Kranker Mann am BosporusAls „kranker Mann am Bosporus“ wurde im 19. und bis ins 20. Jahrhundert das geschwächte Osmanische Reich, aus dem später die Türkei hervorgehen sollte, von vielen Medien der damaligen Zeit persifliert. HintergrundZu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das vormals mächtige Osmanische Reich durch Aufstände innerhalb seiner europäischen Territorien (Rumelien) geschwächt und immer mehr zum Spielball der europäischen Mächte. 1804 erhoben sich die Serben und erhielten bis 1830 eine weitgehende Autonomie. Auch die Phanariotenherrschaft in den Donaufürstentümern fand 1826 ihr Ende. In den 1820er Jahren gewann die von einigen Europäern unterstützte Unabhängigkeitsbewegung in Griechenland an Dynamik. Von 1831 bis 1841 beherrschte der ägyptische Vizekönig Muhammad Ali Pascha neben Ägypten, dem Sudan, Arabien auch die Levante und Syrien, diese Macht eines osmanischen Teilstaats wurde durch die Intervention Großbritanniens, Russlands, Preußens und Österreichs 1840 begrenzt. Der russische Zar Nikolaus I. prägte den Spruch vom kranken Mann erstmals 1852 in einem Gespräch mit dem britischen Botschafter. Die orientalische Frage (betreffend den Fortbestand des Osmanischen Reiches) könne binnen kurzem ein für alle Mal gelöst werden, wenn Russland und Großbritannien sich einig seien:
Der russische Zar bezog sich dabei auf Sultan Abdülmecid I., der Ausdruck geriet jedoch zum sprichwörtlichen Namen für das zerfallende Osmanische Reich. Helmuth von Moltke, der sich von 1836 bis 1839 als Instrukteur der türkischen Truppen im Osmanischen Reich aufhielt, formulierte:
Die orientalische Frage wurde ein Dauerthema der Diplomatie. Russland sah die Chance, seinen Einfluss in Europa stärker geltend zu machen. Österreich sowie Großbritannien und Frankreich befürchteten eine russische Expansion, zum Beispiel im Krimkrieg, und tendierten daher dazu, ein schwaches Osmanisches Reich aufrechtzuerhalten. Sie waren der Meinung, das Osmanische Reich müsse trotz seiner gewaltigen Ausdehnung erhalten bleiben. Abgeleiteter SprachgebrauchAls „kranker Mann“ einer Region wurden oder werden auch einige andere Staaten bezeichnet, die als dringend reformbedürftig gelten, zum Beispiel die Demokratische Republik Kongo als „kranker Mann Afrikas“. Literatur
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