Kindererholungszentrum NadeschdaDas Kindererholungszentrum „Nadeschda“ (deutsch: Hoffnung) am Wilejkasee bei Wilejka in Belarus ist ein seit 1994 funktionierendes Modellprojekt für die Erholung und Rehabilitation von Kindern, die in den radioaktiv kontaminierten Regionen vor allem im Südosten von Belarus leben. Jährlich kommen rund 6000 Kinder dorthin. Nadeshda ist ein gelungenes Projekt für die solidarische Bewältigung der Folgen der Tschernobyl-Katastrophe am 26. April 1986. EntstehungDie Entstehung des Zentrums steht im Zusammenhang mit dem Projekt der Aussöhnung von Deutschen und den Völkern der damaligen Sowjetunion Ende der 1980er Jahre. Teilnehmer der 2. Politischen Pilgerfahrt[1] im September 1989 nach Belarus wurden um Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen der Tschernobyl-Katastrophe gebeten, da die Größe der Probleme die Möglichkeiten des relativ kleinen Landes bei weitem übersteigt. Vor allem über dem Südosten des Landes waren rund 70 Prozent des radioaktiven Fallouts niedergegangen und kontaminierten dauerhaft 23 Prozent des Territoriums.[2] Die Menschen in Belarus erfuhren dies erst 1989, als die sowjetische Führung endlich die Veröffentlichung von Strahlenkarten zuließ. An mehreren Orten in ganz Europa entstanden Tschernobyl-Hilfsvereine, die ihre Aufgabe in der Einladung von Kindern zur Erholung in Westeuropa oder der Unterstützung medizinischer Einrichtungen sahen. So entstand Anfang der 1990er Jahre die Idee eines Kindererholungszentrums in Belarus. Daran beteiligten sich als Partner die Männerarbeit der EKD (damals Frankfurt am Main), der Verein „Leben nach Tschernobyl“ Frankfurt am Main[3] und die „Belarussische Ökologische Union“ in Minsk. Ziel war es, die völlig unzureichende Zahl von Sanatoriumsplätzen in Belarus zu erhöhen. Im Jahr 1992 wurde die Idee entwickelt, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit in Belarus ein Erholungszentrum zu errichten, das die Anzahl von Sanatoriumsplätzen erhöhte und eine ganzjährige Kindererholung im eigenen Land mit europäischen Standards ermöglichte. Dies sollte zu einer besseren Zukunftsperspektive der Kinder beitragen und ihnen ermöglichen, statt auszuwandern im eigenen Land zu leben. 1992 wurde das Belarussisch-deutsche gemeinnützige Gemeinschaftsunternehmen ''Nadeshda 21. Jahrhundert'' gegründet. Eine leerstehende Außenstelle der biologischen Fakultät der Universität Minsk im Naturschutzgebiet am Wilejkasee wird für das Zentrum zur Verfügung gestellt und in den Folgejahren unter aktiver Mitwirkung von Ingenieuren, Handwerkern, Bundeswehrsoldaten, Auszubildender[4] und anderen Freiwilligen vor allem aus Deutschland zu einem modernen Zentrum um- und ausgebaut. Einweihung ist am 24. September 1994. Anliegen und SchwerpunkteFür das Zentrum wurde ein von einem internationalen Expertenteam erarbeitetes fortschrittliches und ganzheitliches Erholungs- und Bildungskonzept erarbeitet, das ständig weiter entwickelt wird. Ziel ist eine Einrichtung mit Standards, wie sie im westlichen Ausland üblich sind.
ZahlenIm Jahre 2015 waren ca. 6400 Personen (Kinder und Begleitpersonen) zur Kurbehandlung und Erholung in Nadeshda. Der größte Teil (ca. 4000) waren Kinder und Jugendliche mit ihren Lehrern aus den mit den Radionukliden kontaminierten Territorien, die nach den Gesetzen des Staates Anspruch auf solche Rehabilitationsmaßnahmen haben. Daneben kamen ca. 500 Kinder und Mütter nach dem Programm „Mutter und Kind“ und ca. 350 behinderte Kinder und junge Menschen mit Begleitpersonen. Um die zusätzlichen Kosten für die ganzheitlichen Angebote des Zentrums zu finanzieren, nimmt Nadeshda seit einigen Jahren in Zeiten, in denen die Kapazitäten nicht voll ausgelastet sind, auch freie, selbst zahlende Gäste zur Erholung auf. 2015 waren das ca. 1300 Personen. Zur Mitarbeiterschaft gehörten Anfang 2016 216 Personen, darunter 35 Personen in der medizinischen Abteilung und 28 in der pädagogischen Abteilung. FinanzierungDer Etat des Zentrums betrug 2014 umgerechnet 4,1 Millionen Euro. Finanziert wird der Betrieb durch die Erstattungen des Staates für die gesetzlich vorgesehenen Rehabilitationsmaßnahmen und durch die Erlöse selbst zahlender Gäste. Durch die starke Inflation in Belarus gibt es immer wieder Finanzengpässe. Sie konnten bisher durch eine kluge Planung und Entwicklung neuer Einnahmequellen (Aufnahme von selbstzahlenden Gästen usw.) überwunden werden. Die Finanzierung großer Investitionen wie den Ausbau der Mensa, den Bau der Sporthalle oder die geplante Schwimmhalle erfolgt durch Zuschüsse des Staates und durch namhafte Beiträge der deutschen Teilhaber. Bis 2003 hat das Bundesland Hessen größere Summen zur Verfügung gestellt. Auch die Evangelische Landeskirche Hessen-Nassau (EKHN) hat immer wieder Nadeshda unterstützt. Das Fotovoltaik-Projekt (1. Bauabschnitt: ca. 260.000 Euro) wird aus Spenden und Beiträgen deutscher Freunde finanziert. Es wird erwartet, dass aus der (in Belarus das 2,7fache des „normalen“ staatlichen Ankaufspreises für elektrische Energie betragenden[5]) Strom-Einspeisevergütung künftig ein Teil der Kindererholung finanziert werden kann. TrägerschaftTräger des Zentrums ist die Belarussisch-deutsche gemeinsame Gesellschaft mit beschränkter Haftung „Rehabilitations- und Erholungszentrum Nadeshda“. Teilhaber sind auf belarussischer Seite sind
Auf deutscher Seite sind Teilhaber:
Erfolge und AuszeichnungenNadeshda nimmt unter den insgesamt 9 Rehabilitations- und Kindererholungszentren in Belarus (Nadehsda; Shdanowitschi im Minsker Gebiet, Switanok; Kolos im Brester Gebiet, Sidelniki, Ptitsch, Praleska im Gomeler Gebiet, Shemtschushina im Witebser Gebiet und Lesnaja poljana im Grodneoer Gebiet) eine besondere Rolle ein. Es ist zusammen mit Ökodom der deutschen Organisation Heim statt Tschernobyl das bisher einzige gemeinsame belarussisch-deutsche humanitär-soziale Projekt, das auf Dauer funktioniert. In der Bewertung der Kindererholungseinrichtungen, die jährlich in Belarus durchgeführt werden, wird Nadesdha in den letzten Jahren stets an erster oder zweiter Stelle geführt. Im Jahr 2004 wurde das Zentrum mit der Ehrenurkunde des Ministerrats von Belarus ausgezeichnet. Auch in Deutschland fand das länderübergreifende Partnerschaftsprojekt Aufmerksamkeit und Anerkennung. Es gab mehrere Preise u. a.:
Quellen
WeblinksEinzelnachweise
Koordinaten: 54° 28′ 48,6″ N, 27° 12′ 48,8″ O |