik“, 14. Mai 2001.[16] Statistički ured, Wiesbaden, 2005.
Aktuelle Situation
Anzahl
Laut den Angaben von statista.com lebten am 31. Dezember 2017[17] in Deutschland 368.000 kroatische Staatsangehörige. Beim Zensus 2011 wurde die Zahl der Kroaten in Deutschland noch mit 330.730 beziffert. Beim Mikrozensus stieg diese Zahl von 324.000 (2011) auf 407.000 (2015), wobei zwischen Zensus und Mikrozensus Unterschiede in der Definition des Migrationshintergrundes bestehen. Der Kroatische Weltkongress in der Bundesrepublik Deutschland (KWKD) spricht von ca. 400.000 Kroatischstämmigen in Deutschland.[18]
Die vorherige konstante Abnahme der kroatischen Staatsbürger in der Bundesrepublik Deutschland erklärt sich zum einen durch die verstärkte Rückkehr nach Kroatien, zum anderen entscheiden sich viele, insbesondere junge und gut ausgebildete Menschen kroatischer Abstammung, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Mit dem Beitritt Kroatiens in die EU ist die Zahl der kroatischen Staatsbürger in Deutschland wieder angestiegen.[19]
Ältere Angaben des statistischen Bundesamtes (kroatische Staatsangehörige):
2011: 220.199
2009: 221.222
2008: 223.056
2007: 225.309
2006: 227.510
2005: 228.926
2004: 229.172
2003: 236.570
2002: 230.987
2001: 223.819
1994: 176.251
1993: 153.146
Verteilung auf die Bundesländer
Angaben des Statistischen Bundesamtes vom 31. Dezember 2014[20]
¹31. Dezember 2004,
²30. Juni 2006,
³31. Dezember 2007,
⁴31. Dezember 2017
⁵31. Dezember 2018
⁶31. Dezember 2022
Unter den Landkreisen und Kreisfreien Städten in der Bundesrepublik hatte beim Zensus 2011 Stuttgart den größten Anteil von Migranten aus Kroatien an der Bevölkerung, gefolgt von Pforzheim.[26]
Aufenthaltsdauer
Die Aufenthaltsdauer am 31. März 2018[27] ergibt sich aus dem Zeitraum zwischen dem Datum der ersten Einreise in Deutschland bis zur letzten Ausreise oder bis zum Stichtag mit Berücksichtigung von Unterbrechungen (Auslandsaufenthalte sind herausgerechnet).
Netto-Aufenthaltsdauer in Jahren
unter 1
1 bis 4
4 bis 6
6 bis 8
8 bis 10
10 bis 20
20 bis 30
30 und mehr
nicht berechenbar
Gesamt
Personen:
37.746
104.975
18.442
4.210
3.058
20.793
48.571
97.413
40.724
375.932
In %:
10,04
27,92
4,90
1,12
0,81
5,53
12,92
25,91
10,83
100
Bei den meisten Personen, die in den letzten Jahren nach Kroatien zurückkehren, handelt es sich um Menschen in der Altersrente, die in den 1960er und 1970er Jahren nach Deutschland gekommen sind.
Schüler
Laut einer Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung – BMBF über den Anteil an Ausländern in Schulen im Jahr 1994 gab es für kroatische Schüler bundesweit die folgende Verteilung:
46,5 % besuchten Grundschulen
53,3 % besuchten weiterführende Schulen
Auf die weiterführenden Schulen verteilen sich die kroatischen Schüler wie folgt:
42,2 % besuchten das Gymnasium
49,5 % besuchten die Realschule
8,3 % besuchten die Hauptschule
Religion
Derzeit gibt es 97 kroatische katholische Missionen, in denen 89 Priester, 5 Diakone, 61 Pastoralmitarbeiter/-innen und 32 Sekretärinnen tätig sind.[28] Ihnen widmet sich die Kroatenseelsorge in Deutschland.
Sportler (Auswahl)
Zu den in Deutschland bekannten Persönlichkeiten mit kroatischer Staatsangehörigkeit oder Abstammung zählen die folgenden Sportler:
Matthias Thaden: Migration und Innere Sicherheit : Kroatische Exilgruppen in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. De Gruyter, Oldenbourg 2022, ISBN 978-3-11-077400-9 (zur politischen Migration während des sozialistischen Jugoslawien).
Jenni Winterhagen: Transnationaler Katholizismus (= Studien zu Migration und Minderheiten. Band28). LIT Verlag Münster, 2013, ISBN 978-3-643-12346-6, Kapitel 5 : Kroatische Einwanderung und Selbstorganisation, S.81–125.
Katica Ivanda: Die kroatische Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland : Eine Fallstudie unter besonderer Berücksichtigung von Phänomenen und Problemen der Akkulturation und Integration. Bremen / Zagreb 2007 (d-nb.info).
↑Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.): Das Bundesamt in Zahlen 2021 : Asyl, Migration und Integration. 2022, Tabelle III – 4: Ausländische Bevölkerung nach den häufigsten Staatsangehörigkeiten am 31. März 2022, S.126 (bamf.de [PDF] Quelle: Ausländerzentralregister).
↑Tado, Jurić: "Gastarbeiter millennials" exploring the past, present and future of migration from Southeast Europe to Germany and Austria with approaches to classical, historical and digital demography. Hrsg.: Verlag Dr. Kovač. Hamburg 2021, ISBN 978-3-339-12208-7 (irb.hr [abgerufen am 11. Januar 2022]).
↑Tado, Jurić: Iseljavanje Hrvata u Njemačku : Gubimo li Hrvatsku? Hrsg.: Školska knjiga. Zagreb 2018, ISBN 978-953-060041-6 (skolskaknjiga.hr [abgerufen am 11. Januar 2022]).
↑Tado Jurić: "Gastarbeiter Millennials"Exploring the past, present and future of migration from Southeast Europe to Germany and Austria with approaches to classical, historical and digital demography. 2021 (irb.hr [abgerufen am 11. Januar 2022]).
↑Statistisches Amt der Landeshauptstadt München (Hrsg.): Demografie der Münchner Bevölkerung 2017 : Auswertungen der Bevölkerungsbewegungen des Jahres 2017 sowie des Bevölkerungsbestands zum Jahresende 2017. 2018, Tabelle 16: Bevölkerung zum 31.12.2017 nach Nationalität, S.14 (muenchen.de [PDF]).
↑Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.): Das Bundesamt in Zahlen 2017 : Asyl, Migration und Integration. 2018, Tabelle III - 6: Aufenthaltsdauer der ausländischen Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit am 31.03.2018, S.115 (bamf.de [PDF]).